Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
erlosch.«
Sehr wahrscheinlich war auch Georg Forster bei diesem Ausflug dabei und wie Magdalena ein eifersüchtiger Zuschauer des »erotischen Deliriums«, das vielleicht nur ein angeregtes Gespräch gewesen sein mag. Gegenliebe hat er bei Mary nicht gefunden, aber sie wird sicher über die Bekanntschaft mit einem der beiden berühmten Forsters erfreut gewesen sein, deren Reiseberichte sie kannte und schätzte. In ihrer Vindication hatte sie Johann Reinhold als Kronzeugen gegen die Vielweiberei zitiert.
»Er bemerkt, daß unter Tieren verschiedenen Geschlechts immer dasjenige von beiden Geschöpfen, welches das kraftvollste und feurigste ist, bei der Fortpflanzung den Vorzug behauptet, und des jungen Tiers Geschlecht entscheidet, und setzt hinzu: ›Wenn man dies auf die Bewohner von Afrika anwendet, so ist klar, daß dort die Männer, an Polygamie gewöhnt, durch den Gebrauch so vieler Weiber geschwächt werden, und daher nicht so munter und kraftvoll bleiben können. Die Weiber sind hier von einem hitzigern Temperamente, nicht bloß deswegen, weilsie an und für sich schon reizbarere Nerven, eine empfindlichere Organisation und eine lebhaftere Phantasie besitzen, sondern auch aus dem Grunde, weil einer jeden derselben bei dieser Art von Ehe, in welcher sie leben, ein so großer Teil von physischer Liebe entgehen muß, welcher ihr ganz allein zukommen würde, wenn jeder Mann nur Eine Frau hätte; und so werden denn, aus den oben angeführten Gründen, in der Regel mehr Mädchen geboren.‹«
Ein Amerikaner in Paris
Gilbert Imlay, neununddreißig Jahre alt, gebürtig aus New Jersey.
Er hat im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg auf seiten der Aufständischen gekämpft. Die Regimentslisten weisen ihn als Leutnant aus, er selbst allerdings unterzeichnet stets als Captain. Nachdem er den Militärdienst 1778 verlassen hat, beginnt seine Jagd nach dem Glück, das er auf krummen Wegen erhaschen will, als Schmuggler, Schwarzhändler, Wechselbetrüger. Haftbefehlen, die gegen ihn erlassen werden, entzieht er sich durch Flucht. Etwas später spüren ihn seine Biographen im kaum erschlossenen Ohio-Tal auf, wo er in undurchsichtige betrügerische Landspekulationen verwickelt ist, zeitweise in enger Verbindung mit Daniel Boone, dem James Fenimore Cooper später in seinen »Lederstrumpf«-Romanen ein romantisch verklärtes Denkmal setzte. Er verkauft Grundstücke, die ihm gar nicht gehören, und steigt in den Handel mit Sklaven ein. Betrüger und Hochstapler sind liebenswürdige Verbrecher. Weil er überall den besten Eindruck macht und das Vertrauen einflußreicher, vermögender Männer gewinnt, geht das bemerkenswert lange gut. Schließlich aber wird ihm der Boden doch zu heiß. Er setzt sich nach Europa ab. 1791 taucht er in London auf – als Schriftsteller. Seine Fähigkeit, »sich bei prominenten Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft beliebt zu machen und wie einChamäleon die Lokalfarbe seiner neuen Umgebung anzunehmen«, zeigt sich erneut.
Die Topographical Description of the Western Territory of North America , die um die gleiche Zeit wie Mary Wollstonecrafts Vindication erscheint, schildert Kentucky – dessen Erschließung durch weiße Siedler während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges begann – als real existierendes Utopia, reich an Naturschönheiten und Ressourcen, ein Land unbegrenzter Möglichkeiten, der Freiheit, der Unschuld, des Glücks. Leser und Kritiker sind fasziniert.
Auch in Johnsons Analytical Review erscheint eine längere Besprechung, übrigens unmittelbar vor einer kurzen Anzeige von Helen Maria Williams' zweiten Letters from France . Man weiß nicht, wer sie schrieb. Janet Todd, die Marys (mutmaßliche) Kritiken im siebenten Band ihrer Wollstonecraft-Werkausgabe gesammelt hat, glaubt offenbar (in beiden Fällen) nicht an ihre Verfasserschaft. Doch zumindest in ihrer Eigenschaft als Redakteurin der Analytical Review könnte Mary daran mitgewirkt haben. Es ist schon auffällig, wie begeistert der anonyme Rezensent die männlichen Tugenden des Verfassers der Topographical Description preist!
»Mr. Imlay, der Verfasser des vorliegenden Werkes, hat den größten Teil seines Lebens im Inneren Amerikas verbracht, seine Kenntnis der dortigen gesellschaftlichen Verhältnisse steht also außer Frage. Seine Empfindungen sind kühn und kräftig, seine Verachtung der europäischen Verfeinerung tritt überall in seinem Werk hervor, und seine Ansichten sind die eines Mannes, der
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