Auf ewig unvergessen
Außerdem brauche ich das Geld, das ich mit dem Fall verdiene, wenn Rick und ich... Wenn wir uns scheiden lassen. Ganz zu schweigen von dem Prestige. Selbst wenn ich verliere, kennt man mich als Martin Darius' Verteidiger. Dieser Fall bringt mich in die erste Liga. Wenn ich jetzt aufgebe, dann wird man mir nachsagen, dass ich nicht mit dem Druck eines wichtigen Falles zurechtkomme.«
»Aber es macht dir Sorgen, dass du ihn herausholen könntest?«
»Genau das ist es, Mutter. Ich weiß, dass ich Darius da herauskriegen kann. Page hat nicht viel in der Hand. Der Richter hat ihm bei der Kautionsanhörung genau das gesagt. Aber ich weiß von Dingen, die Page nicht weiß, und ich...«
Betsy schüttelte den Kopf. Man merkte ihr ihre Zerrissenheit deutlich an.
»Jemand muss Martin Darius verteidigen«, entgegnete Rita ruhig. »Wenn du es nicht tust, dann macht es ein anderer Anwalt. Ich habe gut zugehört, wenn du gesagt hast, dass jeder eine faire Chance braucht, selbst Mörder und Dealer. Es fällt mir schwer, das zu akzeptieren. Ein Mann, der einer Frau das antut, irgendjemandem antut, den möchte man am liebsten anspucken. Aber du verteidigst ja eigentlich nicht diese Person. Das erzählst du mir zumindest immer. Du stehst für ein gutes Rechtssystem ein.«
»Das ist die Theorie, aber was, wenn es dir zuwider ist? Was ist, wenn man nicht schlafen kann, weil man weiß, dass man dabei ist, jemanden frei zu kriegen, der... Mutter, er hat das gleiche in Hunters Point gemacht. Ich bin mir sicher. Nun, wenn ich ihn freibekomme, wer ist sein nächstes Opfer? Ich denke an das, was diese Frauen durchgemacht haben. Allein, hilflos, bar jeder Würde.«
Rita griff nach der Hand ihrer Tochter.
»Ich bin so stolz auf das, was du aus deinem Leben gemacht hast. Ich selbst wäre nie auf die Idee gekommen, Anwältin zu werden. Du hast einen wichtigen Beruf. Du bist wichtig. Du machst wichtige Dinge. Dinge, zu denen andere Leute nicht den Mut haben. Aber das hat seinen Preis. Glaubst du, der Präsident schläft ruhig? Oder ein Richter? Oder Generäle? Nun lernst du die andere Seite der Verantwortung kennen. Bei diesen geprügelten Frauen war es einfach. Du standest auf der richtigen Seite. Jetzt ist man gegen dich. Doch du musst deine Arbeit machen, auch wenn du leidest. Du musst dabei bleiben und darfst nicht den einfachen Weg, die Flucht, wählen.«
Plötzlich brach Betsy in Tränen aus. Rita rutschte zu ihr hin und nahm sie in den Arm.
»Es ist alles so schwer, Mutter. Ich liebe Rick so sehr. Ich habe ihm alles gegeben, und dann verlässt er mich. Wenn er hier wäre, um mir zu helfen... Ich schaffe das nicht allein.«
»Doch, du schaffst das. Du bist stark. Niemand kann das leisten, was du geleistet hast, ohne stark zu sein.«
»Warum sehe ich das nicht auch so? Ich fühle mich leer, ausgebrannt.«
»Es ist schwer, sich selbst so einzuschätzen, wie es andere tun. Du weiß, dass du nicht perfekt bist, also überbewertest du deine Schwächen. Aber du hast viel Kraft, glaub mir.«
Rita brach ab. Ihr Blick ging für einen Moment in die Ferne, dann schaute sie wieder Betsy an.
»Ich sage dir etwas, was sonst niemand auf der Welt weiß. In der Nacht, als dein Vater starb, hätte ich fast Selbstmord begangen.«
»Mutter!«
»Nachdem ich dich ins Bett gebracht hatte, saß ich in unserem Schlafzimmer. Ich hatte alle Pillen aus dem Toilettenschrank geholt. Ich muss diese Pillen eine Stunde lang angeschaut haben, aber ich konnte es nicht tun. Du hast es nicht zugelassen. Der Gedanke an dich. Wie ich es vermissen würde, dich aufwachsen zu sehen. Wie hätte ich denn jemals wissen können, was du aus deinem Leben gemacht hast. Diese Pillen nicht zu nehmen war die beste Entscheidung meines Lebens. Denn so kann ich sehen, was aus dir geworden ist. Ich bin so stolz auf dich.«
»Was ist, wenn ich selbst nicht stolz auf mich bin? Was ist, wenn ich diese Sache nur wegen des Geldes und der Anerkennung mache? Was ist, wenn ich einem Mann, der wirklich schuldig ist, helfe davonzukommen und er wieder Unschuldigen unvorstellbare Schmerzen und Leiden zufügt?«
»Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll«, gab Rita zurück. »Ich kenne nicht die ganze Geschichte, also kann ich mich auch nicht an deine Stelle versetzen. Aber ich vertraue dir, und ich weiß, dass du das Richtige tun wirst.«
Betsy wischte sich die Augen. »Tut mir leid, dass ich dich damit behelligt habe, aber du bist die einzige, bei der ich mich ausheulen kann, jetzt,
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