Auf ein prima Klimakterium
Weltenbild. »Devas sind Angestellte der Engelsscharen, die das Lichtfeld der Natur, das man Aura nennt, nach dem vollkommenen Plan des Göttlichen speisen und aufbauen. Du musst dir vorstellen, in einem Samen ist schon der Bauplan für die ganze Pflanze angelegt, so ist im Äther, den wir mit dem Auge nicht sehen können, der Plan für eine Lebensform, die sich auf Erden befindet, mitsamt ihren kosmischen Kräften angelegt, genauso wie bei uns Menschen. Was haben unsere wunderbaren Devas noch für Aufgaben, weißt du es noch?«, fragte Großvater Franz-Xaver seine 15-jährige Enkelin, die ihre jährlichen großen Schulferien wieder im geliebten Kreis seiner Familie mit Oma, Onkel, Tante, Cousins und Cousine verbringen durfte.
»Sie fangen den Himmels-Lichtstrom ein, leiten ihn zu den Blumen, Bäumen und Pflanzen, verankern ihn mit dem Boden, hegen und pflegen ihn. An ihren Arbeitsplätzen müssen alle Vorgänge, die sich dort ereignen, aufgezeichnet werden. Das ist das ›Gedächtnis der Natur‹. Das muss immer wieder gelesen werden, denn es will und muss Geschichten der Vergangenheit zu einem erlösten Ende bringen«, antwortete ich nun, vor versammelter Familie, mit glühenden Wangen.
»Weißt du, Marianne, unsere Devas sind immer bemüht, den Menschen zu helfen und ihnen die Harmonie und Reinheit zurückzubringen, nach denen sie sich tief in ihrem Inneren alle sehnen«, lehrte er mich, neben einer Fülle von raren Erkenntnis-Schätzen über die Jahre und stieß damit bei mir immer auf offene, neugierige Ohren.
Am nächsten Morgen plagten mich Husten und Fieber gnadenlos weiter. Nach zwanzigjähriger Auszeit, geborgen in einem erfolgreichen Selbstheilungs-Prozedere, hatte ich mich nun doch entschlossen, einen Facharzt aufzusuchen, um medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Vertrauensvoll erzählte ich ihm von meiner Deva-Lichtgestalt, die mich in einem Fiebertraum zu einem grünen Tor geführt hatte, durch das ich schreiten sollte, um Heilung und Versöhnung zu erfahren. Ich beschrieb die Traumsequenz, in der ich wie in Trance die Farbe fand und das Tor anstrich, und endete mit dem brachialen Hustenanfall.
»Tja, Gottes Wege sind geheimnisvoll«, antwortete er mitfühlend, »durch Ihre scheinbar unsinnige Handlung haben Sie sicher Ihrer Lunge eine Embolie mit riskantem Ausgang erspart, was für ein Zufall«, resümierte er kopfschüttelnd.
»Ich glaube, es gibt keinen Zufall, Herr Doktor, nur einen Vorfall, der es auf etwas abgesehen hat«, verabschiedete ich mich und erreichte, in die lichtvolle, fiebrige Schutzwolke meines zugeteilten Deva-Engels eingetaucht, nach scheinbar endlosen Minuten den anvisierten Taxistand.
Herr Doktor hatte vor lauter Irritation eine notwendige Medikation nicht mehr in Betracht gezogen, meine Person erging sich in altgedienten Selbstheilungsritualen und fand alsbald die angestammte Mitte wieder.
Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsbald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So musst du sein, du kannst dir nicht entfliehen,
So sagen schon Sybillen, so Propheten,
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.
Johann Wolfgang von Goethe
Rat und Tat
»Gehe hin in Frieden« – Die Übung des Loslassens
»Freundschaft und Liebe sind das höchste Gut des Lebens, darum hat der, der sie empfing, viel strengere Rechenschaft abzulegen als jene Seelen, denen weniger anvertraut worden ist. Denk nicht, du seist ein besserer Mensch als sie.
Vom armen Steppenstrauch wird nur bescheidenes Grünen, vom Baum am Wasser aber Frucht gefordert werden. Deine Pflicht ist’s, sie zu bringen, und du darfst nicht meinen, Anspruch auf besonderen Lohn zu haben. Das ist der Grund, dass ich dich vor dir selbst warnen muss.«
Liebe Leser, diese Botschaft aus meinem persischen I-Ging-Orakel war nach meinem Wake-up-Desaster mit meinem bescheiden grünenden, aber gut situierten Steppenstrauch-Freund nicht gerade geeignet, meine lädierte Seele aufzulichten. Mein so oft zitierter Ausspruch »Liebe deine Freunde dann, wenn sie es am wenigsten verdienen, denn dann brauchen sie es am meisten«, hatte heute so gar keinen romantischen Tenor für mich. Ich erschrak nicht wenig, als ich in meiner Herzensgrube im Rückblick auf unser letztes Treffen ein böses Gebräu von Zorn und Trauer entdeckte. Das war in dieser Woche schon der zweite unerklärliche Vorfall, bei dem ich von
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