Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
Vom Netzwerk:
zeigen.
    »Ich denke, wir würden für Sie stimmen, wenn wir alt genug zum Wählen wären«, sagte ich.
    Eve gab mir einen Tritt an den Knöchel. »Sicher stimmen wir für Sie. Sie sind ohnehin der Favorit.«
    »Deine Worte in Gottes Ohr«, erwiderte er. »Und bei solchen Lippen muss Gott ja einfach zuhören.«
    Sie lachte erneut, küsste ihre Fingerspitzen und berührte dann seinen Arm damit. »Wir sehen Sie in den Nachrichten.«
    »Eve!«, flüsterte ich laut, als sein Wagen um die Ecke verschwand.
    »Ach, er mag das«, sagte sie. »Du hast doch mitgekriegt, wie er mich angesehen hat. Alle Männer sind gleich, selbst die verheirateten. Vielleicht vor allem die verheirateten, weil sie wissen, dass für sie der Spaß vorbei ist. Warte nur, bis wir Pony-Frisuren haben, dann sind wir unschlagbar.«
    Die Friseure lächelten, als wir eintraten, und setzten uns auf hohe pinkfarbene Drehstühle. Wir saßen jeweils auf der entgegengesetzten Seite des Salons und schauten in die beleuchteten Spiegel hinter uns, in denen unsere Hinterköpfe zu sehen waren. Mein Friseur war ein Mann namens Jean-Paul, der mit einem leichten Akzent sprach, was ihn vertrauenswürdig erscheinen ließ. Ich schloss die Augen, als er mir Wasser aufs Haar sprühte und seine Finger an meine Stirn hielt. Ich spannte mich an, als ich das kalte Metall auf der Haut fühlte, das Schnippen der Schere hörte und das nasse Haar auf meine Füße fallen spürte. Ich hielt die Luft an und öffnete die Augen.
    Es war eine Verbesserung, fand ich, es ließ meine Augen größer
wirken und meine Wangenknochen stärker hervortreten. Vielleicht sollten wir das ganze Programm machen, dachte ich, und ein bisschen mehr zahlen, damit sie unsere Ponys mit einer Rundbürste föhnten und hinterher mit Haarspray fixierten. Doch als ich mich zu Eve umdrehte, sah ich, wie die scharfe Schere gefährlich nahe an ihre Ohren kam. Ich schrie auf, um sie zu warnen, aber es war zu spät. Das zwölf Zentimeter lange Stück Haar, das genauso aussah wie meines, fiel zu Boden. O Gott, arme Eve.
    Ich ging zu ihr hinüber, stand neben ihr und sah sie ängstlich an. Genau wie ich hielt sie die Augen während der ganzen Proedur geschlossen. Konnte sie die Schere und das herabfallende Haar nicht spüren, den Rasierer nicht hören, der ihren Nacken säuberte? Ich wollte sie schütteln, sie laut anschreien, stand aber nur stumm da und wand mich innerlich, als sie die Augen öffnete.
    Sie betrachtete sich im Spiegel und lächelte dann. »O Ker, gefällt es dir?«
    Ich fand es schrecklich. Es sah zwar gut aus, irgendwie zerzaust und sexy, aber ich wollte ihr Haar wieder lang ziehen oder meines genauso schneiden lassen. Aber es war zu spät. Es nachzumachen hätte bedeutet, einzugestehen, dass sie besser aussah. »Ich dachte, wir wollten uns bloß Ponys schneiden lassen«, sagte ich.
    »Ich weiß. Ich glaube, ich hab ganz kurzfristig entschieden, dass ich eine größere Veränderung brauche.« Sie hielt eine ausgerissene Seite aus einem Magazin hoch, auf der ein schlaksiges Model mit der gleichen zerzausten Kurzhaarfrisur abgebildet war.
    Irgendetwas in mir sackte nach unten und brachte mich aus
dem Gleichgewicht, sodass ich das Gefühl hatte zu schwimmen, schwerelos zu sein. Eve hatte ein Bild mitgebracht. Sie wusste genau, was sie machen wollte, noch bevor sie von zu Hause losgegangen war. Sie hatte es gewusst und mir nichts gesagt, was bedeutete, dass Eve nicht bloß eine Veränderung, sondern eine Trennung wollte.
    Ich sah uns beide in dem großen Salonspiegel an und kniff die Augen zu, bis ich nur noch verschwommen zwei helle Flecken wahrnahm. Eve berührte ihre Haarspitzen, ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauchen, wie von Ehrfurcht ergriffen. »Wir sehen fast gar nicht mehr wie Zwillinge aus«, sagte sie.
     
    Am nächsten Tag ging ich zu LoraLee, ohne recht zu wissen, was ich dort wollte. Sie saß schaukelnd am Fenster und schnitzte mit ihrem Taschenmesser an einem knorrigen Ast. Sonnenlicht, das durch die Bäume fiel, warf kleine Schattenflecken auf ihr Gesicht und ließ sie alt und weise aussehen.
    Ich setzte mich ihr gegenüber auf den Boden. »Ich fühle mich komisch«, sagte ich.
    LoraLee zog die Augenbrauen hoch und konzentrierte sich weiterhin auf ihre Schnitzarbeit, während Holzspäne zu Boden fielen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Es ist wie damals, als wir klein waren und Daddy uns eine Karte zum Geburtstag schenkte, nur eine, auf der Alles Gute zum Geburtstag, Zwillinge stand. Eve

Weitere Kostenlose Bücher