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Auf einmal ist Hoffnung

Titel: Auf einmal ist Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burk Michael
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jeden Vormittag für zwei Stunden in der Wohnung zum Aufräumen.
    Nach dem Essen waren sie beim Thema. Er hörte Jennifer aufgeschlossen an und sagte dann: »Vielleicht weißt du, daß mich deine Tanzwut im Lauf der Zeit manchmal mehr erschreckt als erfreut hat. Jetzt aber bist du neunzehn Jahre, Jenny. Du hast viele, sehr viele Stunden für das Ballett geopfert, unter Umständen sogar deine schönsten. Du hast große Anstrengungen und Entbehrungen auf dich genommen. Du hast deinen Körper oft unsagbar gequält, aber auch über alle Maßen diszipliniert. Du hast jetzt sozusagen den Acker gepflügt und gesät. Die Ernte steht noch aus. Sie erfordert Geduld. Denn sie ist die Erlösung. Die Befriedigung und die Selbstbestätigung.«
    Er legte seine Hand beschwörend auf ihre. »Das Ballett ist wirklich eine besonders harte Schule, Jenny. Ich bin stolz auf dich, daß du diese Schule bis hierher geschafft hast. Und ich wünsche dir von ganzem Herzen, daß du glücklich wirst.«
    Es war ein wunderschöner Abend gewesen, damals. Sie hatten einander noch sehr viel zu erzählen gehabt, aber kein Wort mehr über das Tanzen verloren. Beim Abschied hatte sie ihren Vater wie gewöhnlich auf die Wange geküßt und sich bedankt. Doch diesmal hatte sie hinzugefügt: »Du hast mir heute viel Kraft gegeben, Dad. Ich werde weitermachen.«
    Sie ließ die Erinnerung in sich ausklingen.
    Dann hob sie erneut den Hörer ab und wählte nacheinander die drei Nummern. Aber wieder meldete sich niemand.
    Sie schaltete die Musik aus und bereitete das Bett zum Schlafen vor. Im Bad putzte sie sich die Zähne, kämmte sich das lange brünette Haar und pflegte ihre Haut. Im Wohnraum stellte sie die Heizung ab, löschte das Licht und schob das Fenster einen Spalt hoch. Nackt kroch sie unter die Bettdecke und versuchte zu schlafen. Es war still.
    Sie hatte die Augen gerade geschlossen, als das grelle Läuten des Telefons die Stille zerriß. Sie tastete im Dunkeln nach dem Hörer und hob ab: »Hello?« fragte sie mit gedämpfter Stimme, wie um die Ruhe nicht zu zerstören.
    Niemand antwortete.
    Sie meldete sich noch mal, aber wieder blieb es still in der Leitung. Jennifer maß dem Anruf keine Bedeutung bei. Es war Zenon Menendez gewesen. Er hatte sich vergewissern wollen, daß sie zu Hause war.

3
    Während der Taxifahrt mit Nelson Davenport und seinen drei Freunden nahm Patrick zwar an deren lebhafter Unterhaltung teil, seine Gedanken aber beschäftigten sich mit den Männern, die ihn überfallen hatten. Ihnen wollte er nach Möglichkeit nicht mehr begegnen.
    Als das Taxi auf der Höhe der Sechzigsten fuhr, kam er zu einem Entschluß. »Halten Sie hier. Ich steige aus.« Es galt dem Fahrer. Ein kurzer Gruß zu Davenport und den anderen, dann verschwand Patrick inmitten der abendlichen Fußgänger. Er vergewisserte sich, daß Davenports Taxi weiter die Madison hinunterfuhr, bog mit weitausholenden Schritten in die Neunundfünfzigste ein, kam an der bräunlichschimmernden, gläsernen Fassade des Playboy Club vorbei, ließ den Pulitzer Memorial Fountain links liegen und betrat, über die Stufen mit dem grünen Teppich, durch die messingbeschlagene Drehtür das Plaza Hotel.
    Die beruhigende Atmosphäre, der tiefe Buchara, der ausladende Marmortisch mit der üppigen Vase voller auserlesener Blumen, die gedämpfte Beleuchtung, die festlich gekleideten Menschen, die dem Ballsaal zuströmten, die anderen, die im offenen vornehmen Palm Court einen Drink nahmen und den Klängen der Geigen lauschten: Patrick fühlte sich unwillkürlich in Sicherheit.
    Aufatmend ging er am Edwardian Room vorüber, dessen weißgedeckte Tische im erhabenen Halbdunkel von Kerzenlicht lagen, warf einen flüchtigen Blick zu den Schaukästen der Juwelier- und Modeboutiquen und hielt an der weißmarmornen Theke der Reception. »Eine Suite für zwei Nächte.« Er zweifelte nicht daran, daß nach zwei Tagen sein Problem überstanden sein würde.
    Wenig später saß er am runden Tisch seiner großzügig eingerichteten Suite, mit Blick auf den Central Park, hatte die Tür mit der Kette verschlossen und zog sich das Telefon heran. Ihn interessierte weder die erregende Aussicht auf die nächtliche Silhouette des Parks und der umgrenzenden hohen Häuser mit den Tausenden von Lichtern noch das Mobiliar seiner Suite.
    Er wählte Monroe Kahns Nummer. Als er keine Antwort bekam, tippte er die Nummer noch mal und ließ es lange läuten. Einen Augenblick lang war er verwirrt, denn er konnte sich

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