Auf einmal ist Hoffnung
Telefon nicht kann, deshalb sind wir hergeflogen.«
»Ich erinnere mich wieder an den Fall«, sagte Sellenstett zu ihr. »Wieso ist Ihr Vater nicht selbst gekommen?« Er war nicht bei der Sache.
»Mein Vater ist tot.«
»Tot?« fragte Sellenstett verwundert, jedoch ohne Anteilnahme.
»Seit drei Tagen«, erklärte Jennifer nüchtern.
»Es tut mir leid für Sie.« Es war eine schnell hingesagte Floskel. Er hielt ihr die Tür auf zur Verabschiedung.
Patrick ging hinaus.
Sie aber zögerte. »Kannten Sie meinen Vater, Sir?«
»Nein.« Es klang unhöflich.
»Warum hat er sich dann ausgerechnet an Sie gewandt?« fragte sie entschieden.
»Keine Ahnung.«
»Gab es irgendeine Verbindung?«
»Nein.«
»Vielleicht eine Empfehlung?«
»Ich muß jetzt wieder an meine Arbeit.« Sellenstett schob ungeduldig die Tür so weit zu, daß sie Jennifers Ellenbogen berührte.
Jennifer blieb beharrlich und fragte aufgewühlt: »Warum verschweigen Sie mir etwas, Sir?«
»Es ist besser, Sie gehen jetzt.«
»Ich habe ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.«
»Ich habe Ihnen alles gesagt, mehr weiß ich nicht«, antwortete Sellenstett verärgert, »wenn Sie nicht gehen, muß ich leider wirklich die Wärter bemühen.«
Jennifer schoß das Blut in den Kopf. Sie war erregt. Sie warf Sellenstett einen empörten Blick zu, drehte sich um und ging Patrick nach, der ein paar Schritte abseits auf sie wartete.
Den hellgrünen Flur entlang, an den sieben gelben Türen mit den blauen Namensschildern vorbei, über die hellen Bohlen die Treppe hinunter, den unteren Flur entlang – Jennifer wußte hinterher nicht, wie sie von Sellenstetts Zimmer in die Vorhalle gekommen war, in der kleinen Halle aber prallte sie gegen Hellgrup, der gerade von einem der Labors aus dem Keller kam. Die übliche beiderseitige kurze Entschuldigung, und Jennifer wollte weitergehen.
Da ergriff Patrick kurzerhand die Initiative. »Doktor Hellgrup?«
Der kleine, rundliche Mann blieb stehen. »Ja?« fragte er zuvorkommend.
»Erinnern Sie sich, Doktor? Wir waren eben bei Professor Sellenstett«, sagte Patrick zur Erläuterung.
»Ja, natürlich. Kann ich ihnen helfen?«
»Wenn es Ihre Zeit erlaubt.« Patrick sah ihn fragend an.
»Haben Sie dem Professor nicht gesagt, Sie kämen von New York und seien nur für zweieinhalb Stunden in Stockholm?« Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte Hellgrup aufgeschlossen hinzu: »Was haben Sie auf dem Herzen?«
Patrick schilderte kurz Jennifers seelische Verfassung nach dem überraschenden Tod ihres Vaters und ihr Bedürfnis, möglichst alles über diesen mysteriösen Todesfall zu erfahren.
Hellgrup überlegte flüchtig und sagte dann kurz entschlossen: »Wir gehen zu mir, da sind wir ungestört.« Er bezog Jennifer mit ein.
2
Hellgrups Zimmer lag im zweiten Stockwerk des Krafta-Forskning-Adveinig im Karolinska Institut und hatte die Nummer Siebenundzwanzig. Es glich in etwa dem Zimmer Sellenstetts, nur war das Regal wesentlich schmaler, es fehlte die persönliche Note, aber es gab auch hier die Kalendertafel, sogar mit noch mehr Notizen als auf der des Professors.
»Setzen wir uns.« Hellgrup nahm seinen Regenmantel von einem der Stühle, hängte ihn an den Garderobenhaken der Tür, stellte eine kleine Reiseschreibmaschine vom anderen Stuhl ins Regal, schob die Stühle für Jennifer und Patrick flüchtig zurecht und setzte sich halb auf die Kante des Tisches. »Fragen Sie.« Er sah seine Besucher freimütig an und versuchte mit den Fingern seinen Schnurrbart zu glätten.
»Mich interessiert, warum sich mein Vater mit seinem Problem ausgerechnet hierher ans Karolinska Institut gewandt hat.« Jennifer sprach leise, und ihr Gesicht war ausdruckslos.
»Die Frage kann ich Ihnen nicht direkt beantworten«, sagte Hellgrup und sah von einem zum anderen, »aber ich bin gerne bereit, Ihnen die Zusammenhänge zu schildern, das heißt, soweit ich dazu befugt bin.«
»Bestanden irgendwelche Verbindungen von meinem Vater zu Ihrem Institut?« fragte Jennifer. Patrick ließ ihr bewußt den Vortritt, denn er nahm darauf Rücksicht, daß sie hier ihr ureigenes Problem vertrat. Nur wenn sie seiner Hilfe bedurfte, wollte er ins Gespräch eingreifen.
»Ihr Vater übersandte uns vor ungefähr zwei Wochen ein Kuvert mit drei verschiedenen Schreiben«, begann Hellgrup offen zu erzählen, und sein Blick ruhte auf Jennifer. »Das eine Schreiben kam von einem Doktor Coblence, der uns bestätigte, daß er der behandelnde Arzt sei und den
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