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Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Auf Dunklen Schwingen Drachen1

Titel: Auf Dunklen Schwingen Drachen1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cross
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sonst verliert sie ihre Schuppen. Diese Kunst beherrschen nur wenige. Ich werde nicht länger mit dir darüber streiten.«
    Sie hatte natürlich recht, das war mir klar. Aber dieses Wissen ärgerte mich. Und noch mehr reizte mich ihre Miene.
    Ich folgerte aus ihrer bestürzten Miene, dass sie über die vielen Kessel mit reichhaltigem, braunem Dracheneintopf nachdachte, von welchem alle Onai von Tieron Nask Cinai im letzten Monat gegessen hatten. Der Art, wie sie mit den Fingern auf ihren Schenkel trommelte, entnahm ich, dass sie an Kiz-dans kleinen Jungen dachte. Und ihr flatternder Puls, der sichtbar in einer Ader an ihrem sehnigen Hals pochte, sagte mir, dass sie an die blutunterlaufenen Augen von uns Onai dachte, an das unverdünnte Drachengift, das wir seit geraumer Zeit tranken, damit wir genug Kraft bekamen, unser Leben neu aufzubauen.
    So viele gemeinsame Verfehlungen, allesamt aus einem einzigen Grund.
    »Der Tempel muss es nicht erfahren«, flüsterte ich eindringlich, obwohl ich gar nicht hätte flüstern müssen. Wir standen allein auf dem Dachboden, sie an dem einen, ich am anderen Ende. Der Geruch des blühenden Zitronenfarns durchdrang selbst die Wände. Draußen hatte sich der unbewegliche Nebel des Dazwischen über alles gelegt. Jeden Tag wurde die Luft wärmer.
    Es hätte eine Zeit der Hoffnung sein sollen, des Säens und der Erwartung. Nicht eine Zeit der Furcht.
    »Niemand wird etwas verraten, nicht einmal die Grimmigen Gebenedeiten. Schließlich haben wir alle von dem Fleisch gegessen«, fuhr ich fort.
    »Die Tempelstatuten verbieten es allen Kreaturen außer den Drachen selbst, Drachenfleisch zu verzehren.« Ihr Tonfall und ihre Miene flößten mir Angst ein.
    »Niemand muss es erfahren.«
    Ihr glasiger Blick klärte sich, und sie hörte auf, auf ihrem Schenkel herumzutrommeln. »Das Baby muss verschwinden, Zar-shi.«
    »Kiz-dan und ich können ihn im Dschungel verstecken, bis sie wieder verschwinden.«
    »Und wenn sie den Konvent gesäubert haben? Wohin wollt ihr dann gehen?«
    Mein Herz hämmerte gegen meine Rippen, nahm mir den Atem. »Red nicht so!«
    »Genau das wird geschehen.«
    »Sie werden uns nicht nur wegen einer unbrauchbaren Haut alle köpfen!«
    Sie wandte sich ab, packte mit den Händen ihre Ellbogen und starrte auf die Wand, als befände sich dort ein Fenster, aus dem sie hinausblickte.
    »Ich widersetze mich nicht dem Tod, Zar-shi«, flüsterte sie.
    »Es ist das Leben, das mir schwerfallen würde. Ein Leben ohne Gift.«
    »Unsinn«, sagte ich, aber noch während ich das Wort aussprach, verstand ich, was sie meinte.
    »Du hast niemals die intime Berührung einer Drachenzunge gefühlt. Du weißt nicht, wie das ist, diese Macht, diese Transzendenz. Sie erzeugt ein Verlangen, neben welchem deine Abhängigkeit von dem Gift lächerlich wirkt.«
    Ich wollte sie anfahren und erwidern, dass ich nicht von dem Gift abhängig wäre … Doch dann klappte ich den Mund wieder zu. Jede Onai im Konvent war mittlerweile bis zu einem gewissen Grad abhängig davon. Wir hatten es während der letzten verheerenden Monate zu freizügig, zu häufig benutzt.
    Nach einem Moment stellte ich die Frage, die ich zuvor nicht hatte aussprechen wollen, aus Furcht vor der Antwort.
    »Warum? Warum macht ihr es … auf diese Weise?«
    Sie sah mir in die Augen. »Ich glaube, du kennst die Antwort, Zar-shi. Wie fühlst du dich, wenn du Gift nimmst? Welche Leidenschaften erzeugt das in dir?«
    Mir schoss das Blut in die Wangen. Selbst die Erinnerung an diese Woge von Hochgefühl, von Verlangen und Leidenschaft, die mich jedes Mal überkam, wenn ich unverdünntes Gift trank, ließ meine Knospen hart werden und beschleunigte meinen Herzschlag.
    »Es ist keine bloße hässliche, menschliche Leidenschaft, Kind. Es ist mehr. Etwas Göttliches. Wenn du vor einem Bullen liegst, wenn er dich auf diese so intime Weise nimmt … dann wirst du eins mit ihm. Einen Moment lang wirst du zu diesem Drachen, hörst den Widerhall seiner Gedanken in deinem Kopf.«
    »Was …«, ich benetzte mit der Zunge meine Lippen und räusperte mich. »Was würde das Gift eines mächtigen Drachen auslösen?«
    Ein seliges Lächeln erhellte ihr Gesicht. »Wenn man an das Gift gewöhnt ist, so wie ich, erzeugt das Gift eines mächtigen Drachen keine Eiterbeulen oder tödlichen Krämpfe. Nur eine vorübergehende Transzendenz. Eine reine, vollkommene Transzendenz zum Himmlischen Reich, während man noch lebt und in seiner sterblichen Hülle atmet. Dies

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