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Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Titel: Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Benecke
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selbstsicher. Wenn Menschen ihn kennenlernen, schätzen sie ihn manchmal als etwas distanziert ein. Das mag daran liegen, dass er dann oft erst beobachtet und genau überlegt, was er wie sagt. Wie ein »Spießer« sieht er nicht gerade aus: Er trägt fast ausschließlich schwarze, sportliche Kleidung. Doch die ist im Alltag – vor allem in der Großstadt – nicht übermäßig auffällig. Eine seiner auffälligsten Eigenschaften ist, dass er stets eine vernünftig klingende Erklärung liefern kann.
Schule ist doof
– Freiheit ist unbezahlbar
    Ich frage Christian, wann und warum ihm das erste Mal aufgefallen ist, dass er sich von anderen Menschen unterscheidet. »Das muss bei der Einschulung oder kurz danach gewesen sein«, antwortet er. »Die anderen fanden Schule toll. Ich fand Schule scheiße«, fügt er lachend hinzu. »Da ist es mir zu fremdbestimmt.«
    »Hast du dir damals Gedanken darüber gemacht, warum die anderen Kinder das anders sahen als du?«, frage ich. »Nö. Ich wollte einfach wieder zurück in den Kindergarten, da hab ich mir keine großen Gedanken drüber gemacht. In dem Alter macht man sich ja auch noch nicht so Gedanken wie: Bin ich anders und muss ich mich jetzt anpassen? Ich dachte einfach: Ist das scheiße hier, hier kann ich nicht frei spielen. Hier muss ich die ganze Zeit auf nem Stuhl sitzen und kriege irgendeinen Mist vorgehauen. Dass ich Legastheniker bin, kam ja erst später raus. Damals war den Lehrern nur schnell klar, dass irgendwas nicht mit mir stimmt.«
    Ich frage, ob er ohne Legasthenie damals mehr Spaß in der Schule gehabt hätte, worauf er sofort sagt: »Nein, das war nicht der Hauptgrund, warum ich nicht dort sein wollte. Ich fand von Anfang an: Im Kindergarten einfach spielen, was man will, ist cooler als auf ner Bank zu sitzen und nach vorne schauen zu müssen. Da kann man sich nicht einfach mit jedem unterhalten, wenn man Lust dazu hat.«
    »Du mochtest also die strengeren Regeln in der Schule nicht?«, fasse ich zusammen. »Ja, auf jeden Fall. Man ist dort zu fremdbestimmt.« Christian hatte also schon damals einige Eigenschaften, die man bei psychopathischen Menschen öfter findet: Er wollte sich nicht an Regeln halten, auf die er keine Lust hatte. Stattdessen wollte er das, worauf er Lust hatte, sofort tun. Um sich wohl zu fühlen, brauchte er schon damals Abwechslung. Diese Eigenschaften hat er bis heute.
Anders als die anderen Kinder
– Viele kleine Nadelstiche mit großer Wirkung
    Ich frage ihn nach dem Verhältnis zu seinen Mitschülern. Lächelnd antwortet er: »Gut.« Diese Antwort wundert mich, denn aus anderen Gesprächen weiß ich, dass das nicht ganz stimmt. Deshalb hake ich nach: »War es die ganze Schulzeit über gut, oder gab es auch mal Probleme?« »Nö«, erwidert er gelassen. »Gar keine?«, bohre ich weiter nach. »Nicht wirklich.«
    Christian ist dieser Punkt offenbar unangenehm. Ich möchte sehen, wie er reagiert, wenn er dem Thema in diesem Gespräch nicht ausweichen kann. Deshalb hake ich konkreter nach: »Du sagtest mal in einem anderen Gespräch, dass du in der Schule jemandem gegenüber richtig ausgerastet bist.« »Ja, das muss ungefähr in der siebten Klasse gewesen sein«, rückt er nun doch mit der Sprache heraus. Ich frage nach dem Grund für seinen Ausraster. Er überlegt kurz und sagt: »Man könnte es als Mobbing oder so was Ähnliches bezeichnen.« Ich möchte nun wissen, warum er gemobbt wurde. Wieder überlegt er kurz, bevor er antwortet: »Wahrscheinlich haben sie das nur gemacht, um es mal zu versuchen. Also einfach nur mal gucken, ob es klappt, jemanden niederzumachen.«
    »Wie haben sie das gemacht?«, möchte ich wissen. »Och, mit allem Möglichen. Also eigentlich hab ich natürlich relativ früh und relativ stark mitgekriegt, dass ich massiv anders bin, was Lernen angeht, als der Rest der Klasse. Natürlich war ich damit dann angreifbar. Deshalb bin ich, was das angeht, mittlerweile ziemlich unverwundbar.«
    »Du bist also damals ausgerastet, weil sie dich mit deiner Lernschwäche geärgert haben?«, frage ich. Ruhig wie immer antwortet Christian: »Bei dieser Mobbing-Nummer damals kann ich dir nicht genau sagen, was sie alles gesagt haben. Ich erinnere mich nur, dass sie konsequent versucht haben, mich verbal fertigzumachen.« Nach kurzem Überlegen fügt er grinsend hinzu: »Das habe ich dann mit ›nonverbaler Härte‹ zurückgezahlt.«
    »Es war also eine Gruppe deiner Mitschüler, die das gemacht hat?«, frage ich. »Ja

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