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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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gelastet hatte, waren vergessen, und jugendliche Frische und Lebhaftigkeit kehrten wieder. Sie war wie eine Schlange zwischen Felsenspalten, die ihre Haut abwirft und wieder erscheint glatt, glänzend und beweglich wie in ihrem glücklichsten Alter.

    31  Paris, Champs-Élysées mit der Barrière de Neuilly.
Stich, um 1800.
    Sie war heiter und voll Vertrauen, Güte und Liebe. Ihre Augen bekamen neuen Glanz und ihre Wangen neue Farbe und Lieblichkeit, ihre Stimme nahm einen frohen Klang an, und ihr ganzes Wesen strömte über von Güte. Jeder, der sie damals kannte, muß sich ihres Lächelns von bezaubernder Schönheit erinnern, das von Tag zu Tag mehr ihr Angesicht erhellte und das ihr Herz und Seele aller gewann, die ihr begegneten.
    Mary vertraute sich einem Mann an, von dessen Ehre und Grundsätzen sie die höchste Vorstellung hatte. Sie hegte eine innige Zuneigung, der Beschränkung aufzuerlegen sie nicht notwendig fand. Und ein Herz wie das ihre war nicht dazu gemacht, um halbe Liebe zu nähren. Ihr Vertrauen war vollkommen, ihre Zärtlichkeit schrankenlos. Zum erstenmal in ihrem Leben ließ sie dem Strom ihrer Gefühle freien Lauf.«
    * * *
    »Montag, nach Mitternacht.
    Ich gehorche meinem Herzen, das mich dazu treibt, Dir, mein Liebster, noch eine gute Nacht zu wünschen, bevor ich mich zur Ruhe begebe. Du kannst Dir kaum vorstellen, mit welcherFreude ich an den Tag denke, an dem wir fast schon damit beginnen, zusammenzuleben; und Du würdest lächeln, wenn Du hörtest, wie viele Pläne ich im Kopf habe, nun, da ich zuversichtlich bin, daß mein Herz an Deiner Brust Frieden gefunden hat. – Liebe und hege mich mit der achtungsvollen Zärtlichkeit, die ich nur bei Dir gefunden habe, und Dein, ganz Dein liebes Mädchen wird versuchen, die rasche Lebhaftigkeit zu zügeln, die Dir manchmal Schmerz bereitet hat – Ja, ich will gut sein, damit ich verdiene, glücklich zu sein; und solange Du mich liebst, kann ich nicht wieder in den elenden Zustand zurückfallen, der mir das Leben zu einer fast unerträglichen Bürde werden ließ.
    Aber gute Nacht – Gott schütze Dich! Sterne sagt, daß das ebensogut ist wie ein Kuß, aber glühend vor Dankbarkeit gegen den Himmel und Zuneigung (affection) für Dich würde ich Dir den Kuß lieber noch dazugeben. Ich liebe das Wort affection , weil es etwas Dauerndes [ 50 ] bedeutet; und wir werden uns bald treffen und ausprobieren, ob wir Verstand genug haben, unsere Herzen warm zu halten
    Mary
    Ich werde morgen früh kurz nach zehn Uhr an der Schranke sein.«
    * * *
    Von Neuilly aus war Mary einige Male in Paris gewesen, um Freunde zu besuchen. Bei einem dieser Besuche war sie unmittelbar nach einer Massenhinrichtung am Richtplatz vorbeigekommen, »wo sich das frische Blut noch von der Guillotine auf das Pflaster ergoß. Das Entsetzen, das sie bei diesem Anblick erfaßte, hatte sich damals in entrüsteten Ausrufen Luft gemacht, so daß ein kluger Zeuge dieses Auftritts sie vor der Gefahr warnte, in die sie sich stürzte, und ihr anriet, schnell vorüberzugehen und ihre Gefühle zu verbergen.«
    Im September mußte Mary ihr ländliches Refugium verlassen und in die Stadt zurückkehren. Nachdem die französischeRegierung die Verhaftung aller feindlichen Ausländer verfügt hatte, nahm Imlay sie unter seinen Schutz und ließ sie bei der amerikanischen Botschaft als seine Ehefrau registrieren. »Nun betrachtete sie sich als sein Weib.« In Saint Germain-des-Prés nahmen sie eine gemeinsame Wohnung. Ihre Liebe wohnte nun Tür an Tür mit dem Tod.
    Viele von Marys Freunden und Bekannten saßen im Gefängnis, viele verloren ihr Leben.
    Einer Freundin sagte sie, »daß es keine Worte gebe, um die Gefühle zu beschreiben, die die Szenen, deren Zeuge sie in Frankreich wurde, in ihr hervorriefen – es war eine Art unaufhörlichen Schreckens. Sie war allein, als Imlay hereinkam und sagte: ›Du hast wahrscheinlich schon das Neueste von heute gehört?‹ ›Was ist es? Hat man Brissot hingerichtet?‹ ›Nicht nur Brissot, sondern die einundzwanzig ‹. Sofort sah sie die Gesichter einiger Bekannter vor sich, die ihr in jüngster Zeit lieb geworden waren und sank ohnmächtig zu Boden.«
    Magdalena Schweizer, die verwöhnte Gesellschaftsdame, riskiert ihr Leben für die Rettung Gefangener und übt das gefaßte Sterben. »Nächtlicher Weile begibt sie sich auf den Grèveplatz und zählt die Stufen der Guillotine, um nicht zu wanken, wenn die Reihe an sie kommt.«
 
    »Vergessen Sie

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