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Auf ewig und einen Tag - Roman

Titel: Auf ewig und einen Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Joy Arnold Angelika Felenda
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nicht für sich allein behalten kann. Alleinigen Besitz gibt’s nur für Gott, nur das Schicksal kann das bestimmen, Menschen können das nicht entscheiden. Das Beste, was du tun kannst, ist, dich nicht zu sehr daran zu klammern.«
    »Es ist Justin«, sagte ich. »Ich und Justin.«
    LoraLee starrte mich an. »Ach, Kind«, sagte sie.
    Ich sah, wie müde sie aussah, wie alt plötzlich. Alles an ihr wirkte seltsam vertikal, angefangen von den Falten an ihrem Hals bis hin zu den Tränensäcken unter ihren Augen. Ich schüttelte den Kopf. »Du denkst vermutlich, ich betrüge Eve, oder Liebe verursacht Leid. Bei der Art, wie du lebst, so ganz allein, gibt es niemanden, der dir wehtun kann, und du kannst niemandem wehtun. Das ist so viel leichter.«
    »Denkst du, das hätte ich mir ausgesucht? Das Alleinsein hat mir Gott gegeben, und ich hab kein Recht, mich darüber zu beklagen. Aber ausgesucht hab ich’s mir nicht.«

    Ich hatte keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte. Es löste den Wunsch in mir aus, mich in ihren Schoß zu kuscheln. »Du bist nicht glücklich?«
    »Ach, Kind, das ist es nicht. Ich brauche nichts außer mir selbst. Ich hab alles, was ich brauche.« Sie lächelte sanft. »Aber die Sache ist die, Kerry, wenn du die Liebe gefunden hast, musst du sie hüten, mit beiden Händen festhalten. Es könnte sein, dass du mit den Füßen den Halt verlierst, aber auf lange Sicht ist es wichtiger, dein Herz zu finden als Halt für deine Füße.«
    Ich sah sie an, den dicken Ring an ihrem Finger, diese Frau, die sich irgendwie mit allem abfinden konnte, was ihr widerfuhr. Ich verstand, was sie sagte, aber tatsächlich wollte ich den Halt nicht verlieren. Weil ich Justin für mich haben wollte und Eve auch, beide. Und ich wusste, dass alles Mögliche passieren konnte. Sie konnten beide forttreiben wie unsere Mutter, wie Daddy, wie die Sommerblumen, die ihre Farbe verloren, egal wie fest man sie hielt.
     
    Später am Nachmittag kam ich nach Hause und fand Eve im Gang, wo sie im Schneidersitz an der Dachbodentreppe saß. Ihr kurz geschnittenes Haar war immer noch ein Schock für mich. Es betonte den leichten Unterschied unserer Züge, ihre schmaleren Wangen, im Gegensatz zu meinem runderen Gesicht, die aufgeworfene Oberlippe, die immer etwas fülliger als die meine gewesen war. Sie winkte mich zu sich und deutete auf eine Kiste. »Komm her und schau.«
    Es lagen alte Schulhefte darin, Zeugnisse, Blätter, mit Reihen voller großer und kleiner R beschrieben. Ich setzte mich neben sie und blätterte sie durch, die unschuldigen Drittklässlergeschichten und mit Fingerfarben gemalten Gesichter.

    »Wenn wir noch einmal zurückgehen könnten, was würden wir ihnen sagen?«, fragte Eve. »Ich meine, im Hinblick auf das Ganze, das sie durchstehen müssen.«
    »Ich schätze, wir würden ihnen sagen, dass es schwer, aber schließlich alles gut werden wird.«
    »Stimmt das?«
    Ich sah sie an, aber sie starrte auf ein Bild, einen blauen Teich mit einer Fontäne in der Mitte, der Regenbogenfarben versprühte. »Als wir klein waren, konnte ich meinen Blick verschwimmen lassen und mich ganz in die Bilder fallen lassen«, sagte sie. »In sie hineinsinken und woanders sein. Vielleicht ist das das Problem mit dem Erwachsenwerden: Es gibt kein Entkommen.«
    Ich strich über die Spirale eines Hefts und hatte Mitleid, aber ich wollte ihr auch zeigen, dass es Hoffnung gab. »Ich denke, ich möchte nicht entkommen«, sagte ich. »Die Dinge werden besser, werden jetzt gut für mich, und für dich werden sie auch besser, wenn du nur wartest. Wenn ich die Wahl hätte, könnte ich mir eigentlich keinen Ort vorstellen, an dem ich lieber wäre.«
    Eve sah mich lange an, dann wandte sie sich ab und begann die Papiere wahllos in die Schachtel zurückzuwerfen. Als sie fertig war, stand sie auf und hob mit angespanntem Kiefer die Kiste auf. »Manchmal, Kerry«, sagte sie, »erkenne ich dich nicht wieder.«
     
    Vielleicht war das der Grund, weshalb ich mich von Justin überreden ließ zu lügen. Es ging einfach darum, das, was ich hatte, festzuhalten. Und in gewisser Hinsicht war es diese Lüge, die alle späteren Ereignisse heraufbeschwor, was wie eine Ironie klingt, wenn man es genau bedenkt.
    Es war eine Woche vor Weihnachten, als er das vorschlug.
Wir lagen auf seinem Bett, er auf den Kissen mit seiner Schreibarbeit, ich gegen die Wand gelehnt, die Beine über seine Knie gelegt. Es ist eine Kunst, sich zu zweit auf einem Einzelbett bequem

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