Auf Dunklen Schwingen Drachen1
wir das Innere sichtlich erleichtert. Mit einem letzten, verbitterten Fluch gegen mich trennte sich Dono von uns und betrat den Abschnitt des Tempels, der den Männern vorbehalten war. Er stieg zur untersten Ebene hinab, seinem Alter gemäß, und setzte sich dort unter die ältesten Jungen.
Der Wabe Din Tempel war ein an den Seiten offenes Gebäude mit Kuppeldächern, die von Säulen getragen wurden. Wabe Din hatte gerade die drei erforderlichen Kuppeln: eine zum Schutz der Männer, eine für das Heilige Feuer und eine für die Frauen. An der höchsten Stelle der mittleren Kuppel trat der Schornstein des Altars aus, in Form eines prächtigen, vierköpfigen Drachen, der von seinem erhöhten Standpunkt aus unsere ganze Zone überblickte. Aus den vier Mäulern, die in die vier Himmelsrichtungen wiesen, quoll Rauch.
Mutter, Waisi und ich betraten den Tempel unter der mittleren Kuppel und stiegen die acht Reihen, die wie in einem Amphitheater angeordnet waren, bis zum abgesenkten Boden hinab. Mutter hob den Deckel der Urne, die sie trug, als wir uns dem Altarfeuer näherten. Wir traten dicht heran, ohne den gebührenden Abstand zu verletzen, steckten unsere Hände in die Urne und warfen eine Handvoll marinierter Chilis in die lodernden Flammen.
Sie zischten und platzten. Ihr Rauch brannte in den Lungen und ließ Wasser aus Nase und Augen tropfen. Auf dem Feuer lag bereits ein Haufen geschrumpfter, angekokelter Chilis, die einen pfeffrigen, senfigen Duft verströmten. Ein Akolyt, der etwa in Waisis Alter und dessen Gesicht von eitriger Akne überzogen war, hob eine lange Forke in das Feuer und harkte die Chili-Opfergaben in Körbe, in denen Samenkörner lagen.
Der Gestank der brennenden Chilis ließ uns keuchend husten, aber unsere Schöße waren jetzt durch unser Opfer Cinaigesegnet, denn die Chilis repräsentierten menschliche Eierstöcke und das Feuer den Segen des Drachenbullen. Mutter, Waisi und ich stiegen so gesegnet zu einer Etage im Frauentrakt hoch und setzten uns.
Und warteten.
Ach, wie ich dieses Warten hasste! Es schien kein Ende zu nehmen, während ständig Leute kamen und gingen; während Frauen Chilis ins Feuer warfen und der Akolyt sie wieder wegharkte. Während der ganzen Zeremonie schlenderten die Drachenjünger von Etage zu Etage, von Trakt zu Trakt und ließen Drachenpeitschen über unsere Köpfe knallen, um uns an unsere Loyalität und Abhängigkeit von Re zu erinnern, und bellten die Statuten laut heraus; einige auswendig, während andere sie von Schriftrollen ablasen. Einige der Drachenjünger trugen eine Clackron, die heilige Drachenmaske mit dem großen trichterförmigen Maul, das die Stimme des Trägers verstärkt, sodass sie durch den Tempel hallt. Die Worte übertönten das Knallen der Peitsche und das Stimmengemurmel der Menge, die den Tempel noch umrundete.
Die Kopfschmerzen kamen, wie üblich. Mein Mund war trocken, die Schleimhäute meiner Augen und meiner Nase gereizt durch die brennenden Chilis.
Gong! Gong! Überall schlugen Drachenjünger einen Gong, woraufhin wir Frauen gehorsam die Urne mit den restlichen Chilischoten vom Boden vor unseren Füßen aufhoben und sie an die nächste Frau weiterreichten.
Gong! Gong! Die Männer reichten ihre Bambusschachteln mit den Heiligen Kuchen ebenso weiter. Damit verbreiteten wir Harmonie, guten Willen und Fruchtbarkeitswünsche von Clan zu Clan. Die ganze Zeit über pochte meine bandagierte Hand und zuckte gelegentlich wie eine geköpfte Taube.
Wir warteten immer noch. Darauf, dass ein Drachenjünger Großvater Maxmisha bemerkte, der streng und kerzengerade zwischen den Männern saß, die sich auf den Etagen im Männerabschnitt drängten. Erst wenn Großvater von einem Drachenjünger feierlich begrüßt worden war, würde er aufstehen und den Tempel verlassen, gefolgt von den Angehörigen des Töpferclans.
So ging es immer an den Heiligen Tagen. Man betrat den Tempel nach Gutdünken und konnte ihn ebenso verlassen, während die Statuten den ganzen Tag über bis zum Sonnenuntergang rezitiert wurden. Doch die Drachenjünger merkten sich, wer blieb, bis er begrüßt worden war, gaben das anschließend an ihren Tempelältesten weiter, und dann wurde an den Tagen der Abrechnung entsprechendes Geldpapier verteilt.
Ich weiß, ich weiß schon. Normalerweise sollte dieses Geldpapier danach verteilt werden, wie viele Güter ein Clan dem Tempel und seiner Brutstätte geliefert hatte. Genau das würde ich auch sagen. In einer perfekten Welt wäre
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