Auf ein prima Klimakterium
einem alten Freund in die Zange genommen wurde. Mir, parteilosem Promi-Tier, wie er mich oft zu nennen beliebte, hatte sein hocherotisch gemaltes Porträt einer linken Politikerin, das ich im Rahmen einer Lesung auszustellen gedachte, kein Glück gebracht.
»Ich habe die Seiten gewechselt, Finger weg von unserer Sarah! Unsere Sicht auf die Welt ist nicht mehr kongenial, verstehst du, unser Zusammensein nicht mehr gern gesehen, also mach’s gut!« Damit drehte er sich um und weg war er.
»Einfach so nach dreißig Jahren rückhaltloser Kameradschaft«, bricht es fassungslos aus mir heraus. Hab ich jetzt Kameradschaft gesagt? Ist ja merkwürdig. Da hat wieder mal der männliche Anteil in mir die Analyse übernommen. Wie oft habe ich in seinem Beisein die Qualität einer platonischen Liebe zwischen Mann und Frau und deren Erhalt propagiert. Über dreißig Jahre lang. Hoffentlich habe ich ihn dabei nicht übernommen. So viel ich mir den Kopf zerbreche, ob ich für diesen akut vollzogenen Abortus Verantwortung trage – ich finde keinen kausalen Urgrund.
Ich werde weiter überdenken, entschied ich mich für den Moment.
»Die vorgebrachten Argumente meiner Freunde waren nicht nachvollziehbar, alles erschien konstruiert und nicht wirklich greifbar«, erstatte ich am Nachmittag, bei einer Tasse dampfendem Hagebuttentee und einer duftenden Dinkelbrotscheibe mit schmackhaftem Rucola-Avocado-Pesto, meiner Tochter Bericht.
»Ja, ja die Freunde nennen sich so gerne aufrichtig, die Feinde sind es wenigstens«, bemerkt meine Tochter und bringt es wie so oft auf den Punkt.
Wieder alleine mit meinen geliebten Katzenfreunden, die mir schnurrend tröstliche Zuwendung schenken, fängt jetzt, bei projiziertem Ablauf der Geschehnisse, mein Tränenkanal an überzulaufen.
»Lass deine Tränen laufen bis zum letzten Tropfen, das schwemmt die melancholischen Essenzen aus deinem Körper aus«, riet ich erst vor Kurzem einer lieben Freundin. »Weißt du, die Gnade des späten Tränenflusses muss man genießen« – und heute bin ich dran. Wegen des Östrogen-Abbaus hapert es in der Umbruchzeit, von der Menopause bis zum sicheren Ufer nach den Wechseljahren, oft an genügend natürlich bereitgestellter Augenflüssigkeit. In diesem Fall, und bei müden und entzündeten Augen, verwende ich frisch austretende Pflanzenmilch des Schöllkrauts, in kleinen Tropfen in die Augenwinkel aufgetragen, oder Augentropfen aus der Apotheke, die aus der Augentrost-Pflanze gewonnen werden. Der Platz für die Tropfen im Arzneischränkchen ist heute leer, so lege ich mir, mit zitternden Fingern, für etwa fünfzehn Minuten angefeuchtete Schwarztee-Beutel, ein Geheimrezept meiner Mutter, auf meine geschlossenen Augen, das tut wohl.
Vor dem Zurücklehnen habe ich mir noch fix ein Gläschen meines selbst gebrauten Beruhigungslikörs »Silencimus« gegönnt, den ich nach Rezept meiner Urgroßmutter Corona gebraut habe. Zitronenminze, Essigrosenblätter, Holunderblüten, rote Steinkleeblüten sind auf Urgroßmutters Acker gewachsen, Sternanis und Kardamomsamen wurden noch von mir beigesteuert, der milde Korn zur Auffüllung ist alte Bauerntradition. Das bewährte Motto »Ein Glas ist Medizin, zwei sind eins zu viel« wurde selbstverständlich eingehalten, aber heute tummelte sich im Glaserl ein doppeltes Stamperl. Bevor ich mich jetzt für eine Weile auf meine Meditations-Almwiese zurückziehe, möchte ich Ihnen das Rezept zu diesem exzellenten Elixier nicht vorenthalten. Diese Medizin aus der Gottesapotheke bügelt das Nervenkostüm, lichtet das Seelenfeld auf und kräftigt den Herzmuskel. Auch Schnake Hertha wird die Meditation nicht mit Anflügen auf unsere Nasenhügel stören, denn sie kann den Melissenduft nicht ab, was Honigbiene Melinda wieder anders sehen würde, aber ihr Wirkungskreis ist vorbestimmt im blühenden Gartenrund angelegt.
Kräuter-Beruhigungs-Likör »Silencimus«
Sie benötigen eine Handvoll frische Zitronenmelisse, dasselbe von Rosenblüten der Essig-Heckenrose, etwa 7 Holunderblüten und 7 blühende Triebe des Roten Wiesenklees, dessen süßen Nektar wir in frohen Kindertagen so begeistert auszusaugen wussten. Nach neuesten Gärtnerkenntnissen weiß diese als Heilpflanze fast in Vergessenheit geratene Verführerin mit Isoflavonen zu überraschen. Isoflavone bieten sich besonders in den Wechseljahren mit diesen Naturhormonen an, reinigen das Blut und haben mit ihren antibiotisch wirkenden Gerbstoffen z. B. Entzündungen in Rachenräumen
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