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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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mich an, als ich ihr meinen Trinknapf mit dickflüssiger Giftbrühe an die Lippen hielt.
    Ich hatte den Napf die ganze Zeit für diesen Moment unter meinem Rock verborgen, es tagelang im Voraus geplant. Durch meine zitternden Hände kräuselte sich die Oberfläche der durchsichtigen Substanz in der Schale.
    Wir standen am Fuß der Kreidefelsen und waren mit der widerwärtigen Aufgabe betraut, die schmutzigen Federn von den mit Guano überzogenen Rhododendren zu pflücken, die in dichten Büschen im Schatten der Klippen wuchsen. Die Zeit der Nässe nahte, und die Federn mussten gesammelt, gewaschen, getrocknet und in die gefütterten Westen gestopft werden, die wir in den kalten Monsun-Nächten trugen.
    »Trink es, du wirst es mögen, glaube ich.« Ich hielt ihr den Napf erneut hin.
    »Glaub nicht, dass du weißt, was ich mag und was nicht, Schmutzfink!« Ohd-sli senkte den Kopf und roch an dem Gebräu. Der würzige Duft von Patchouli hing selbst nach all den Monaten noch an ihr. Ich sog den Duft durch den offenen Mund ein, wollte ihn schmecken.
    Sie wich zurück, wie ein wunderschöner Jährling, voller Feuer und Argwohn. »Du willst mich betäuben? Zu welchem Zweck, heho?«
    »Es ist kein Schlaftrunk, wie Gelbgesicht ihn mischt. Es sind keine Kräuter drin, hier, sieh selbst.« Ich tupfte einen Finger in die Masse. Das Gel klebte an meiner Haut und bildete einen zähen Faden, als ich meinen Finger zurückzog. Er baumelte herunter wie ein dicker, mit Tau bedeckter Faden einer Spinne. Klar und wunderschön.
    Ich schob den Finger in meinen Mund und leckte ihn sauber, schloss die Augen und genoss das Brennen, die Schärfe, die einem fast die Zunge schrumpfen ließ, die wohlige Wärme, die in meinen Ohren rauschte, in meinen Augen juckte, meine Nase triefen ließ und meinen Körper summen. Meine Lungen wurden warm und schwer.
    Ich öffnete die Augen. Ohd-sli betrachtete mich.
    »Es sieht aus wie das Gel, mit dem Gelbgesicht mich geheilt hat«, sagte sie schließlich.
    Sie nannte sie immer Gelbgesicht, nicht Yin-gik. Vor Entzücken lief mir eine Gänsehaut über den Arm.
    Ich nickte. »Aber ohne Aloe und die Heilkräuter. Das hier ist rein.«
    Ein Windstoß trieb eine schwere Wolke vor die Sonne und durchnässte uns mit der Gischt des Wasserfalls.
    »Denselben Ausdruck, den du im Gesicht hattest, als du das Zeug geschluckt hast, hat mein Cousin immer auf dem Gesicht«, murmelte sie und blickte in die Ferne. »Er war ein Tempelakolyt und ist zum Giftmelker ausgebildet worden. Er ist sehr jung gestorben. Angeblich, weil er zu viel von diesem Zeug getrunken hat.«
    Sie deutete mit einem Nicken auf den Napf.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich gehe sehr vorsichtig mit der Menge um, die ich benutze. Komm schon, versuch es, nur ein bisschen.«
    »Warum?«
    Weil ich Angst vor dir habe, hätte ich sagen mögen. Weil ich möchte, dass du von mir ebenso fasziniert bist wie ich von dir.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Es tut gut.«
    Ein Muskel in ihrer Wange zuckte, und sie sah weg, zur Mühle hin, die auf dem steinigen Hügel unter uns lag, neben der zerfallenden, moosigen Rotunde und dem braunen, leeren Stoppelfeld, wo wir kürzlich den Hanf geerntet hatten.
    »Ich hätte gehen sollen«, sagte sie leise. »Eine Ebani irgendeines Adligen werden sollen oder selbst eines Stadtsoldaten. Eines Söldners.«
    Sie sprach über die Weiblichkeit, die Gelbgesicht ihr weggeschnitten hatte.
    »Das hier hilft«, erklärte ich und hielt ihr den Napf entgegen. Ein Regentropfen fiel in die Mitte der Masse und sank perfekt geformt bis auf den Grund des Napfs.
    »Und verwandelt mich in einen schlurfenden, grinsenden Idioten wie meinen Cousin? Oder wie dich?«, fragte sie kalt und drehte sich zu mir herum.
    Sah sie mich so? Ich starrte sie wehrlos an.
    »Ich will nicht so werden wie diese hässlichen Vetteln«, knurrte sie. »Sie sind nur frustrierte alte Weiber, die sich damit bescheiden müssen, für ihr Vergnügen sterbende Bullen zu besteigen, unter dem Vorwand, sie zu pflegen.«
    »Nein.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Ich habe gesehen, wie sie ihre Schlangenstöcke den Drachen absichtlich in den Hals stecken und anschließend das Gift ablecken, um ihre Schmerzen und Geschwüre zu lindern. Glaub ja nicht, ich wüsste das nicht. Deshalb dürfen die Ältesten auch den mächtigsten Kuneus pflegen. Das hat nichts mit Hierarchie und Ehre zu tun, sondern nur damit, dass sie das stärkste Drachengift brauchen, das sie bekommen können. Du wirst

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