Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
einem Komplott zur Invasion Irlands beteiligt gewesen seien. Das Gericht ist gnädiger und spricht William Stone frei.
Die englischen Zeitungsberichte, die ausführlich aus den inkriminierenden Briefen zitieren, führen dazu, daß John Hurford Stone wenig später in Paris verhaftet wird – ironischerweise als mutmaßlicher Agent und Spion der englischen Regierung.
Im Sommer ist er wieder auf freiem Fuß, wie wir von einem politischen Freund wissen. Theobald Wolfe Tone hält sich unter dem Namen James Smith schon seit einigen Monaten in Paris auf. St. Patricks's day. Dined alone in the Champs Elysées. Sad! Sad! notiert er am 17. März in sein Tagebuch. Als Abgesandter der irischen Unabhängigkeitsbewegung, der United Irishman , will er die französische Regierung – das sogenannte Direktorium – dazu bringen, eine angeblich unmittelbar bevorstehende Revolution mit einer Invasion zu unterstützen. Frankreich schickte wirklich Schiffe und Truppen an die irische Küste, aber das Unternehmen, wie dann noch zwei weitere dieser Art, endete desaströs. Auch für Wolfe Tone selbst und seinen Mitverschwörer Lord Edward Fitzgerald, den John Hurford Stone in Paris mit der schönen Pamela bekannt gemacht hatte.
Aber das liegt alles noch in der Zukunft, als Wolfe Tone amAbend des 19. Juli mit einem Bekannten in Paris herumzieht. »Als wir durch die Tuilerien gingen, wer lief uns da full plump über den Weg? Niemand anders als mein alter Freund Stone aus Hackney, der mit Helen Maria Williams, der Verfasserin der Briefe über Frankreich, unterwegs war. Ich fühlte mich ziemlich ertappt, denn ich bin Stone seit meiner Ankunft aus dem Weg gegangen, nicht, weil ich irgend etwas wüßte, das gegen ihn spricht, sondern um mein Incognito zu wahren.« Er mußte ihm versprechen, am nächsten Tag bei ihm vorbeizuschauen, und legte sich eine Geschichte zurecht, die er Stone erzählen wollte, um seine Anwesenheit in Paris zu begründen: »Die Wahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit.« Am 23. Juli dinierte er dann sehr angenehm mit Stone und Helen. Sie unterhielten sich nur über englische Politik. »Stone war sehr derb und offen heraus, aber H . M . Williams völlig Jane Bull«, also wohl ladylike auf Anstand bedacht. Das war nicht Wolfe Tones Stil, aber er tat sein Bestes. »Ich war ziemlich gesittet und angenehm.«
In die neuen irischen Umsturzkomplotte war Stone offensichtlich nicht eingeweiht, aber er träumte weiter von »Freiheit überall in der Welt« (wie wir uns heute überall Demokratie wünschen), besonders aber in seiner englischen Heimat – und in der Schweiz, deren »tyrannische Oligarchien« Helen in ihrem neuen Reisebuch kritisierte: A Tour in Switzerland, or, A View of the Present State of the Government and Manners of those Cantons: with Comparative Sketches of the Present States of Paris. Die Erfüllung dieser Hoffnungen knüpfte sich für ihn und Helen nun an das militärische Genie Napoleons, der nach den Plänen der französischen Regierung demnächst einen Einfall in England befehligen sollte. Peinlicherweise erfuhr die englische Öffentlichkeit davon.
Im Februar 1798 schreibt Stone an Joseph Priestley, der inzwischen in Amerika lebt. Seine Einschätzung der politischen Lage und Entwicklung ist superoptimistisch, wie bei ihm gewohnt. Die englische Invasion und ihr Erfolg sind für ihn schon ausgemacht; die Schweizer Kantone seien unter französischem Einfluß dabei, sich zu einer auf den Menschenrechten gründendenhelvetischen Republik zu entwickeln (nachzulesen in Miss H . M . Williams' neuem Buch, das gerade in London veröffentlicht werde), und »der Geist der Gleichheit, der über die Alpen zurückgekommen ist, hat auch den Rhein erfaßt«. Mainz ist inzwischen wieder in französischer Hand. Auch die wirtschaftliche Lage in Frankreich habe sich nach dem Staatsstreich vom 18. Fructidor (dem 4. September 1797) dank der Rückkehr zu jakobinischen Methoden äußerst positiv entwickelt. Helen fügte ein kurzes, politisch unverfängliches Brieflein bei.
Doch das (neutrale) dänische Schiff, das ihre Post nach Amerika bringen sollte, wurde abgefangen. Bei der Durchsuchung entdeckte man die Briefe und lancierte ihre Veröffentlichung, begleitet von einem »giftigen Vorwort und ebenso giftigen Anmerkungen« aus der Feder des Journalisten William Cobbett, der sich auch Peter Porcupine nannte. »Mr. J . H . Stone ist der Bruder der Person, die vor zwei Jahren von der Anklage einer verräterischen
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