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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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Steinhügel, über den tückischen Pfad, der zu einem Strom geworden war, der Felsbrocken mit sich riss, und ließen unsere kostbaren, in Bambus gestopften Bitten da, auf dass reisende Händler sie zustellen würden.
    Nur kamen keine Händler.
    Nach dem dritten anstrengenden Marsch zum Steinhügel, bei dem wir uns die Hacken wund scheuerten und unsere Lungen brannten, hörten wir damit auf. All unsere Briefe lagen in ihren Bambushüllen unangetastet auf dem Steinhügel. Bei diesem Regen reiste niemand.
    Ich glaube, wir alle wären in dieser Saison verreckt, wenn nicht ein anderer Bewohner des Konvents zuvor gestorben wäre. Dieser Tod rettete uns das Leben, auch wenn er gleichzeitig etwas ins Rollen brachte, was Tieron für alle Zeiten verändern sollte.
    Der alte Maht starb.
    Wir aßen ihn.
     
    »Wir müssen uns beeilen, bevor seine Haut vom Wasser ruiniert wird!«, schrie Gelbgesicht.
    Unter ihrem konischen Regenhut wirkte sie zugleich wild und halb tot. Ihre Augen waren tief in die Höhlen eingesunken, ihre Haut so gelb, dass sie zu glühen schien. Im Morgengrauen stand sie auf dem Leichnam des alten Maht und deutete mit ihrem Abdeckmesser auf Ohd-sli, Nnp-trn und mich. Der Regen hämmerte erbarmungslos auf unsere nassen Umhänge herab. Wir standen bis zu den Knöcheln im Wasser.
    »Wir müssen vorsichtig sein, heho! Keine Dummheiten, Zar-shi. Die Haut muss in einem Stück abgezogen werden.« Sie kniete sich auf den Hals des alten Maht und setzte ihr Messer an dem faltigen Fleisch um seine Fühler an. »Entfernt seine Schwingen, während ich die hier abtrenne. Macht schon, steht nicht nur herum und glotzt! Wir müssen uns beeilen!«
    Sie klang fast hysterisch.
    Ihre Aufregung steckte uns alle an. Nnp-trn und Ohd-sli sprangen vor und gruben ihre Messer in die ungeschützten Mulden an seinem Hals, dort, wo die kräftigen Schwingenknochen mit seinen Schultergelenken verbunden waren. Ich kletterte über die kurzen Vorderläufe des alten Maht, packte eine ledrige Schwinge, hob das zeltartige Ding an und ließ es sinken, damit sie darunter und darüber schneiden konnten. Die spinnenartigen Klauen am Ende seiner Schwingen hatten sich im Tode verkrampft. Sie ähnelten viel zu sehr den gekrümmten Fingern eines Babys.
    Ein Schauer von Mitgefühl lief mir über den Rücken.
    Obwohl ich den alten Maht nie als Gottheit verehrt hatte und obwohl ich vor Hunger und Krankheit fieberte, tat diese Bestie mir leid. Er war einst ein stolzer Bulle gewesen, eine beeindruckende Kreatur mit einer Flügelspannweite von fast sechzehn Metern. Die Jahre, die er in der Rotunde hockend verbracht hatte, hatten seine einst so wundervollen Schwingen auf ein Viertel ihrer ursprünglichen Größe schrumpfen und die scharfen Schwingenkrallen verkümmern lassen.
    Der alte Maht war seinem nicht überdachten Gefängnis niemals entronnen.
    Aber er hatte die Freiheit kennengelernt, die über seinem Schädel lockte. Er hatte unaufhörlich in den Himmel gestarrt, bis ihn seine Krankheit zwang, nur noch auf den Boden zu glotzen. An dem Punkt hatte er nicht einmal mehr seine Schwingen an den Seiten falten können. Sie schleiften wie schmutzige Lumpen über den Boden, die Schwingenkrallen kratzten wie Knochen über die Schieferplatten, und in seinen weisen alten Augen hatte ein trauriger Ausdruck gelegen.
    Nicht zum ersten Mal hoffte ich, dass dieser Ausdruck nicht für seine Intelligenz sprach. Es war viel beruhigender, zu glauben, dass diese Bestie dumm war, als anzunehmen, sie wäre ein mit Vernunft begabtes gefangenes Geschöpf.
    Wir trennten eine Schwinge ab, dann die andere. Ohne seine Schwingen wirkte der elliptische Körper des alten Maht nackt und obszön.
    Der prasselnde Regen wurde zu einem sanften Nieseln.
    Auf Gelbgesichts Befehl hin schnitten wir zwei breite Lederstreifen aus jeder seiner Schwingen. Sie wickelte das Leder sorgfältig um die Fühler und legte das Bündel auf einen Stein.
    »Rollt ihn auf die Seite!«, schrie Gelbgesicht. Kuneus Ka brüllte, als er ihre Stimme hörte.
    Wir zerrten mühsam den Kadaver mithilfe feuchter, verrottender Stricke auf die Seite. Mit einem schwammigen Platschen kippte er um und reckte seinen Bauch gen Himmel.
    Der alte Maht war gar nicht so groß, als er so dalag. Wenn wir drei uns der Länge nach aneinandergereiht neben ihn legten und seinen langen, dünnen Schweif außer Acht ließen, waren wir genauso lang. Sein Bauch reichte mir bis zur Brust, und seine Beine, die an den Knien eingeknickt waren,

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