Auf ein prima Klimakterium
Bakterien-Bataillon hat doch immense Aufgaben im Darmkanal zu erledigen«, gab ich zu bedenken. »Mein morgendlich aufsprudelndes Wasser hat ja auch mit ayurvedischen Gesetzen zu tun. Das kochende Wasser überträgt die dadurch entstehende Kreisdrehung der Moleküle langsam, aber sicher auf den großen Blutkreislauf, die Salizylsäure der beigefügten Zitrone neutralisiert dazu den Säurehaushalt und eine Wandlung zum alkalischen Milieu tritt ein«, versuchte ich meine Freundin schon bei unserem letzten Treffen vor einem Jahr zu überzeugen.
Sie blieb unerreichbar für mein Ansinnen. »Zitrone ist sauer, macht sauer, das hat mich meine Ausbildung zur Kräuterpädagogin gelehrt, erzähl mir nichts. Du regst mich immer wieder auf mit deiner Ganzheitlichkeit. Ich muss mich jetzt meditativ in das rechte Denken meines Meisters Buddha versenken, damit ich mental deine linksdrehenden Moleküle loswerde, mach’s gut, du selbst ernannte Heilerin.« Sprach’s, sprang auf und weg war sie. Doch vor ein paar Tagen am Telefon hatte mein Bienchen, wie ich sie immer zärtlich nannte, ein echtes Problem und das ausgebildete Stimmchen klang heute zaghaft. Der Meniskus war bei der Gartenarbeit rotzfrech aus ihrem Knie heraus-, o Schmerz lass nach, dann unentschlossen wieder zurückgesprungen. »Mein armes Knie ist dick angeschwollen, es tut so was von weh«, jammerte meine alte Weggefährtin, von kurzen Klagelauten unterbrochen.
Jetzt hieß es meinen ganzen Mut in die Waagschale werfen.
»Zelebrierst du immer noch deine einseitige Eiweißdiät, um weiter abzunehmen?«, brachte ich tapfer aufs Tablett. »Weißt du, bei längerer einseitiger Anwendung, du sprichst ja schon seit einem Jahr davon, wird während dieser Diät im Organismus das ganze Milieu sauer und kippt ohne Zusatz von Kohlehydraten in faulige Gefilde«, pirschte ich mich nach vorne.
Überraschenderweise hatten meine sorgenvollen Darlegungen heute freie Bahn und Bienchen signalisierte mir zum ersten Mal ihr Vertrauen. Aus einer alten Hutschachtel kramte sie, den Telefonhörer zwischen Hals und Ohr geklemmt, seit Jahren verschmähtes Lackmuspapier und tauchte dieses widerwillig in ihren Morgenurin.
»Igittigitt«, drang es durchs Telefon. Wie von mir bereits erahnt, war die Säurestufe sehr hoch. Ein Normalwert wäre bei 7,0–7,5 im basischen Bereich, zur Zeit säuerte meine Freundin bei etwa 2,5 vor sich hin.
SOS, jetzt ging’s ans Eingemachte. »Das sind bestimmt Harnsäurekristalle, die sich frech in deinem Kniegelenk und in der Meniskus-Zone breitgemacht haben«, sagte ich spontan. Nach Einverleibung von einem Liter heißem Zitronenwasser, aus dem Saft von zwei Zitronen ohne Zuckerzusatz hergestellt und in kleinen Schlucken getrunken, könnten sich diese Kristalle langsam auflösen, wenn meine Ahnung stimmen würde, schoss es mir durch den Kopf. Bienchen trank und: »Bingo«, Diagnose getroffen.
Schon ein paar Stunden später legte meine Freundin einen imposanten Yoga-Kreuzsitz zur Meditation aufs Parkett, wie sie mir freudig übermittelte. Auch mein angepriesenes Natron-Magnesium-Bad, in der Apotheke rasant zusammengebraut, zeigte Wirkung. Bereits am nächsten Tag fiel, nach telefonischem Rapport, ihre Garten- und Stallarbeit nicht mehr ins Gewicht. Mein Rezept für einen basischen Trunk – Kartoffeln, ungeschält, Möhren, Lauch, Sellerie, Brennnesseln und Petersilie, in größerer Menge abgekocht, abgeseiht, in eine Thermoskanne gefüllt – und über den Tag verteilt zu sich zu nehmen, wurde freudig begrüßt. Vom Hausarzt verordnetes Cortison, im Gefolge einer streitbaren Antibiotika-Gang, wurde wieder zurückgepfiffen. Der diagnostizierte Bluterguss war keiner, das geplante Absaugen durch den behandelnden Arzt erledigte sich, denn nach einer CT-Untersuchung stellte sich die Schwellung als eine vom Körper bereitgestellte Flüssigkeit heraus, die am Knie der Freundin, gelenkschmierunterstützend, zusammengezogen worden war – wie ich das ja schon vorlaut anzumerken gewagt hatte. Dass auch das stimmte, erfüllte mich mit stillem Glück.
»Hab Dank für dein Vertrauen, Bienchen. Sobald ich den Schreibfluss für mein aktuelles Buch beendet habe, werde ich mit Siebenmeilenstiefeln zu dir und zu deinen Tieren eilen«, machte sich diese Nachricht heute auf ›Buddhas Rechten Weg‹ nach Leipzig.
Intensive, lehrreiche Jahre, die ich mit meinem unvergesslichen Mentor, einem Ganzheitsmediziner, Philosophen und Menschenfreund, genießen durfte, brachten das
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