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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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und deren Kindern unglaubliche Weihnachten bereiten können, wenn ich die Chance dazu hätte. Und dann gibt’s noch andere Dinge. Ich werde kein weiteres Kind mehr bekommen, nie einen Beruf ausüben, nie … Italien sehen.«
    »Du möchtest Italien sehen?«
    »Ich möchte, dass du es siehst.«
    Ich schüttelte den Kopf, und sie nahm meine Hand. »Seit du gekommen bist, ist es das Einzige, was es mir leichter macht: zu wissen, dass du hier sein und all die Dinge tun wirst, zu denen ich nie gekommen bin.«
    Ich zog die Hand weg. »Ich kann nicht.«
    »Weil du schwach bist und dich daran gewöhnt hast, schwach zu sein.«
    »Du willst mehr als ich, Eve, das war schon immer so. Ich brauche nicht mehr, als ich habe.«
    »Das ist Schwachsinn. Du bist wie ich, Kerry, du hast dir keine Chance gegeben zu leben, weil du glaubst, du verdienst sie nicht. Du verkriechst dich einfach in deine Höhle und wartest auf den Tod, während ich hier liege und sterbe.«
    »Vielleicht verdiene ich es nicht. Vielleicht verdient es keine von uns.«
    Eve kniff die Augen zusammen und sagte mit gepresster Stimme: »Glaubst du, mich quälen nicht jeden Tag meines Lebens Schuldgefühle wegen dem, was wir getan haben? Jede verdammte Nacht? Ich lebe vielleicht nicht mehr lange genug, um darüber hinwegzukommen, aber es ist dreizehn Jahre her, Kerry. Das ist eigentlich lange genug für Selbsthass.«
    Ich strich über meine Narben, die früher als weiße Wülste hervorgetreten, jetzt aber nur noch sichtbar waren, wenn ich
braun wurde. Sie konnte sich vergeben, aber ich hatte mehr Hassenswertes in mir.
    »Es tut mir leid«, sagte ich und ging in die Diele hinaus. Ich packte das Treppengeländer und zerrte daran, als könnte ich das ganze Haus einreißen. Ich hörte auf die Geräusche, den summenden Ventilator, das Knacken der Wände, und in meinem Kopf tönte ein trockenes Lachen, in dem all die Dinge mitschwangen, die einst in mir waren: die Bilder eines Ehemanns, eines Kindes, eines Heims, und Hoffnungen, Farben und Träume. Es war weg, alles weg, und ich wusste nicht, wie ich es zurückholen sollte. Es war schon so lange her, dass ich inzwischen fast vergessen hatte, es mir je gewünscht zu haben.

27
    Dr. Kramer kam und legte einen Katheter in Eves Arm, mit dem sie alle zwei Stunden die Morphiumpumpe selbst bedienen konnte. Sie gab ihm dafür ihren rechten Arm, damit er die Narben an ihrem linken Handgelenk nicht sah, was sie danach allerdings stark behinderte, und es ihr fast unmöglich machte, alleine zu essen oder sich die Zähne zu putzen.
    Sie schlief mehr, begann aber im Schlaf laut zu rufen, als baute sie sich in ihren Träumen eine neue Welt, um sich für die reale Welt zu entschädigen, die sie versäumte. Sie schrie auf, und Justin und ich kamen herbeigerannt, nur um festzustellen, dass sie trotz geöffneter Augen nichts wahrnahm. Und das brachte mich jedes Mal an den Rand eines Nervenzusammenbruchs, diese unheimliche Reglosigkeit, dieser starre Blick, diese Vorahnung auf das, was kommen würde.
    Und dann wachte ich eines Morgens durch den Laut eines unmenschlichen Schreis auf. Ich fuhr hoch und blieb noch einen Moment im Halbschlaf verwirrt sitzen. Von draußen ertönte ein Donnerschlag, und als Antwort darauf ein heiseres Wimmern. »Eve?«, sagte ich, sprang auf die Füße und rannte nach unten.
    Gillian stand an der Tür des Hobbyraums , barfuß, und weinte mit bebenden Schultern. Ich drängte mich an ihr zum Bett vorbei, wo Eve sich leichenblass und mit verzerrtem Gesicht vor Schmerzen krümmte. Justin, genauso bleich, fummelte mit zitternden
Händen an der Morphiumpumpe herum. »Was soll ich nur …? O Gott, Eve, bitte, o Gott!«
    Ich warf mich auf Eves Körper, als könnte ich damit ihr qualvolles Krümmen beenden, ihren Schmerz unterdrücken. Justin zerrte an mir. »Sie stirbt! Stirbt sie? Ist sie …?« Seine Stimme brach ab, und er begann zu schluchzen.
    »Die Tabletten, hol die Tabletten!«, rief ich. Ich drückte auf den Knopf der Morphiumpumpe, aber die gab nur einen schwachen Piepton von sich, und es kam nichts mehr heraus. »Verdammt!«
    Justin kehrte mit einem Fläschchen zurück, riss die Verschlusskappe ab, und die Tabletten ergossen sich auf die Bettdecke. Ich nahm eine, hob ihren Kopf und griff nach dem Wasser, aber sie würgte, bevor das Glas ihre Lippen berührte, spuckte die Tablette aus und schlug nach mir. »Geh einfach weg«, krächzte sie. »Geh weg.«
    Justin nahm sie in die Arme, drückte sie an sich und wiegte

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