Auf einmal ist Hoffnung
flackerten und brannten, die Gesichtsmuskeln zuckten nervös, die Hände befanden sich in ständiger Unruhe, die Kehle krampfte sich ihm zusammen.
Hatte er nicht einen unverzeihlichen, nie wiedergutzumachenden Fehler begangen, als er Telesphoro Vacas auf diese erpresserische Weise herausforderte? ging es ihm durch den Kopf. War er nicht zu verblendet gewesen, in seinem Zorn und Gerechtigkeitssinn? Würde er sich wohl jemals noch aus dieser Situation lösen können? Mußte er nicht bis an sein Lebensende mit der Verfolgung durch die cubanische Revolution rechnen, gleichgültig, in welcher Ecke der Erde er sich auch vergraben würde?
Zwangsläufig schweiften seine Gedanken zu Elena ab. Sie befand sich jetzt auf dem Flug nach New York, in die Freiheit. Vielleicht flog sie gerade über die Meerenge von Florida oder schon über Miami oder Fort Lauderdale. In nicht mehr ganz drei Stunden würde sie jedenfalls die Vereinigten Staaten betreten und ihn sofort im ›George Washington‹ an rufen.
Er bekam einen Schreck. Was war, wenn sie ihn im ›Washington‹ nicht erreichen würde? Wie sollte sie dann jemals Verbindung mit ihm aufnehmen können? Doch im gleichen Atemzug beruhigte er sich selbst. Es gab für ihn nur einen Weg. Er würde hier in diesem sicheren Versteck die Nacht verbringen und, sobald am Morgen die Straßen wieder bevölkert waren, sich einem Polizeibeamten anvertrauen und in dessen Schutz Kontakt mit dem Hotel aufnehmen.
Was aber war, wenn Elena und ihre Eltern inzwischen Menendez und den anderen in die Hände gelaufen waren? Der Gedanke durchzuckte ihn heiß.
Er überdachte die Lage von neuem. Das Ergebnis bereitete ihm Angst. Er durfte unmöglich wertvolle Zeit verschenken und mußte noch vor Elenas Ankunft Vacas' Leute ausgeschaltet haben. Sollte ihm dies nicht gelingen, würden sie nicht nur für ihn, sondern auch für Elena und ihre Eltern eine geradezu unerträgliche Gefahr bedeuten.
Sein Atem ging schwer. Seine Augen versuchten, das Dunkel der Nacht zu durchdringen. Er horchte angestrengt. Stille umgab ihn. Von der Park Avenue South drang schwach das Geräusch fahrender Autos herüber.
Nach einer Weile hatte er sich entschlossen. Er würde sein Versteck vorsichtig verlassen und versuchen, die Fifth Avenue zu erreichen. Selbst nachts war dort womöglich sogar in der südlichen Gegend noch mehr Verkehr als anderswo in der Stadt. Dort wollte er sich entweder dem nächstbesten Polizisten anvertrauen oder, wenn er keinem begegnen würde, vom nächsten Telefon aus ein Polizeirevier verständigen, daß sie ihn abholen sollten.
Er erhob sich so leise wie möglich und schlich sich zur Umzäunung vor. Dort hielt er an und vergewisserte sich noch einmal, daß keine Gefahr bestand, die sichere Deckung, die ihm der Park bot, aufzugeben.
Ein paar schnelle Bewegungen, er hatte das Gitter überstiegen und befand sich auf der Straße. Er orientierte sich kurz und lief dann mit weit ausholenden Schritten zur Park Avenue South vor.
Doch noch ehe er sie erreicht hatte, geschah es.
Wie aus dem Boden gewachsen stand plötzlich Zenon Menendez vor ihm.
Rocha sah nur noch die Kälte in Zenons Augen, dann spürte er das Messer. Er hatte es weder in Zenons Hand bemerkt noch mitbekommen, wie er zugestoßen hatte. Er wußte sofort, daß der Stich tödlich sein könnte.
Ohne einen Laut von sich zu geben, sackte er auf das Pflaster des Gehsteiges.
Der Schmerz wütete in ihm wie wild. Unbarmherzig. Grausam. Brennend. Schneidend. Der Brustkorb schien in Flammen zu stehen. Die Gedanken überschlugen sich und rückten allmählich in unendliche Ferne. Seine Augen sahen Zenons Gesicht, das sich über ihn beugte, ohne es zu erkennen.
Im Unterbewußtsein bäumte sich sein Körper auf, mobilisierte die letzten Reserven, als wollte er noch mit letzter Kraft um sein Leben ringen. Seine Hände schienen sich auf dem Pflaster festzukrallen, sein Kopf hob sich, seine Lippen versuchten, ein Wort zu formen: Elena. Aber es kam nicht mehr dazu.
Für Zenon Menendez war Rocha tot. Er freute sich darüber.
18
Als sie sich endgültig zum Aufstehen entschloß, zeigte die Weckeruhr auf der Konsole über dem Kopfende gerade erst die fünfte Morgenstunde an. Leise, um Patrick nicht zu wecken, ging sie hinüber ins Badezimmer und schob das schmale Fenster hoch, das auf die Prince Street hinunterführte. Es regnete.
Tief atmete sie die frische, kühle Luft ein, wie um zu Kräften zu kommen. Sie hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Der
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