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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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Onai, dass manch eine diesem Befehl nur zu gern gehorcht hätte.
    Kiz-dan und ihr Baby wurden inzwischen immer kräftiger. Der Junge war ungewöhnlich still, gab sich damit zufrieden, an der Brust seiner Mutter zu nuckeln und zu schlafen. Wenn Kiz-dan nicht tagsüber in der kühlen Rotunde neben ihm schlief oder träge die konischen Bambushüte flocht, die wir in der Zeit der Nässe trugen, dann beobachtete sie ihn liebevoll, wie er an ihrem Busen ruhte. Sie konnte Stunden damit verbringen, ihn einfach nur anzustaunen. Gelbgesicht war über diese Vergeudung von Zeit nicht sonderlich erfreut. Eines Abends verkündete sie, dass Kiz-dan am nächsten Morgen wieder arbeiten sollte, auf den Hanffeldern.
    Ausnahmslos alle Onai protestierten, und zwar vehement. Von so viel Widerspruch überrumpelt, widerrief Gelbgesicht, stammelnd und rot im Gesicht, ihre Anordnung.
    Kiz-dan und ihr Baby waren die Lieblinge des Konvents. Die alten Onai konnten nicht genug von ihm bekommen, betatschten unaufhörlich seine kleinen Finger, streichelten seine prallen Schenkel und hielten sogar seine Füße an ihre Nasen und sogen seinen Duft ein, während ihnen Tränen über die Wangen liefen.
    Und die ganze Zeit während meiner heimlichen Besuche bei Schönchen mit Nüssen und Paprika unter meinem Rock, während ich hackte, Bäume beschnitt, wusch, die Drachen pflegte und in der Mühle arbeitete, während all dieser Zeit weigerte ich mich, nachts zu schlafen.
    Ich konnte und wollte es nicht. Wagte es nicht. Ich fürchtete die erdrückende Macht des Geistes meiner Mutter, der einen kalten, wabbeligen und fetten Geschmack in meinem Mund hinterließ, wie der Tod. Dieser ganze widerliche Spuk war ebenso flüchtig und gleichzeitig mächtig wie ein Nachgeschmack, der die Drohung hinterlässt, zurückzukehren, sollte ich auch nur die Augen schließen.
    Also hielt ich mich des Nachts wach, indem ich herumlief, webte oder Wache in der Rotunde hielt. Ich war wachsam und ängstlich und fürchtete mich bereits vor dem Sonnenuntergang, sobald die Sonne aufgegangen war.
    Schon bald war ich ein Wrack.
    Ich schrak bei jedem Geräusch zusammen, hatte Schwierigkeiten, mein Essen bei mir zu behalten. Konnte nichts mehr richtig festhalten, keine Entfernungen mehr schätzen.
    Meine Sehkraft schwand, meine Ohren schienen verstopft zu sein. Ich vermochte nicht einmal mehr, auch nur die einfachsten Entscheidungen zu treffen, zum Beispiel welchen Napf ich aus einer Reihe von Schüsseln nehmen sollte. Ich ging schlurfend und stolperte bei jedem vierten Schritt. Ausbrüche kalten Schweißes und Übelkeit wechselten sich mit Hitzewallungen ab.
    Ich begann, einzudösen.
    Wenn ich im Garten kniete, um Kadoob-Knollen auszugraben, oder während einer Anbetung vor einem Kuneus lag, schlossen sich meine Augen ohne mein Zutun. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich sie zugemacht hatte, nahm den Übergang von Wachen zu Schlafen nicht wahr. Dass ich eingeschlafen war, merkte ich nur, wenn ich schreiend aufwachte und sich das eiskalte Gefühl von Mutters wilder Jagd aus meinem Körper zurückzog.
    Meine Schreie erschreckten auch die anderen, die ebenfalls aufschrien, scheuchte die Macaws auf, von denen es auf den Klippen hinter unserer Mühle wimmelte. In großen roten Wolken erhoben sie sich bei jedem meiner Schreie in den Himmel, krächzten und überschütteten uns mit roten Federn, die sich wie Nebel über das Becken unter dem Wasserfall legten, über das Mühlrad, über die Hanffelder. Meine Nase blutete. Die Onai murmelten Blutflüche, um das Böse abzuwehren. Selbst die Fledermäuse verzichteten darauf, in der Rotunde zu schlafen.
    Eines Morgens schlief ich sogar beim Jäten ein.
    Ich stand aufrecht, unter einer glühenden Sonne, die meinen Borkenhut durchdrang, bis mein Kopf pulsierte. Eben noch war ich wach und kratzte mürrisch in der trockenen Erde, im nächsten Moment schlief ich.
    Ich landete auf dem Gesicht. Aber selbst der Aufprall konnte mich nicht aus meiner Betäubung wecken.
    Jemand drehte mich um. Ich sah einen Kopf und einen breitrandigen Hut, der die gnadenlose Sonne an dem blendend hellen Himmel verdeckte. Starke Arme hoben mich an, und Hände, die nach Kräutern und Staub rochen, hielten mir einen Trinkschlauch an die Lippen.
    »Trink das. Alles.«
    Der Schlauch wurde weiter gehoben. Kaltes Wasser lief in meinen Mund. Ich schluckte.
    Der Schlauch wurde mehr gehoben. Ich schluckte mehr. Der Schlauch hob sich, ich schluckte, er hob sich, ich schluckte

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