Auf ewig und einen Tag - Roman
nicht miteinander, außer »hey« zu sagen. Ich wich seinem Blick aus und er meinem. An den Abenden, an denen er sich gewöhnlich mit Leslie getroffen hatte, blieb er zu Hause, obwohl er keinerlei Andeutungen machte, dass er sie nicht mehr traf.
Ich kehrte in die Schule zurück, obwohl ich es auch hätte bleiben lassen können, bei der geringen Aufmerksamkeit, die ich dem Unterricht schenkte. Ich malte Herzen in die Winkel von gleichschenkligen Dreiecken und schrieb mit dem Finger Justins Namen entlang der Ränder meiner Bank. Leslie ignorierte mich demonstrativ, und ich begann, mich schlecht zu fühlen. Ich dachte, ich sollte etwas Nettes für sie tun, ihr vielleicht Blumen kaufen. Oder eine Beileidskarte. Aber ich wollte mir nicht den Anschein geben, als wäre ich schadenfroh, und außerdem
war Leslie nicht der Typ, der sich mühsam einen Freund suchen musste. Sobald sich herumgesprochen hätte, dass sie wieder solo war, würden die Jungs Schlange bei ihr stehen. Also war es zwar falsch, was ich getan hatte, aber wiederum auch nicht so falsch. Nicht wirklich.
Am folgenden Samstag schneite es, der erste Schneefall in dieser Jahreszeit. Ich sah gerade aus dem Schlafzimmerfenster, als Eve die Treppe heraufkam. Sie legte den Kopf an meine Schulter, wir sahen gemeinsam hinaus und dachten das Gleiche. »Findest du, wir sollten?«, fragte sie schließlich.
Bei Daddy war es immer ein Ritual gewesen, beim ersten Schneefall mit uns hinauszugehen, damit wir die Flocken mit der Zunge auffangen konnten. Ich wusste, dass es sich falsch anfühlen würde, das ohne ihn zu tun, aber es gar nicht zu tun, würde sich noch viel schlechter anfühlen. »Er würde es so wollen.«
»Ich hasse es, wenn Leute das sagen, als wollte er, dass wir genauso weitermachen. Das ist totaler Blödsinn. Wenn ich sterben würde, würde ich nicht wollen, dass du genauso weitermachst.«
Ich nahm ihre Hand und sagte lächelnd: »Wir müssen. Wahrscheinlich machen wir das noch, wenn wir sechzig sind.«
»Ich hoffe nicht«, antwortete Eve, »oder sie sperren uns in ein Pflegeheim und bringen uns bei, was man aus Eiscremestielen alles basteln kann.«
Draußen auf dem Rasen beobachtete ich, wie Eve den Kopf in den Nacken legte. Kurz darauf schloss ich die Augen, streckte mit weit aufgerissenem Mund die Arme aus und spürte ihn. Wirklich. Ich wusste, wenn ich sie nur ein bisschen weiter ausstreckte, würde ich seine Hand spüren. Er würde sie nehmen, festhalten, wie ein Kind lachen und mich so herumwirbeln, dass Eve die Augen verdrehte. Und als ich schwere Schritte auf dem
Weg hörte, hätte ich fast seinen Namen gerufen. Aber natürlich war es nicht Daddy. Es war Justin.
Er stand mit geballten Fäusten da und sah uns zu, seine Augen wirkten feucht und sein Blick ziellos. Doch als unsere Blicke sich trafen, wurde ihr Ausdruck sofort hart. Er sah zu Eve hinüber. »Wahrscheinlich wird es vier Zentimeter schneien«, sagte er.
Eve sah von Justin zu mir und wieder zurück. »Es ist eiskalt hier draußen. Lass uns reingehen.«
Ich nickte, aber meine Beine wollten mir nicht gehorchen.
»Eigentlich«, sagte Justin, »wollte ich dich fragen, Kerry, ob du mir in der Werkstatt helfen könntest. Bei den Rechnungen stimmt was nicht, und ich weiß, dass du gut mit Zahlen umgehen kannst.«
Eve lachte trocken. »Zahlen? Kerry? Netter Versuch. Das ist wirklich schwach.«
Ich konnte sie nicht ansehen. »Klar«, sagte ich. »Sicher.« Ich hob die Hand zum Abschied, konnte Eve aber noch immer nicht ansehen. Erst nachdem Justin und ich aus der Einfahrt hinausgefahren waren, warf ich einen Blick in den Seitenspiegel und sah, dass sie immer noch auf derselben Stelle auf dem Rasen stand. Ihre Arme hingen schlaff herunter, auf ihrem Haar lagen Schneeflocken. Am liebsten hätte ich geweint, aber gleichzeitig hatte ich das schreckliche Gefühl, einen Sieg errungen zu haben.
Eine Weile fuhren wir schweigend dahin, und ich spürte ein unerträglich köstliches Kribbeln in meinem Inneren. Plötzlich fuhr Justin an den Rand der verlassenen Straße. Wir beide starrten aufs Armaturenbrett. »Hör zu«, begann er schließlich, »ich weiß nicht, was ich tun soll.«
Ich erwiderte nichts, wusste nicht, was ich antworten sollte. Draußen war alles so still unter der Schneedecke, fast schien es, als wartete die ganze Welt mit mir.
»Ich hab nachgedacht«, fuhr er fort, »ständig hab ich nachgedacht und es mir immer und immer wieder durch den Kopf gehen lassen, bin aber trotzdem
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