Auf Dunklen Schwingen Drachen1
Gelbgesicht fuhren zurück, schützten mit den Armen ihre Gesichter, während das Feuer aus meinen Finger schlug, den Mühlstein glühen ließ, seine Oberfläche verkohlte.
»Auf das Holz!«, schrie Nnp-trn. Der Geist schwang meine Arme, die so steif waren wie die einer Leiche, auf die zersplitterten Bretter, die Nnp-trn und ich vom Dachboden hierhergeschleppt hatten.
Mit einem gewaltigen Fauchen fuhr das Feuer hoch bis zur Decke zum ersten Stock. Wären die Balken und der Lehm und die darin verarbeiteten Schilfhalme nicht vollkommen durchnässt gewesen, wäre die Mühle innerhalb von Sekunden in Flammen aufgegangen. Die Wände leuchteten taghell von den Flamen, noch heller sogar, denn in diesem Licht tanzte kein einziger Schatten. Der See aus Flusswasser wurde so silbern wie Stahl und warf die Hitze und das Licht auf mich zurück.
»Genug!«, schrie Gelbgesicht und umklammerte meine Waden. »Du bringst uns alle um!«
Kein schlechter Gedanke.
Wie einfach es wäre, meine flammenspeienden Finger auf Gelbgesicht zu richten, auf Nnp-trn, auf die Grimmigen Gebenedeiten. Auf die hochmütige Ohd-sli, auf jede einzelne Onai innerhalb dieser Mauern. Es wäre ein Akt der Barmherzigkeit, sie von ihrem Elend zu erlösen. Dann konnte ich Waisi suchen, mein Mädchen finden, ihr alles erklären, sie beschützen.
»Nein!«, heulte ich, da ich mich aufs Neue verraten und verloren fühlte.
Ich versuchte, dem Spuk meine Arme zu entreißen, aber es war, als kämpfte ich gegen Fesseln an. Meine Arme bewegten sich nicht, sosehr ich es auch versuchte, und während ich kämpfte, flogen die Flammen aus meinen Fingern ins Flusswasser, brachten es zum Kochen, zum Zischen. Dampfwolken quollen durch die Luft. Ich konnte nicht atmen, erstickte an der feuchten Hitze und konnte wegen des glühenden Nebels nichts erkennen …
Später sagte man mir, dass Gelbgesicht mich auffing, als ich bewusstlos zu Boden fiel. Auf einen Boden, der so trocken und sauber war, als hätten wir uns mitten in der Zeit des Feuers befunden.
Draußen hörte es endlich auf zu regnen.
21
E r kommt, habe ich recht?«, fragte Gelbgesicht tonlos. »Das steht doch da.«
Ich starrte auf die cremefarbene Schriftrolle in meinen Händen, wickelte sie ganz auf, suchte darin nach Schutz, Zusicherungen, Vergebung.
Meine rauen Fingerspitzen kratzten über das glatte Papier wie eine Klette über Baumwolle. Zeichen wellten sich in langen Reihen über die gesamte Rolle. Die schwarzen geneigten Zeichen strahlten einen schweren, süßlichen Duft aus: Die Tinte war mit Weihrauch gemischt.
Ja, Gelbgesicht hatte recht. Seine Hochverehrte Exzellenz, der Ranreeb der Dschungelkrone, ließ sich herab, Tieron Nask Cinai zu besuchen, in Begleitung der Achten Heerschar der Tempelrevisoren.
Die Haut und die Fühler, die wir ihm geschickt hatten, zusammen mit den Einzelheiten über das, was wir während der Zeit der Nässe verloren hatten, hatten »ernsthafte Sorge bei Seiner Hochgeehrten Exzellenz« ausgelöst. Wir wurden angewiesen, uns sofort auf das Eintreffen des Tempels vorzubereiten sowie auf eine Inquisition durch die avisierten Tempelrevisoren.
Wir hatten die Haut so gut getrocknet, wie wir konnten, und sie einem vorüberziehenden Händler mitgegeben, sobald der Schlamm im Dschungel so weit getrocknet war, dass man wieder reisen konnte. Ohd-sli, Lec-wey, Atl-eri und ich hatten sechs Tage lang am Steinhügel gelagert und auf den ersten Händler gewartet. Er war nicht sonderlich erfreut gewesen über unseren Anblick und hatte unsere aus Reet geflochtene Kiste mit ihrem heiligen Inhalt nur widerstrebend entgegengenommen. Weigern können hatte er sich jedoch nicht. Das waren Tempelangelegenheiten.
»Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen«, sagte ich und blickte zu Gelbgesicht hoch. »Wir haben getan, was wir konnten.«
»Er kommt«, wiederholte sie.
»Wir hätten ihm die Haut nicht schicken sollen, den Tod des alten Maht nicht melden sollen. Wir hätten den Anschein einige Jahre aufrechterhalten können, bevor die Wahrheit entdeckt worden wäre …«
»Darüber haben wir uns doch schon unterhalten, Zar-shi«, erklärte Gelbgesicht müde. »Die Haut hätte sich unter diesen Bedingungen nicht sehr gut gehalten. Unsere List wäre schon durch den Zustand der Haut aufgeflogen, wenn wir sie schließlich doch weggeschickt hätten.«
»Wir hätten sie gerben können …«
»Das reicht. Die Haut eines Drachenbullen muss auf eine ganz bestimmte Art und Weise behandelt werden,
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