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Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen

Titel: Auf duennem Eis - die Psychologie des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Benecke
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nie verstanden: Dass die Leute, die mich hänselten, es noch gewagt haben, immer wieder weiterzumachen, obwohl ich sie teilweise deshalb richtig stark verprügelt habe. Wobei es dank meines relativ raschen Körperwachstums nicht besonders lange gedauert hat, bis ich einen von den kleinen Wichsern richtig hart erwischt habe. Danach haben sich alle anderen gar nicht mehr getraut. Da war dann der Punkt: ›Ich schlage dir zwei Mal in den Bauch‹ ungefähr gleichbedeutend mit: ›Wenn ich etwas zu hoch schlage, breche ich dir vielleicht eine Rippe.‹ Als sich die anderen dieses Risikos bewusst wurden, gab es dann ganz klar bessere Hänselopfer als mich.«
Wenn schon anders, dann halt besser als andere
    Ich frage Christian, ob ihm sonst noch aufgefallen ist, dass er anders ist als die anderen. Sofort sagt er: »Oh, andauernd.« Dann überlegt er und fährt fort: »Wie mir auffiel, dass ich anders bin … Ich hab die anderen beobachtet und dabei unter anderem gemerkt, dass meine Allgemeinbildung besser war als die meiner Klassenkameraden. Beispielsweise im Biologieunterricht stellten meine Mitschüler manchmal Fragen, deren Antworten mir so einfach erschienen, dass ich die Fragen albern fand. An den Reaktionen der anderen Mitschüler merkte ich, dass die es offenbar auch nicht besser wussten. Dann dachte ich: Es ist also nicht trivial, diese Fragen zu stellen, die anderen sind alle dumm.«
    Superhelden oder Superschurken
    Menschen, die in ihrer Kindheit merken, dass sie anders sind, und deshalb mit Altersgenossen Probleme haben, müssen Wege finden, damit umzugehen. Die anderen Kinder nutzen ihre Besonderheit als wunden Punkt. Alle meine mittelgradig psychopathischen Interviewpartner berichteten von Erfahrungen dieser Art. Und alle entwickelten die gleiche Methode, damit umzugehen: Sie beschlossen, dass Anderssein auch eine Stärke sein kann.
    Alexander, der inzwischen als Psychologe arbeitet, beschrieb es so: »Je nachdem, wie überzeugt man davon ist, dass man anders ist als alle anderen, kann anders entweder schlechter sein oder besser. Wenn man sich beweist, dass man besser ist als andere, dann bedeutet auch das eigene Anders sein, besser zu sein als andere. Ist man das nicht, ist man im schlimmsten Fall ein Vollidiot. Weil ich deutlich weniger fühle als andere, also etwas nicht kann, was alle anderen können, möchte ich in anderen Bereichen dafür besser sein als sie.« Ich fasste an dieser Stelle zusammen: »Das ist für dich also eine Kompensation dieser Schwäche?« »Auf jeden Fall.«
    Dieses Motiv kommt in Romanen, Filmen und besonders auch Comics wie beispielsweise der Marvel-Serie »X-Men« häufig vor: Jene, die anders sind und immer wieder Ablehnung erleben, entdecken irgendwann, dass ihre Besonderheiten nicht unbedingt eine Schwäche sein müssen. Sie haben dadurch zwar viele Nachteile, aber auch besondere Fähigkeiten. Durch diese Fähigkeiten sind sie in einigen Bereichen anderen überlegen. Sobald sie sich mehr auf ihre »besonderen Stärken« konzentrieren, können sie ihre »besonderen Schwächen« akzeptieren. Dadurch können andere sie nicht mehr so leicht verletzen.
    Ein prominentes lebendes Beispiel für diese Art, aus den eigenen Schwächen Stärken zu machen, ist Bill Gates. Als Mitbegründer der Firma »Microsoft« wurde er zu einem der reichsten Männer der Welt und somit auch einer der weltweit erfolgreichsten »Computer-Nerds«. Das Wort Nerd beschreibt in seiner eigentlichen Bedeutung »Außenseiter«, die von anderen Menschen komisch gefunden werden, dafür aber in mindestens einem Bereich ungewöhnlich gut sind.
    Der Autor und Journalist Charles J. Sykes – und nicht, wie im Internet teilweise falsch berichtet wird, Bill Gates persönlich – drückte es mit dem Zitat aus: »Sei nett zu Nerds, denn sehr wahrscheinlich wirst du irgendwann für einen arbeiten.«
    Amokläufer und sadistische Mörder
    Während einige Außenseiter ihre Schwächen zu Stärken machen und dadurch einen Weg finden, etwas Sinnvolles für sich und die Gesellschaft zu tun, schaffen es andere nicht. Dies kann verhängnisvolle Folgen haben. Im schlimmsten Fall ziehen sie sich immer weiter in ihre eigene Welt zurück und sehen die »Außenwelt« nur noch als Bedrohung und Belastung. Manche bringen sich um, weil sie glauben, nie mit ihren Besonderheiten leben zu können. Andere richten ihren Hass und ihre Verzweiflung früher oder später nach außen.
    Ein typisches Beispiel sind Schul-Amokläufer. Sie haben es nicht

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