Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
Vom Netzwerk:
sie, während ihm Tränen über die Wangen liefen. Er sah zu mir auf, und ich wich, die Hände auf den Mund gepresst, zurück.
    Gillian fasste mich um die Taille, und ich schloss sie in meine Arme, als könnte ich sie vor alldem hier bewahren. »Ist gut«, schluchzte ich. »Ist gut, ist gut …«
    Ich zog sie in den Gang hinaus, und wir glitten zu Boden, ihr Kopf an meine Brust gelehnt, mein Gesicht an ihren warmen Körper gedrückt. »Nein, nein, nein …« Gillian wimmerte wie ein kleines Kind, während Eve hinter uns jammerte und nach dem Ende flehte.
     
    Der Regen setzte ein, zuerst schwach, dann heftiger, und ich saß auf der vorderen Veranda und versuchte mich zu erinnern,
wann ich das letzte Mal auf dieser Veranda-Schaukel dem Regen gelauscht hatte. Es war an den Nachmittagen gewesen, die mit Geschichtenerzählen verbracht wurden. Justin saß seitwärts auf der obersten Stufe, Eve auf der Schaukel neben mir und stupste mich an, um sich über die Leidenschaft in seiner Stimme lustig zu machen. Aber dieser Regen hörte sich anders an. Sie hatten das verrostete Blechdach durch Ziegel ersetzt, und die Tropfen prasselten erbarmungslos wie Kieselsteine darauf. Daran war nichts mehr magisch.
    Justin fand mich dort und stellte sich neben mich, und ich beobachtete ihn stumm aus dem Augenwinkel.
    »Das war schlimm«, sagte ich schließlich.
    »Ja«, flüsterte er. »Ja. Sie wollen die Morphiumdosis erhöhen und sie ins Krankenhaus stecken, aber ich kann das nicht. Ich werde das nicht zulassen.« Er lehnte sich ans Verandageländer. »Sie hat mich gebeten, ihr zu helfen, weißt du.«
    Der Wind peitschte mir den Regen ins Gesicht, und ich konzentrierte mich mehr auf die unangenehme Kälte als auf seine Worte.
    »Mich gebeten, Schluss für sie zu machen, und manchmal weiß ich nicht …« Er sank in den Schaukelstuhl und wippte angespannt vor und zurück. »Gelegentlich hat sie diese klaren Momente, wenn es nicht so wehtut, was sie sagt. Sie spricht über uns, über Gillie, über die Zeit, als sie für den Marathon trainierte. Weißt du, dass sie zwei Monate nach ihrer Diagnose den Boston-Marathon mitlief? Sie spricht dann mit so viel Kraft über unser Leben, und ich weiß, dass sie noch so viel vorhat. Aber nach diesen klaren Momenten kehrt die Hilflosigkeit zurück, der Schmerz in allen Muskeln und Knochen, in jeder Pore von ihr. Niemand sollte das aushalten müssen, und ich denke,
wenn ich an ihrer Stelle wäre … Manchmal denke ich darüber nach.«
    Ich drehte mich um, um ihn anzusehen. In seinen Haaren hingen Regentropfen, und auf seinen Wangen schimmerten Tränen. Und ich weiß nicht, was mich dazu brachte, es zu tun.
    Vielleicht war es ein Gefühl der Leere, der Einsamkeit, vielleicht das Bedürfnis, gemeinsam mit ihm zu trauern, das mich veranlasste, auf seinen Schoß zu klettern. Er atmete tief ein, dann nahm er mich in die Arme, und wir schaukelten gemeinsam vor und zurück. Der Regen fiel jetzt sanfter, oder zumindest schien es so. Donner grollte, und ich spürte, wie seine Lippen über mein Haar strichen. Das war alles, vielleicht war es ganz unschuldig, aber ich spürte mehr - eine Sehnsucht, ein schmerzliches Brennen. Ich konnte mich nicht bewegen.
    Schließlich war er es, der aufstand und mich praktisch herunterwarf. Ich hielt den Blick zu Boden gesenkt. Er berührte meinen Nacken, dann ging er weg.
    Eine Weile blieb ich noch stehen, sah auf die Pfützen hinaus, die sich im Rasen sammelten, dann setzte ich mich in den Stuhl, den er gerade verlassen hatte, und spürte seiner Wärme nach.
    Dort saß ich, ohne zu denken, meine ganze Aufmerksamkeit auf das quietschende Schaukeln und das Prasseln auf dem Dach gerichtet. Ich wartete, bis ich Geräusche von drinnen hörte, dann stand ich auf und spähte durchs Vorderfenster.
    Gillian hatte sich an Eves Bein geschmiegt, ihr Kopf lag in ihrem Schoß, und sie streichelte ihren Schenkel. Justin beugte sich über ihr Bett und kämmte mit den Fingern durch ihren Pony. Ich beobachtete, wie sie zu ihm aufblickte, ihm vertraute, mir vertraute.
    Als ich den Anblick nicht länger ertrug, wandte ich mich ab
und marschierte los. Ich ging den Hügel hinab, ohne mich auf den Wegen zu halten, trampelte über Unkraut und Rasenflächen, während es so heftig schüttete, dass ich zu schwimmen glaubte und meine Füße mich schlitternd und stolpernd hintrugen, wo sie wollten.
    Als ich die Küste auf der Nordseite der Insel erreichte, bog ich ins Labyrinth ab, in ein Gewirr aus vielen

Weitere Kostenlose Bücher