Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt
und dafür brauchte ich das Kilometergeld, das Parlamentarier für die Fahrt zum Arbeitsplatz bekamen. Deshalb bin ich immer zwischen Hamburg und Bonn gependelt. Das war eine ganz schöne Anstrengung, die Autobahn gab es noch nicht.
Waren Sie der erste Schmidt, der ein Auto besaß?
Aus meiner Familie, ja.
Hat Sie das auch ein bisschen stolz gemacht?
Nein. Ich muss noch erwähnen, dass dieser Mercedes Diesel dem Prospekt nach maximal 100 Kilometer in der Stunde fuhr, tatsächlich fuhr er aber 104!
Sie haben also Vollgas gegeben?
Ja. Man musste natürlich per Hand schalten. Und vorher vorglühen, weil es ein Diesel war.
1966 sind Sie mit dem eigenen Auto bis in die Sowjetunion gefahren. Loki war dabei und auch Ihr Mitarbeiter Wolfgang Schulz.
Und meine Tochter! Wir waren zu viert, ich bin gefahren. Inzwischen hatte ich einen Opel Rekord gekauft.
Was hat Sie in Richtung Russland aufbrechen lassen?
Ich war damals überzeugt von der Notwendigkeit einer Verständigung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands, besonders mit der Sowjetunion. Auseigenem Antrieb habe ich versucht, mit kommunistischen Regierungs- und Führungspersonen in Prag, Warschau und Moskau persönliche Verbindungen herzustellen. Ich bin über Nürnberg, Prag, Breslau, Warschau, Minsk, Moskau und Leningrad bis nach Finnland gefahren. Wir waren drei Wochen unterwegs.
War es nicht eine Tortur, diese langen Strecken zu fahren?
Nein, eher war die Primitivität der Hotels eine Tortur. Ich habe auf der Reise drei Lokusse repariert.
Wer fährt denn besser Auto, Loki oder Sie?
Sie wahrscheinlich sicherer, ich wahrscheinlich schneller. Inzwischen fahren wir beide nicht mehr.
Heute geht es der Autoindustrie ja schlecht. Befürworten Sie eigentlich Bürgschaften für Opel und andere Autobauer?
Ich bin sehr zögerlich. Wenn in einer amerikanischen Stadt wie Detroit die Automobil- und auch die Zubringerindustrie konzentriert sind, dann habe ich dafür Verständnis. Andererseits bin ich dem Gedanken gegenüber sehr zurückhaltend, einzelnen Branchen besonders zu helfen. Heute ist es die Automobilindustrie, morgen sind es möglicherweise die Hersteller von Fernsehgeräten. Wo soll das aufhören? Es ist doch die gesamte Wirtschaft, welche die Rezession überwinden muss!
4. Dezember 2008
[ Inhalt ]
Eine rote Rose von Loki
Über den 90. Geburtstag
Lieber Herr Schmidt, man muss Sie nicht sehr gut kennen, um zu merken, dass Ihnen die Lawine der Anfragen und Würdigungen vor Ihrem 90. Geburtstag unheimlich ist.
Auf meine Frau und mich kommt keine Lawine zu – wir haben alle großen Feste abgesagt, ob in Hamburg oder in Berlin. Es wird so sein wie schon seit vielen Jahren: An meinem Geburtstag kommen drei Freunde und die zugehörigen Ehefrauen. Das ist alles.
Sie meinen nur den eigentlichen Geburtstag, den 23. Dezember. Die offiziellen Feiern kommen danach.
Ja.
Haben Sie es früher als Kind nicht als ungerecht empfunden, einen Tag vor Weihnachten Geburtstag zu haben?
Nein. Aber meine Eltern und die Großfamilie fanden es falsch, und deswegen wurde mein Geburtstag gemeinsam mit dem meines Bruders Wolfgang im Juni gefeiert. In der Praxis sah das so aus, dass ich zweimal etwas geschenkt bekam.
Können Sie sich an ein besonders schönes Geschenk erinnern, das Sie als Kind bekommen haben?
Nein.
Gab es überhaupt welche?
Kleine Geschenke, ja. Für größere reichte das Geld nicht.
Dieses Jahr feiern Sie ja nun einen ungewöhnlichen Geburtstag. Gibt es etwas, worauf Sie sich wenigstens ein bisschen freuen?
Nein.
Auch nicht über die enorme mediale Würdigung und Aufmerksamkeit, die Sie erfahren?
Das ist zugleich eine Last. Die Medien wollen Interviews, und mir wäre es eigentlich lieber, zufriedengelassen zu werden. Es ist mir jetzt schon zu viel.
Aber Sie waren gerade bei Beckmann in der ARD , warum reden Sie besonders gern mit Beckmann?
Das hat sich so ergeben, es hat keine besonderen Gründe.
Freut es Sie auch nicht, dass Sie mit Außer Dienst seit einiger Zeit auf Platz eins der Spiegel -Bestsellerliste stehen?
Dagegen habe ich nichts. Aber gefreut hat mich, dass zugleich Loki Schmidt draufsteht.
Haben Sie Ihr Buch mit Bedacht zu Ihrem 90. Geburtstag geschrieben?
Nein, das hat sich zufällig so ergeben. Ursprünglich sollte das Buch schon ein Jahr früher herauskommen, aber es war noch nicht fertig.
Als Autor kann man doch eigentlich nicht viel mehr erreichen.
Man kann viel mehr erreichen!
Was denn?
Zum Beispiel einen Nobelpreis.
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