Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
sich dort aktuelle Informationen über »unsere Freunde in England und Irland« verschaffen können.
Anfang Juli machten sich die beiden auf den Weg, zusammen mit dem englischen Parlamentsabgeordneten Benjamin Vaughan – und der Summe von 1500 Pfund Sterling, die sie bei einer Schweizer Bank deponieren sollten. Sie kamen gerade noch rechtzeitig heraus. Denn Mitte des Monats wurde Stone ein weiteres Mal denunziert. Der Ankläger hatte den starken Verdacht, er sei ein Agent des verhaßten britischen Premierministers Pitt.
Es ist alles ziemlich verwirrend, und der Bericht einer Madame de Chastenay, die zur gleichen Zeit in Gesellschaft unterwegs war und Stone an einer Poststation begegnete, trägt auch nicht gerade dazu bei, Klarheit zu schaffen. Dafür vermittelt er einen lebendigen Eindruck von Stones bravura.
»Eine Art von tombereau [ 33 ] hielt hinter uns an. Darin gab es einen Sitz aus Stroh, und auf diese Weise reiste en poste ein ziemlich gutaussehender Mann, der gar nicht ungeduldig schien, als man ihm sagte, daß die Pferde der Station unterwegs seien und daß er erst nach uns würde abfahren können. Er kam zu unserem Wagen, im Gespräch mit ihm bekundeten wir unsere Erkenntlichkeit, und nach einigen Minuten fand er die Möglichkeit, mir als seine vertraute Gesellschaft einige Personen zu nennen, die in der Alten Welt von Paris bekannt waren. Nachdem wir ziemlich früh in Chanceaux [Burgund] angekommen waren, machte er uns einen Besuch. Er war heiter und äußerst liebenswürdig und sprach nur von Emigration, und zwar in einem höchst unpatriotischen Tone.«
Am nächsten Morgen teilte Stone Madame de Chastenay mit, daß er auf dem Weg in die Schweiz sei. Sie ermahnte ihn, mit politischen Äußerungen vorsichtiger zu sein, worauf Stone in Lachen ausbrach und erklärte, er sei ein Kommissar der Regierung und in ihrem Auftrag unterwegs. Den Beweis dafür würde sie in Dijon erhalten, wo er einen Tag verbringen werde. Als sie den Speisesaal des Gasthofs betrat, in dem sie abgestiegen waren, sah sie »ihren Fremden«, dessen Kopf bis zu den Ohren in einer Polizeimütze steckte, wie angekündigt in offizieller Funktion. Am Abend begegnete sie ihm noch einmal, und wieder führte er in Gegenwart anderer die verrücktesten, unvorsichtigsten Reden. Sie wollte ihre Mahnungen erneuern. »Ach Gott, sagte er, ich bin niemand, der Aufmerksamkeit erregt. Ich bin Käsehändler, ich gehe in die Schweiz, um dort einzukaufen, und ich werde Ihnen welchen auf dem Rückweg mitbringen.« Tatsächlich ließ er ihr drei Wochen später einen riesigen Gruyère-Käse bringen. Sie bat ihn zu sich. »Dieses Mal reiste er mit einer sechsspännigen Kutsche, und ohne Zweifel war er nicht allein. Er kam, war heiter, liebenswürdig, sehr höflich, sprach von allem, was man aus Paris hörte, und sagte schließlich, sein Name sei Stone, er sei Amerikaner, und er bot uns seine Dienste in Paris an. Mehr habe ich nie erfahren.«
Helens englische Freundinnen waren entsetzt, als sie von ihrer Flucht mit Stone hörten. »Der Gedanke an Helen Williams Schicksal ist mir unerträglich! Wie groß müssen die Schrecken und Gefahren dieser Lage gewesen sein, daß sie sich über die Grundsätze von Tugend und Sittlichkeit, die sie einst zu besitzen schien, derartig hinwegsetzen konnte!«
Um diese Zeit schrieb Helen ihnen, daß ein einflußreicher Freund Mr. Stone und ihr die Gelegenheit verschafft habe, auf leichte und ehrenwerte Weise ein Vermögen zu machen. Aus anderer Quelle glaubte Mrs. Piozzi zu wissen, daß Stone vor seiner eifersüchtigen Frau ins Ausland geflüchtet sei. »Stone ist entkommen, sagt man, mehr aus Angst vor rasender Eifersucht als aus der Einsicht heraus, daß der liebenswürdigen Verfassung von Frankreich, an der er so hing, Schaden zugefügt worden ist. Wohl bekomme es ihm und der schönen Helena, deren Liebe zu Paris am Ende ihr Verderben sein wird. Aber sie hat auf die verschiedenste Art ihre Parteilichkeit bewiesen, und gegenwärtig wird ihr das durch eine glänzende Lage für sie und ihre Familie gelohnt.«
Im September 1794 meldete die Londoner Times: »Private Briefe aus Paris erwähnen die Heirat von Mr. Stone, einer hierzulande wohlbekannten Person, und Mrs. Helen Williams, der Dichterin. Mr. Stone war zuvor von seiner Frau geschieden worden.« »Ist es wahr, was in allen Zeitungen steht, daß Helen Williams mit diesem Stone verheiratet ist?« fragte Mrs. Pennington (ehemals Weston) entsetzt. The Rival Wits say
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