Auf Dunklen Schwingen Drachen1
reichten mir bis zur Stirn.
Ich fühlte mich unergründlich müde, und mir war ebenso kalt.
Gelbgesicht kroch in der Hocke zum Kopf des alten Maht und strich mit ihrer schwieligen Hand über seine glänzende, schuppige Haut.
Zuerst schnitt sie vom Hals bis zur Wurzel seines langen, dünnen Schweifs und dann durch die ledrigen, schwarzen Falten seines eingezogenen Penis.
»Verfüttere den Schweif an Ka, Zar-shi. Das wird ihn beruhigen. Der Ranreeb braucht ihn nicht.«
Ich musste mich auf mein Messer stützen, um den dünnen, knochigen Schweif vom Kadaver zu trennen. Es knackte widerlich. Ich bekam eine Blase am Daumen, während ich durch den Knorpel um die Schwanzwurzel sägte.
Zögernd näherte ich mich mit dem Schweif in der Hand Ka. Obwohl die Statuten vorschrieben, dass nur ein Drache Drachenfleisch verzehren durfte, und obwohl Drachen Fleisch fraßen, auch wenn zumeist Pflanzen auf ihrem Speiseplan standen, missfiel mir der Gedanke, den Schweif eines seiner Brüder an Ka zu verfüttern. Aber der Hunger hatte die traurige Intelligenz, die immer in dem Blick des alten Bullen glomm, vertrieben, sie durch ein verzweifeltes, primitives Funkeln ersetzt. Seine große pfeilförmige Schnauze schoss vor und riss mir den Schweif des alten Maht aus der Hand, während ich noch unentschlossen vor ihm stand.
Ka versuchte, den Schweif ganz zu schlucken. Seine Halsmuskeln arbeiteten, seine Augen traten hervor, und die Fühler hatte er flach an seinen knochigen Schädel angelegt. Er würgte und keuchte, weigerte sich aber, den Schweif hinauszuwürgen. Ich überließ ihn seiner Gier. Der Anblick, wie der Schweif des alten Maht aus seinem Maul hing, widerte mich an und machte mich traurig. Die rautenförmige Membran am Ende des Schweifs schlug gegen Kas Schnauze, als wäre sie lebendig.
Es war Schwerarbeit, die Haut des alten Bullen von seinen Vorderläufen zu trennen, von seiner Brust, seinem Schultergürtel, seinen Hinterläufen. Wir zogen und schnitten, trennten das glitzernde, weiße Gewebe unter der Haut von dem blassrosa Fleisch ab.
Mir lief das Wasser im Mund zusammen, und mein Magen knurrte. Ich hatte in den letzten Wochen nur Dschungelpflanzen gegessen.
Mit einem reißenden, schmatzenden Geräusch löste sich die wunderschöne Haut schließlich widerstrebend und langsam von dem Kadaver. Selbst im Tod, in dem regnerischen Dämmerlicht, schimmerten diese grünen und dunkelroten Schuppen, als wären es polierte Smaragde und Amethyste. Ich weinte über ihre hohle Schönheit.
Dann fingen wir an zu essen.
Ohne uns anzusehen, da wir taten, als würden wir nichts merken, schoben wir uns mit zitternden Fingern Fleischstücke in den Mund und saugten gierig fettiges Gewebe von unseren Handflächen, während wir weiterarbeiteten, den Kadaver in Stücke schnitten, die wir leicht tragen konnten. In Scheiben, die wir später an Lutche und Ka verfüttern würden.
Das redeten wir uns jedenfalls ein. Dass diese Scheiben fetten Fleisches für die Bäuche der Drachen bestimmt waren, nicht für unsere.
Aber während ich arbeitete, zitternd vor Hunger und bebend vor Entsetzen über das, was ich mir nicht versagen konnte – ich verzehrte das Fleisch einer Gottheit, worauf Todesstrafe und anschließende immerwährende Folter im Himmlischen Reich der Drachen stand, aber, ah, wie hungrig war ich, und, oh, wie gut schmeckte das Fleisch -, wusste ich es. Ich wusste es besser. Diese Fleischstücke würden wir unseren hungernden Schwestern servieren, die auf dem Dachboden der Mühle mit dem Tode rangen.
Kleine Fleischstücke klebten mir im Gesicht, auf meinem Umhang, meinen in Borke gehüllten Waden. Mein Unterarm glänzte von Blut und Fett. Ich fühlte mich gesegnet mit dem, was der alte Maht mir gab. Essen. Leben. Hoffnung.
Wir schnitten das Fleisch von den Knochen, behutsam, um sie nicht einzukerben, weil der Ranreeb sie bekommen würde. Die Knochen waren leicht und zierlich, die meisten davon hohl, und diejenigen, die nicht hohl waren, wurden von Kanälen durchzogen. Als ich diese zierlichen, hohlen Knochen sah, fiel es mir schwer, mir den alten Maht als das solide Geschöpf vorzustellen, das er zu Lebzeiten gewesen war. Wie zerbrechlich und leicht sein Knochengerüst aussah, wenn man es mit Messer und Machete freilegte.
Wir legten das Fleisch in eine Schubkarre. In eine andere Karre füllten wir seine Organe: Leber, Nieren, Herz, die komplizierten Luftsäcke seiner Lungen. Der Magen mit seinem stinkenden braunen Inhalt wanderte in
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