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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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erwarten konnte. »Mary war wie der Ritter, der aus Liebe zu seiner Dame eine Reihe von schweren Prüfungen besteht – nur daß in diesem Szenario eine Frau für den Helden der Romanze stand – und für ein solches Phänomen gab es keine Belohnung.«
    Zwar hatte Imlay ihr in London eine Wohnung gemietet, »vernachlässigte sie aber derart, daß sie trotz seiner Beschwichtigungsversuche die Wahrheit erkennen mußte«. Mary fand schnell heraus, daß er inzwischen mit seiner neuen Geliebten zusammenlebte. »Die Todesqual ihres Herzens machte sie unerschrocken und gab ihr eine Art verzweiflungsvoller Ruhe. Sie beschloß, sich in die Themse zu werfen.«
    Auch dieser zweite Selbstmordversuch mißlang. Ihr Sprung ins Wasser war beobachtet worden, ein Boot fischte sie ein paar hundert Meter weiter auf und brachte sie in die Duke's Head Tavern in Fulham, wo sie schnell wiederbelebt werden konnte. Imlay schickte einen Arzt, und »auf seinen Wunsch« suchte und fand sie eine Zuflucht bei Thomas Christie, mit dessen Frau sie sich gut verstand. Etwa vierzehn Tage später meldete die Londoner Times die Rettung einer »elegant gekleideten Lady«, die erklärt habe, daß der Grund dieses Aktes der Verzweiflung »das brutale Verhalten ihres Ehemannes« gewesen sei.
    Godwin berichtet, Imlay habe Mary versichert, »daß sein gegenwärtiges Liebesverhältnis ein zufälliges und bloß sinnliches sei, und daß es nur an ihr liege, wieder mit ihm zu leben«. Das habe sie zu einem »ungewöhnlichen Entschluß« gebracht.
    »Sie sagte ungefähr das folgende zu Imlay:
    ›Wenn wir wirklich wieder miteinander leben sollen, so muß es gleich sein. Wir vereinigen uns jetzt oder wir trennen uns für immer. Du sagst, daß du das Verhältnis, das du eingegangen bist, nicht plötzlich abbrechen kannst. Es wäre aber meines Mutes und meines Charakters unwürdig, durch ungewisse Zeit auf die Lösung dieses Verhältnisses zu warten. Es muß zu einer Entscheidung kommen. Darum erkläre ich mich bereit, mit dir und der Frau zu leben, zu der du dich gesellt hast. Ich halte es für wichtig, daß du dich daran gewöhnst, für dein Kind als Vater zu fühlen. Weist du aber diesen Vorschlag zurück, dann ist es zwischen uns für immer aus. Dann bist du frei. Wir werden dann weder Briefe wechseln, noch sonst irgendwelche Berührungen. Dann will ich für immer frei sein‹.«
    Imlay sei tatsächlich zunächst auf diesen sonderbaren und unverständigen Vorschlag eingegangen und habe sogar mit ihr zusammen ein Haus besichtigt, das sie mieten wollte. Dann aberhabe er einen Rückzieher gemacht und sei mit seiner Geliebten für ein Vierteljahr nach Paris verschwunden. Als sie ihn nach seiner Rückkehr treffen wollte, weigerte er sich mit harschen Worten, sie wiederzusehen. »So sehr aber auch eine solche Antwort Mary empörte, so bedeutete sie doch immer noch nicht den endgültigen Abschluß der Sache.«
    Etwa zwei Wochen später »traf es sich, daß Mary eines Abends zu Christies kam, als sich Imlay eben im Empfangszimmer befand. Dort hatte sich eine größere Gesellschaft zusammengefunden. Mrs. Christie, die Marys Stimme hörte, eilte ihr entgegen, um sie von seiner Anwesenheit zu verständigen und ein Eintreten zu verhindern.« Aber wie Godwin aus eigener Erfahrung wußte: »Mary liebte es nicht, sich Vorschriften machen zu lassen.
    Wie sie mir später gesagt hat, hielt sie es mit ihrer Würde für unverträglich, wie beschämt zurückzuweichen vor einem Manne, durch den sie sich beleidigt wußte. Festen Schrittes trat sie mit ihrem Kinde, das sie bei sich hatte, ein, näherte sich Imlay und setzte das Kind, das nun fast zwei Jahre zählte, auf die Knie seines Vaters. Dieser zog sich mit Mary in ein anderes Zimmer zurück und versprach ihr, sie am nächsten Tag aufzusuchen. Während des Zusammenseins sprach er sehr freundlich zu ihr und war bemüht, ihre Verzweiflung zu besänftigen. Getrennt von ihr konnte er sich so betragen, daß sie es als gefühllos empfand, in ihrer Anwesenheit aber verschwand ihm immer wieder alle Härte.
    Mary war in der Verfassung, um gierig nach jedem Hoffnungsschimmer zu haschen, und die Liebenswürdigkeit seines Betragens empfand sie wie einen Sonnenstrahl, der vergangenes Glück neu zu erwecken schien. Einen Augenblick lang überließ sie sich trügerischen Illusionen, und selbst nachdem der Rausch verflogen war, verweilte sie noch mit schmerzvollem Blick auf dem aus Luft geformten und körperlosen Bilde einer neuerlichen

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