Auf ein prima Klimakterium
Eiweiß, allein auf weiter Flur, mutiert zu Säure und ohne Beigabe von basischen Anteilen, wie z. B. Kohlrabi, Spinat, Kartoffeln und Salat, sagen sich Gärung und Fäulnis im Körper in Kürze gute Nacht.
In den Wechseljahren sammeln sich besonders viele Schlacken in den Zellen an, vor allem auch Giftstoffe, die durch den Wegfall der monatlichen Blutungen, noch im Körper verbleiben. Bei diesem Manko empfiehlt sich die rückhaltlose Hingabe an die Hitzewellen, die sich beim Verlassen von gasförmiger Säure aus dem Körper bilden, kombiniert mit einer natürlichen Entsäuerung mit Hilfe von Natron.
»Mein Gott, bin ich heute wieder sauer«, stöhnt es da millionenfach zum Firmament, von einer Abfolge heftigstem Donnergetöse aus Hunderttausenden Familienkrächen gespeist, mit Zehntausenden sauren Mienen aufbereitet, während der barocke Körper einer Weltenbürgerin, das bin ich, mit voller Hingabe im warmen, wohligen Nass eines entsäuernden Natron-Magnesium-Bades schwelgt. Ein Gläschen von feinstem, trockenem Prosecco speziale, mit einem Schwapp selbst gebrautem Holunderblüten-Sirup veredelt, wartet gleich zum ›Tête à Juchee‹ auf mich. Ist ja wieder etwas säuerlich, aber nur auf ein Glas begrenzt. Dann trinke ich’s am besten noch in der Wanne, damit’s gleich umgewandelt wird.
Einmal von Yin nach Yang bitte, Herr Schaffner. Ach ja, jetzt hätte ich’s vor lauter Wohlgefühl fast vergessen. Meinen Schaffner hab ich ja vor dreißig Jahren abgeschafft, jetzt schaff ich es halt alleine. Den letzten Schluck Sekt eliminiert, und allez hopp, raus aus der Wanne, rein in das wartende Kuschelbett. Stopp! Vorher wird noch schnell ein Schlafanzug übergestreift, denn während der Schlafenszeit geht’s jetzt ans Schwitzen. Das über die Haut in die Blutbahn eingestiegene Natron macht brav seine Hausaufgaben, das Blut über Nacht in Kohlensäure und Wasser umzuwandeln und durch die Atmung dem Rachen der Welt wieder zurückzugeben. Am nächsten Morgen die Fenster weit öffnen, damit die stickige Luft abziehen und der wartende Sauerstoff die vielen freien Plätze im auferstandenen Körper kostenfrei besetzen kann.
Hildegard von Bingen lehrt:
»Säure steht für Wut, Trauer, Radau und dient der Farbe Rot – Base steht für Frieden, Freude, Liebe und dient der Farbe Blau.«
Der Prediger Salomon sagt:
»Alles hat seine Zeit.«
Ernst Jünger meint:
»Jeder Mensch hat seine guten Seiten,
man muss nur die schlechten umblättern.«
Marianne findet:
»Auf eine wechselhafte Beständigkeit,
Gute Nacht und schönen neuen Tag!«
die zeit
die zeit läuft mir davon
sie schleift mich hinter sich her
wie gerne würde ich sie einmal überholen
ihr auf- und davonlaufen
oder noch besser
mit ihr eins sein
Josef Brustmann
Komm hinter meine Hecke
Wieder so ein Deva-vu
»Das Leben kann lebendig sein, man muss einfach sein eigenes führen.« Das hatte mir ein Lieblingslehrer der Grundschule in meinem Poesiealbum hinterlassen.
Eingebettet in den dramatischen Ablauf einer schweren Bronchitis, garniert mit halbstündig anfallenden Hustenattacken, kann ich mich zur Zeit über mangelnde Lebendigkeit weiß Gott nicht beschweren, taumelt es durch meinen fiebrigen Kopf, während mein linker Arm bleiern einen schweren Malerpinsel zu schwingen versucht, was auch gelingt. Wie gestern Nacht in einem fiebrigen Traum erlebt, breitet sich ein sattes Russischgrün rhythmisch auf meinem alten Gartentor aus. Durstig saugt das teilweise abgesplitterte Holz, der klirrenden Kälte zum Trotz, die spendierte Farbe auf, als ein heftiger Hustenanfall meiner dubiosen Streich-Arie jählings ein Ende bereitet.
Die Erreger der hartnäckigen Bronchitis hatten tagelang weder den eingenommenen Thymian-Extrakten, den selbstbewussten Mixturen aus Honig, geschabtem Meerrettich und Zitronensaft noch den ausgiebigen Kamille-Inhalationen Respekt gezollt. Eine am Horizont aufziehende Lungenentzündung, von einem kreisrunden Schmerzfeld am Lungenflügel assistiert, wurde von den selbstherrlichen Eindringlingen mit schadenfroher Attitüde begrüßt. Ein boshafter Lachkanon tönt durch pfeifende Bronchiengänge, während sich dieser schrecklich bohrende Schmerz am rechten oberen Lungenflügel sein Hauptquartier einzurichten gedenkt.
»Schwitzige Wechseljahre-Kandidatinnen zur Sprühung in die Sonderkabine nach rechts«, höre ich eine kalte Frauenstimme aus meiner letzten Traumnacht. Und ich streiche und versuche, diese Stimme im grünen Farbtopf zu
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