Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen
sich dieses Gefühl nicht wirklich vorstellen.
Ein anderer Interviewpartner erklärte es so: »Irgendwann habe ich kapiert, dass Mädchen, mit denen ich zusammen bin, das von mir erwarten. Sie wollen hören, dass ich sie liebe. Ich habe das also in einigen Beziehungen gesagt, damit sie zufrieden waren und weil ich sie mochte. Wirklich verstehen, was Liebe genau sein soll, kann ich nicht.« Mit diesem Verständnisproblem befindet er sich in »bester« Gesellschaft, da auch Prinz Charles beim Fernsehinterview anlässlich seiner Verlobung mit Diana Spencer auf ihre Aussage »Ich liebe ihn« ergänzte: »Was auch immer Liebe bedeutet.«
Als ich diesen Interviewpartner fragte, ob er jemals etwas anderes als sexuelles Begehren für eine Frau empfand, sagte er: »So ungefähr die ersten drei Monate hab ich mehr Lust, dieselbe Frau häufiger zu treffen. Ich freue mich dann besonders darauf, sie zu sehen, und habe sehr gerne Sex mit ihr. Spätestens nach diesen Monaten merke ich, dass ich wieder mehr Lust auf Sex mit anderen Frauen habe. Ich mache dann nicht Schluss und habe weiterhin Lust auf Treffen und Sex mit dieser Frau, aber es würde mir dann keinen Spaß mit ihr machen, wenn ich nicht zwischendurch auch mit anderen was hätte.«
Die Zeitspanne, in der er besonders einer Frau seine Aufmerksamkeit schenkt, entspricht der Phase, die normale Menschen als »frisch verliebt« bezeichnen. Dieser Zustand ist stark vereinfacht gesagt ein natürlicher, leichter »Drogenrausch«. Der Körper schüttet vorübergehend größere Mengen Hormone und Hirnbotenstoffe aus. Dadurch hat der frisch Verliebte nicht nur besonders gute Laune und viel Lust auf Zärtlichkeit und Sex mit dem Menschen, in den er verliebt ist. Er sieht dessen gute, begehrenswerte Eigenschaften auch besonders deutlich, während sein Gehirn alle negativen Eigenschaften erst einmal ausblendet.
Mit der Zeit sinkt die Menge dieser »natürlichen Drogen« im Körper wieder. Die »rosarote Brille« der Verliebtheit verblasst. Normale Menschen beginnen sich dann auf eine andere Weise stark mit ihrem Partner verbunden zu fühlen. Diese »Liebe« empfinden Menschen mit nur ungewöhnlich schwachen Gefühlen nicht oder zumindest nicht besonders stark.
7. Mitgefühl ist eine Schwäche
– Der Herzlose
Psychopathen können auch nicht nachvollziehen, was normale Menschen unter »Mitgefühl« verstehen. Ein normaler Mensch fühlt sich in seinem Inneren unwillkürlich betroffen, wenn er einen anderen Menschen leiden sieht. Das tun Psychopathen kaum bis gar nicht. Psychopathen verstehen zwar rational, dass ein anderer Mensch traurig ist, wenn er weint. Doch sie selbst fühlen sich nicht berührt, wenn sie dies sehen. Dies wiederum ist für normal fühlende Menschen nur sehr schwer nachvollziehbar.
Menschen, denen das Mitgefühl fehlt, haben auch weniger Hemmungen, anderen zu schaden. Deswegen haben Psychopathen grundsätzlich kein Problem damit, anderen gefühlsmäßig oder körperlich wehzutun, sie auszunutzen und sich vollkommen rücksichtslos zu verhalten. Viele tun dies nicht aus Spaß am Leid anderer, sondern weil es ihnen vollkommen egal ist. Sie nehmen das Leid, welches sie anrichten, gleichgültig in Kauf, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.
Einige Psychopathen jedoch erregt es sexuell, anderen Schmerzen, Erniedrigung und Angst zuzufügen. Außerdem gibt es Psychopathen, die anderen Menschen bewusst Leid antun, um sich selbst mächtiger zu fühlen oder um die anderen zu »bestrafen«. Ein nicht-krimineller psychopathischer Mann schilderte mir auffallend herz- und gewissenlos seinen »ultimativen« Traum:
Irgendwann würde er sich eine möglichst unsichere Partnerin suchen und diese völlig von sich abhängig machen. Natürlich würde er sehr schnell all ihre Schwächen, Ängste und Unsicherheiten kennen, die er dann umso besser nutzen wolle, damit sie nicht mehr ohne ihn leben könne. Wenn er lange genug seinen Spaß mit ihr gehabt habe, würde er ihr eines Tages die schlimmsten Dinge über sie sagen, von denen sie immer befürchtete, sie seien wahr. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob diese Dinge wirklich wahr seien oder nicht, erwähnte er nebenbei.
Er wolle ihr zeigen, was für ein »wertloses Nichts« sie für ihn sei, und sie damit »wirklich zerstören«. Das war in seinem Kopf die ultimative Machtphantasie. Wenn alles perfekt liefe, meinte er, würde sie sich danach umbringen. Er schloss diese Schilderung grinsend ab: »Dann habe ich einen Menschen
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