Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
ausgewählt hat, gefallen wird, es sei denn nach dem Fall.«
Mit dem ersten Auftreten von Adam und Eva macht Milton seinen Lesern unmißverständlich klar, wie Gott das Verhältnis der Geschlechter geordnet hat. Die beiden waren einander »nicht völlig gleich«, schreibt er, »sondern wie ihre Bildung einigermaßen unterschieden, also er zum Nachsinnen und zur Dapferkeit gestaltet, sie zur Sanftmut, und süßen, reizenden Hulde; er allein für Gott, sie für Gott in ihm. Seine schöne breite Stirne, und seine erhabene Augen zeugeten von seiner vollen Macht und Herrschaft, und sein hyazinthenes Haar hing von seinem geteilten Scheitel in männlichen Locken hinunter, doch nicht unter die Schultern. Sie trug ihre güldenen Zöpfe ohne Aufsatz und los, wie einen Schleier, der bis auf die dünnen Hüften herunterfiel, in stolze Ringlein geschlungen, wie der Weinstock seine zinkigten Gabeln krauset, zu einem deutlichen Beweise ihrer Untertänigkeit, die von ihm mit einem sanften Liebkosen gefodert, und, wenn sie erhalten worden, auf das beste aufgenommen; mit einem züchtigen Sträuben, sittsamen Stolz, und sanftwiderstrebenden Verzögern, das die Liebe aufwecket, erhalten werden mußte.«
Diese Ungleichheit ist der Hebel, bei dem die Schlange ansetzt. In einem ersten Verführungsschritt erweckt sie Eva zum Bewußtsein ihrer selbst, hemmungslose Schmeicheleien und das Locken mit der Macht des Wissens besiegeln ihren Fall. Auf dem Weg zurück zu Adam denkt sie über ihr weiteres Vorgehen nach. Soll sie mit Adam teilen und ihm von ihrer Veränderung erzählen? »Oder lieber nicht? Soll ich nicht vielmehr den Vorteil, den mir die Wissenschaft gibt, für mich alleine behalten? Damit ich auf diese Weise ersetze, was dem weiblichen Geschlechte fehlet, ihn desto mehr mit Liebe gegen mir entzünde, und mich ihm gleicher mache, oder ihm gar zuweilen überlegen werde: Wer wollte dieses nicht verlangen? Denn wie ist der frei, der geringer ist?«
Mit List und dem Einsatz ihrer körperlichen Reize, den Waffen einer Frau eben, verführt sie den armen Adam. Der Dichter zeigt sich unangenehm berührt von ihrer Verschlagenheit. Von Luzifers dunkler Größe keine Spur!
Eva war die Betrogene. Ihre Hoffnung, Adam gleicher zu werden, hatte sich nicht erfüllt. Aber die Kränkung über die Zurücksetzung steckt den Evastöchtern seitdem als Stachel im Fleisch. »Denn wie ist der frei, der geringer ist?«
* * *
Remember the Ladies , hatte Abigail Adams am 30. März 1776 ihren Mann gemahnt, der in Philadelphia mit seinen Kollegen die Unabhängigkeitserklärung von England vorbereitete. Amerika werde ja jetzt ein neues Gesetzbuch brauchen, und sie wünsche sich sehnlichst, daß er und seine Mitstreiter sich den Frauen gegenüber großzügiger und wohlwollender zeigen würden, als ihre Vorfahren. »Denkt an die Frauen! Gebt ihren Männern nicht unbegrenzte Macht. Denkt daran, alle Männer wären Tyrannen, wenn sie könnten [ 47 ] !« Was ihr Gesetzbuch angehe, könne er nurlachen, schrieb John zurück. Zwar habe man ihnen schon gesagt, »daß ihr Kampf überall die Bande der Herrschaft gelockert habe – daß Kinder und Lehrlinge ungehorsam seien – daß auf Schulen und Universitäten Unruhe herrsche – daß Indianer ihre Schutzherren beleidigten und Neger zunehmend unverschämt zu ihren Herren seien. Aber Dein Brief war die erste Andeutung, daß ein weit größerer und mächtigerer Stamm als alle übrigen unzufrieden geworden sei. Du kannst Dich darauf verlassen, daß es uns nicht einfällt, unser männliches System außer Kraft zu setzen.«
Auch die Väter der neuen französischen Verfassung hatten nicht im Traum daran gedacht. Wieder waren die Frauen die Betrogenen.
Mary legte Protest ein. A Vindication of the Rights of Woman! Ihre Streitschrift wurde ein internationaler Erfolg und machte sie mit einem Schlag berühmt. Abigail Adams las das Buch mit Zustimmung und Bewunderung. Als John sie spöttisch als disciple von Wollstonecraft bezeichnete, verbesserte sie das disciple zum bescheideneren pupil . Eine Anspielung auf die Lehrerin von Newington Green ?
Noch im gleichen Jahr erschien eine französische Übersetzung. Ein Exemplar der Vindication hatte Mary an Christian Gotthilf Salzmann nach Schnepfenthal geschickt, den Verfasser des Moralischen Elementarbuchs , das sie übersetzt hatte. Sie hoffte, daß er nun im Gegenzug für die Einbürgerung ihres Buchs in Deutschland sorgen würde. Salzmann erklärte sich auch wirklich dazu
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