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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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spielten, ironisch und ernsthaft zugleich. Ich Captain Arlington – Du Caroline. Weil Imlay Lovelace spielte, merkte sie nicht, daß er Lovelace war.
    »Als ich eintrat, erhob er sich, bot mir einen Stuhl an undfragte mich nach meinem Befinden. ›Da Sie unpäßlich waren‹, sagte er, ›wird die Hitze sehr wahrscheinlich einen Rückfall verursachen‹. In diesem Moment fing ich einen Blick von ihm auf, der die lebhafteste Zärtlichkeit ausdrückte. Eine Träne des Mitgefühls hing in seinen langen Wimpern. Und als ich mich hingesetzt hatte, drückte er sanft meine Hand. Es war zuviel für mich, meine ganze Seele schien gegen den Despotismus der Selbstbeherrschung zu rebellieren, und es war mir nicht möglich, meine Gefühle zu verbergen.«
    Imlay wickelte Mary mit seinen Phantasien ein. Komm mit mir ins Land der Liebe und Freiheit! Sie machten Pläne für eine gemeinsame Zukunft in Bellefont, der Muster-Kolonie, dem Ideal eines Commonwealth im kleinen, wo sie eine Familie gründen und ein zugleich natürliches und kultiviertes Leben führen würden. Imlay hatte schon alles genau bedacht und vermessen, zweihundertsechsundfünfzig Quadratmeilen, aufgeteilt in zweihundertsechsundfünfzig Grundstücke (er selbst besitze schon eins, versicherte er); dazu öffentliche Gebäude, eine Kirche, ein Rathaus. (Wahlberechtigt sollten nur Männer sein.) Freunde und Verwandte sollten zu ihnen stoßen, Joel und Ruth Barlow, Marys Bruder Charles, die Schwestern Everina und Eliza …
    Während sie so schwärmten, verwandelte sich Paris immer mehr in ein Gefängnis. Nie war man vor Kontrollen und Durchsuchungen sicher. Außen an den Häusern waren die Namen der Bewohner angeschlagen. Um die Stadt verlassen zu können, brauchte man einen Paß, und der war schwer zu bekommen. Die Lage für feindliche Ausländer spitzte sich zu.
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    [ 42 ]  ein hoher schwarzer Filzhut, der Vorläufer des Zylinders, den damals Frauen und Männer trugen.
    [ 43 ]  eine Metapher für den menschlichen Schädel.
    [ 44 ]  deren Augen voll unbefriedigter Intelligenz und unbefriedigter, flehender Zuneigung waren (so George Eliot über ihre Heldin Maggie Tulliver in The Mill on the Floss).
    [ 45 ]  ›Liebes, enthusiastisches Geschöpf‹, flüsterte Henry, ›wie du dich in meine Seele stiehlst.‹
    [ 46 ]  Singe, himmlische Muse, von dem ersten Ungehorsam des Menschen, und von der verbotenen Frucht, die mit dem Verlust Edens das Elend und den Tod in die Welt gebracht hat, welche allda herrschen sollten, bis daß ein größerer Mensch uns zu Hülfe käme, und den glückseligen Sitz für uns wieder eroberte.
    [ 47 ]   All men would be tyrants if they could. (Daniel Defoe)
    [ 48 ]  Die Franzosen, für die Schönheit auch etwas mit Geist zu tun hat, geben Weibern von dreißig den Vorzug.
    [ 49 ]  der Verführer aus Richardsons Roman Clarissa .

Ans Herz geflochten
    Unter der sichtbaren Strenge der republikanischen Sitten, unter den Schrecken und den Tragödien des Schafotts sind das Weib und die Liebe die Könige von 1793.
    Jules Michelet
 
    Im Juni, nach der Verhaftung der Girondisten, verläßt Mary Paris und geht nach Neuilly, heute ein teures Prominentenviertel von Paris, damals ein Dorf außerhalb der Stadt. Monsieur Filliettaz, ihr Pariser Hauswirt, hat ihr sein Gartenhäuschen überlassen, mitsamt dem alten Gärtner, der es bewohnt und nun »für sie auch die meisten Dienste einer Magd verrichtete, ja sogar manchmal mit ihr um die Ehre kämpfte, ihr Bett machen zu dürfen. Er hegte eine große Verehrung für seine Mieterin und setzte ihr, wenn sie allein war, gerne Trauben der feinsten Sorte vor, die sie aber, sobald sie Besuch hatte, nur mit der größten Anstrengung von ihm erlangen konnte.«
    Sie hatte oft Besuch.
    Gewöhnlich erwartet Mary Imlay an der Barrière de Neuilly, der größten und wichtigsten der über fünfzig Zollschranken an der Stadtmauer von Paris. Sie erkennt ihn schon von weitem, an dem leichten Hinken, das ihm von einer Kriegsverletzung geblieben ist. Zwischen dem Zollhaus und Neuilly lag der Bois de Boulogne, beliebter Ausflugsort der Pariser, Versteck für Verbrecher, Verfolgte, Liebende. Für Mary war er der Garten der Zauberin Armida, ein Ort weltvergessener Liebeslust, die sie verwandelte. William Godwin hat dafür ein unvergeßliches Bild gefunden.
    »Mit dem Wechsel ihres Schicksals schien sich auch in ihrem Charakter ein vollkommener Umschwung zu vollziehen. Ihre Sorgen, der Druck, der vorher auf ihrem Geist

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