Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
Versöhnung. Auf seinen dringenden Wunsch behielt sie den Namen Imlay bei, den er ihr kurz vorher noch streitig gemacht hatte.«
Während eines längeren Aufenthaltes bei Freunden auf dem Land fand Mary endlich die Kraft, sich von ihm zu lösen. Am Ende ihres nach vielen letzten Briefen nun wirklich letzten Briefs nahm sie mit versöhnlichen Worten Abschied von ihrer großen Liebe. »Es ist seltsam, daß trotz allem, was Du tust, mich so etwas wie Überzeugung zwingt zu glauben, daß Du nicht bist, was Du zu sein scheinst. Ich scheide von Dir in Frieden.«
Skandinavische Reise
»Reisebeschreibungen oder Memoiren verfassen ist schon immer eine angenehme Beschäftigung gewesen, denn Eitelkeit oder ein gefühlvolles Herz machen sie jederzeit interessant. Beim Schreiben dieser flüchtig hingeworfenen Briefe fand ich es unvermeidlich, beständig die erste Person – der kleine Held jedes Geschichtchens – zu sein. Ich suchte diesen Fehler, wenn es einer ist, zu umgehen, denn sie waren zum Druck bestimmt; in dem Maße aber, wie ich meine Gedanken ordnete, wurden meine Briefe steif und affektiert. Ich beschloß daher, meinen Bemerkungen und Reflexionen freien Lauf zu lassen, da ich erkannte, daß ich nur eine richtige Beschreibung von dem, was ich sah, geben könnte, wenn ich die Wirkung, die verschiedene Gegenstände auf meinen Geist und meine Gefühle gemacht hatten, wiedergab, während der Eindruck noch frisch war.«
Es ist staunens- und bewundernswert, wie Mary Wollstonecraft es immer wieder fertigbrachte, Energien zu einem Neuanfang zu mobilisieren. Anfang Oktober 1795 war sie bewußtlos aus der Themse gezogen worden. Nur drei Monate später, im Januar 1796, veröffentlichte sie bei Johnson ein Buch über die skandinavische Reise, die diesem Akt der Verzweiflung vorausgegangen war: Letters Written During a Short Residence in Sweden, Norway, and Denmark. Begonnen hatte sie mit dem Schreiben schon unterwegs und die Arbeit nach ihrer Rettung wieder aufgenommen.
Die skandinavische Reise hatte ihr nach ihrem ersten Suizidversuch zunächst wieder neuen Lebensmut gegeben und sie dann an die Schwelle des Todes zurückgeführt. Nun fand sie durch die Beschreibung der Reise, die diese Gefühlskurve nachzeichnet, wieder zurück ins Leben.
Im achten Reisebrief treffen wir Mary in dem kleinen Küstenstädtchen Tønsberg, ehemals Residenz der norwegischen Könige, dessen schöne Umgebung sie entzückt und beglückt. »Hier bin ich oft umhergestreift, als Gebieterin der Einöde, wo selten ein menschliches Geschöpf mir begegnete. Zuweilen habe ich mich auch unter dem Obdach eines Felsens auf weiches Moos gebettet, lullte das Gemurmel der See zwischen den Kieseln mich in den Schlaf – unbesorgt, daß irgendein roher Satyr sich nähern möge, meine Ruhe zu stören. Balsamisch war der Schlummer und lieblich die kühlen Lüfte, die mich erquickten, wenn ich erwachte, um mit neugierigem Blick die weißen Segel zu verfolgen, wie sie um die Klippen herumfuhren oder unter den Tannen Schutz zu suchen schienen, mit denen die kleinen reizenden Inseln bedeckt sind, die den furchterregenden Ozean so sehr verschönern. Die Fischer warfen ruhig ihre Netze aus, während die Seegänse über der ungekräuselten Tiefe umherflatterten. Alles schien im Einklang mit der allgemeinen Ruhe. Mit welchem unaussprechlichem Vergnügen schaute ich da umher – und schaute wieder, fast atemlos – meine ganze Seele ward Teil der Landschaft.«
Täglich spaziert sie zu einer Quelle, trinkt deren Wasser und wird zusehends gesünder und kräftiger. Dazu trägt auch die »Entdeckung eines neuen Vergnügens bei«.
»Ich wollte mir meine Nähe bei der See zunutze machen und baden; aber in der Nähe der Stadt war es nicht möglich, weil keine Anstalt dazu da war. Eine junge Frau erbot sich, mich über das Wasser zwischen die Felsen zu rudern. Da sie aber schwanger war, bestand ich darauf, eines der Ruder selbst zu nehmen und so rudern zu lernen. Es war nicht schwer, und ich kenne keine angenehmere Bewegung. Bald hatte ich ausgelernt, undmein Gedankengang folgte nun gleichsam dem Takt der Ruder, oder ich ließ das Boot durch den Strom forttreiben, während ich mich einer angenehmen Vergessenheit überließ, oder trügerischen Hoffnungen! – Ach, und wie trügerisch! Und doch, ist man ohne Hoffnung, was erhält einen am Leben, wenn nicht die Angst vor der Vernichtung – das einzige, wovor ich mich fürchte. Ich kann die Vorstellung nicht ertragen,
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