Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Auf einmal ist Hoffnung

Titel: Auf einmal ist Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burk Michael
Vom Netzwerk:
Doch im nächsten Augenblick änderte er den Entschluß. Aus der Lobby hörte er eilige Schritte kommen. Ein Blick, und er rannte weiter. Gomes und Menendez waren hinter ihm.
    Die Ecke des Gramercy-Kinos, dessen drei Stockwerke hohe Fassade noch aus den dreißiger Jahren stammte. Die Vorstellung war gerade beendet, und die Besucher drängten nach draußen. Rocha hastete weiter auf der Dreiundzwanzigsten. Das schmale dunkle Schaufenster eines Optiker-Ladens. Das schwach erleuchtete Miedergeschäft. Die Snack-Bar, deren Front auch um diese kühle Jahreszeit zur Straße hin offen war. Das sechs Stockwerke hohe, drei Fenster schmale Smadback Building. Die Tür zu einer Kochschule. Die Läden für Unterwäsche, Schallplatten und Lionel-Trains.
    Vor der schmalen Treppe, die zur Subway hinunterführte, blieb er einen Moment stehen, vergewisserte sich, daß die beiden Verfolger außer Sichtweite waren, und überlegte flüchtig, ob er versuchen sollte, einen womöglich gerade abfahrenden Zug nach Queens oder Brooklyn zu bekommen. Doch er verwarf den Gedanken gleich wieder. In einer Stadt, die er nicht kannte, wollte er sich in seiner Lage nicht freiwillig ins Ungewisse begeben.
    Eine Windbö traf ihn kühl und erinnerte ihn daran, daß er seinen Mantel zurückgelassen hatte.
    Er befand sich an der Ecke zur Park Avenue South. Hier, wo am Tag geschäftiges Treiben herrschte, waren jetzt nicht mehr allzu viele Menschen unterwegs. Ungewollt berührte seine Hand die Jackentasche – und er spürte Gomes' Pistole. Er hatte sie völlig vergessen.
    Er drehte sich einer Hauswand zu, um die Waffe verstohlen zu begutachten. Doch noch ehe er sie aus der Tasche gezogen hatte, sah er aus den Augenwinkeln heraus, daß Menendez auf einmal auf der anderen Seite an der Ecke der Straße auftauchte. In der nächsten Sekunde wußte er, daß Menendez ihn entdeckt hatte und darauf aus war, ihm den Weg abzuschneiden.
    Von neuem begann er zu rennen. Jetzt in die entgegengesetzte Richtung. Hinein in die Zweiundzwanzigste, vorüber an der verkommenen Fassade einer Druckerei, den blinden Fenstern einer Schlüssel-Herstellung, am Kellereingang eines Getränkelagers.
    Er rannte und rannte und war unvermittelt am kleinen Gramercy Park. Das gepflegte, hohe Eisengitter um die Anlage. Die herrschaftlichen Häuser im englischen Stil, die ein Viereck um den Park bildeten. Die menschenleere, ruhige Straße. Hier schien die Welt auch nachts in Ordnung zu sein.
    Er blieb kurz stehen und horchte in das Halbdunkel hinein. In der Ferne fuhr ein Wagen vorbei. Sonst war nichts zu hören. Keine eiligen Schritte der Verfolger. Kein Laut. Nichts. Rocha fühlte sich in Sicherheit.
    Sein Blick fiel auf die kleine Hütte im Park, die an einer Seite von dichtem, herbstlichen Gebüsch abgedeckt war. Es könnte ein ideales Versteck sein bis zum Morgen, schoß es ihm durch den Kopf.
    Er lief um das Gitter herum und fand das eiserne Gittertor. Es war abgeschlossen. Diese Tatsache bestärkte ihn, sein Vorhaben auszuführen und wenigstens so lange hier unterzutauchen, bis er seine Lage in Ruhe durchdacht hatte. Er vergewisserte sich, daß niemand ihn beobachtete, zog sich schnell auf den steinernen Sockel hoch, kletterte über das Gitter und sprang in das Gebüsch hinein. Ein kurzes Lauschen, ein paar Schritte, und er war an der Tür der Hütte. Sie ließ sich nicht öffnen. Er kauerte sich hinter das Gebüsch und lauschte von neuem in die Nacht hinein. Nichts rührte sich. Er war erleichtert.
    Er zog die Pistole aus der Jackentasche. Der schwache Schein der Straßenbeleuchtung fiel durch die Zweige auf das mattglänzende, schwarze Metall. Es war ein Colt-Automatik, Kaliber zweiunddreißig. Prüfend wog er ihn in der Hand. Er war voll geladen und entsichert, und er schob den Hebel vor. Die Waffe verlieh ihm eine gewisse Sicherheit. Doch im stillen wünschte er, er würde sie nicht brauchen.
    Er atmete ein paarmal tief durch, als wollte er das letzte Geschehen wie einen bösen Spuk abschütteln. Dann überdachte er seine Situation.
    Vom stolzen, selbstsicheren Roberto Rocha, der in Havanna eine absolute Ausnahmestellung genossen hatte, vom allseits geachteten Compañero Berto, dessen Wohlwollen selbst die höchsten Führer der cubanischen Revolution erstrebten, vom charmanten, höflichen Liebling der Frauen, mit der einschmeichelnden, verführerischen Stimme und dem besonnenen, überlegenen Blick, von alldem war innerhalb weniger Tage nichts mehr übriggeblieben.
    Seine Augen

Weitere Kostenlose Bücher