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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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genauso wie sie, wenn du das Zeug nimmst, und du merkst es nicht einmal.«
    Bei ihrer Tirade hatten sich ihre Lippen gerötet, waren angeschwollen. Der Regen prasselte auf uns herab, erschütterte die trockenen Rhododendren hinter uns. Regentropfen glänzten auf ihrem kurz geschorenen, glänzenden Haar wie Tropfen von Giftgel.
    Ich kam mir dumm vor.
    Die ganze Zeit hatte ich den alten Maht so sorgfältig gepflegt, hatte geglaubt, das wäre mein Platz, und dass ich, wenn ich mich als würdig erwiese, auch Lutche oder den temperamentvollen Ka pflegen dürfte. Ich hatte an die Hierarchie geglaubt, weil man es mir so beigebracht hatte.
    Man hatte mich getäuscht. Und während der paar Monate, die sie unter uns war, hatte Ohd-sli den wahren Grund hinter der Hierarchie der Drachenpflege des Konvents Tieron herausgefunden.
    Gleichzeitig dämmerte mir, dass das bereits schwächer gewordene Gift des alten Bullen tatsächlich unverdünnt genossen werden konnte … wenn man sich daran gewöhnt hatte, wie die alten Onai in unserem Konvent das offenbar getan hatten. Im Lauf der Jahre.
    Darauf fiel mir nur eine Entgegnung ein.
    »Du bist einfach zu prüde, es auszuprobieren, das ist alles.«
    Ihre Augen weiteten sich langsam. Dann warf sie den Kopf in den Nacken und lachte. Der Regen liebkoste ihre Wangen.
    »Du dotterhirniger Trottel!«
    Ich liebte ihr Lachen, es war so kühn und volltönend, und wie es ihren Hals meinem gierigen Blick entblößte! Ich wusste, wie er schmecken würde, dieser Hals, süß und blütenzart unter meinen Lippen; ich wollte ihn mit meinem Mund verletzen, hineinbeißen und mich daran sättigen.
    Ich liebte ihr Lachen, das schon. Was ich nicht liebte, war, dass sie über mich lachte.
    »Prüde!«, schrie ich, wütend und den Tränen nahe.
    »Du hast keine Ahnung«, sagte sie. »Du bist ein Idiot!«
    Meine Wangen brannten vor Scham, und ich suchte stammelnd nach Worten.
    »Ich habe ein Kind«, zischte sie, »einen wunderschönen kleinen Jungen mit walnussbraunen Augen und glänzendem Haar und einer Hand, die perfekt in meine passt. Ich habe einen Geliebten, ein Haus, Schränke mit Gewändern und jede Menge Freunde. Und dann sitze ich hier in diesem Dreckloch, pflücke beschissene Federn von Büschen, und das in Gesellschaft eines Schmutzfinks wie dir!«
    »Du hältst dich für so besonders?«, brüllte ich. »Zieh deine Gewänder aus und vergiss deine schicken Freunde, dann bist du genauso wie ich.«
    »Du denkst nicht über den Moment hinaus, nicht über diesen Tag oder den nächsten Monat! Solange du nur Gift lutschen kannst, bist du so zufrieden wie ein Geier, der an einem Kadaver nagt!«
    »Worte, Worte, Worte, das ist alles, was du bist.«
    »Ich habe Träume«, schrie sie. »Ich denke.«
    »Ach, den Bruder deines Gebieters zu bumsen erfordert Denken?«
    Ich wappnete mich gegen einen Schlag, gegen Fingernägel, Zähne. Sie jedoch brach nur in Schluchzen aus. Ich ließ sie dort stehen und kehrte zur Mühle zurück.

20
    D ie Zeit der Nässe begann.
    Jeden Morgen begrüßte uns sintflutartiger Regen, stürmische Regenböen warteten mittags auf uns, und nachts donnerten Gewitter auf uns herunter. Den größten Teil der nächsten Tage verbrachte ich auf dem Dach der Mühle, wo ich undichte Stellen ausbesserte und weggewehte Ziegel ersetzte.
    Dabei gingen mir Ohd-slis Worte unaufhörlich im Kopf herum: Du denkst nicht über den Moment hinaus, nicht über diesen Tag oder den nächsten Monat! Solange du nur Gift lutschen kannst, bist du so zufrieden wie ein Geier, der an einem Kadaver nagt!
    Wochen verstrichen. Der Regen hörte einfach nicht auf. Diese Regengüsse ließen den Wasserfall hinter unserer Mühle zu einem donnernden Strom anschwellen. Wir mussten durch wadenhohen Schlamm waten, wenn wir zu unserem Garten oder zur Rotunde wollten. Wir zogen sogar das Renimgar-Gehege in die Mühle, um unsere letzten brütenden Paare zu retten. Währenddessen glitten Ohd-slis Worte unaufhörlich durch meinen Kopf, so unerwünscht wie Leberegel. Während ich hustete und zitterte und Blut spuckte, während ich bis zur Hüfte im tosenden Wasser stand, um Müll von den Schleusen wegzuräumen, fraßen diese Worte an mir.
    Weil sie stimmten.
    Ich blickte tatsächlich nicht über diesen oder den nächsten Tag hinaus, ich machte keine Pläne, hatte keine Ambitionen.
    Wie hätte ich auch welche entwickeln sollen? Seit meinem zehnten Lebensjahr hatte ich am Rand des Verhungerns vegetiert, wurde des Nachts von der Besessenheit

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