Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
Korrespondenz mit Frankreich freigesprochen wurde. … Von der Dame muß man nicht mehr wissen als das, was schon öffentlich bekannt ist.« Auch Priestley bekam natürlich seinen Teil ab.
Wasser auf die Mühlen des Journals mit dem programmatischen Titel The Anti-Jacobin , das sich mit besonderer Rachsucht der weiblichen Freiheitsfreunde annahm.
»Dann kam Maria Helen Williams Stone,
Sie saß auf einem Geißbock mit bärtigem Kinn;
So manchen Band hat sie geschrieben;
Das faule Weibsstück hätte besser spinnen gelernt.
Eine philantropische Sünde gefällt ihr sehr,
Die Hurerei genannt wird, und von ihr begangen wird;
Und sie hat keinen Funken Schamgefühl
Und lacht über den Satan und den brennenden Schlund;
Oh meine Dame, eines Tages werden Sie seine Wahrheit kennen!«
* * *
»Arme Helen Williams. Wir hören nichts von ihr. – Ich denke, sie wird niemals wieder nach Old England zurückkommen können. – Was für eine Verbindung es auch zwischen ihnen gegeben haben mag, ob eine politische, eheliche oder salammoniakalische, ich wage zu sagen, daß sie jetzt froh wäre, wenn sie jetzt als Helen Enots unterschreiben, das heißt die ganze Angelegenheit umkehren könnte.«
Helen und Stone kehrten tatsächlich nicht mehr nach England zurück. Jane Bull hat an der Verstoßung aus ihrer Heimat sehr gelitten. Erst 1817 beantragten und erhielten sie und Stone die französische Staatsbürgerschaft, nicht lange vor dessen Tod. Er wurde auf dem Friedhof Père Lachaise beigesetzt. Der Stein, den Helen für ihn errichten ließ, rühmt ihn als champion éclairé de la liberté [aufgeklärten Vorkämpfer der Freiheit]. Sie überlebte ihn um zehn Jahre. Nach ihrem Tod am 15. Dezember 1827 fand sie neben ihm ihre letzte Ruhestätte.
Hat Helen im Leben je bei ihm gelegen? Sie selbst hat es abgestritten und (in einem Brief an Penelope Sophia Pennington) schon fast verzweifelt, mit Anrufung des Himmels als Zeugen, ihre Personal Purity beteuert. Um so schlimmer, hätte Mary Wollstonecraft gesagt. »Der berüchtigte Mr. Stone, ein verheirateter Mann, der seine Frau vertrieben und grausam mit ihr umgesprungen ist, lebt mit Helen in tugendhafter, philosophischer, platonischer Freundschaft«, schrieb ein englischer Publizist. Vielleicht war sie ja wirklich von unerschütterlicher Standhaftigkeit, wenn nicht, hätte sie das wohl noch unter Folter abgestritten.
Wie wir hören, lebten sie in eigenen Wohnungen (Helen immer mit der Mutter und Persis), aber in einem Haus. Es paßt zu dieser zwischen Nähe und Distanz ausbalancierten Beziehungsarchitektur, daß Helen jungfräulich zu Kindern kam. Nach dem frühen Tod ihrer Schwester Cecilia vertrat sie Mutterstelle an deren kleinen Söhnen Athanase und Charles, die sie im Alter finanziell unterstützten.
Ihren Salon führte sie weiter. Jeden Sonntagabend, zeitweiseauch öfter, empfing sie Besucher aus Kultur, Politik und Wissenschaft. Ein vielbändiges, durch Fülle und Glanz der Namen beeindruckendes Gästebuch, das aufzuschlagen ich mir versagen muß. Während Helen als dauerlächelnde Gastgeberin auftrat, hielt sich Stone im Hintergrund.
* * *
Die Freundschaft zwischen Helen und Stone hatte ein festes Fundament in gemeinsamen Überzeugungen und einem gemeinsamen Geschäftsprojekt, der Verlagsdruckerei, deren Gründung im Zeichen der Revolution gestanden hatte. Nach der Machtergreifung Napoleons, der das Ende der Revolution verkündete und die Zensur einführte, traten politische Veröffentlichungen naturgemäß immer mehr in den Hintergrund. Helen trug zum Programm vor allem mit Übersetzungen bei; sie starteten eine Reihe mit populären englischen Romanen, publizierten Reisebeschreibungen und philosophische Abhandlungen wie Volneys Ruinen . Die English Press druckte aber auch die Steuerformulare der Regierung, eine Huldigungskantate, die der ehemalige Revolutionskomponist Méhul anläßlich der Hochzeit von Napoleon mit der österreichischen Erzherzogin Marie Louise vertont hatte (1810), und, in goldenen Lettern, eine Cantate sur la naissance de S. M. le Roi de Rome (1811).
Nicht daß Helen und Stone zu dieser Zeit noch viel Sympathien für den Machthaber gehabt hätten, dessen eiserne Faust sie 1803 auch persönlich zu spüren bekamen. Zwei Jahre zuvor waren Helen unbekannte Briefe von Ludwig XVI . angeboten worden, die sie, von ihrer Echtheit überzeugt, kaufte, übersetzte und mit kritischen Anmerkungen versah. Die Veröffentlichung – zugleich das französische
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