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Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)

Titel: Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Naumann
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ward 1754 am 27sten November, zu Vassenhof [Nassenhuben] einem Dorfe eine kleine Meile südostwärts von Danzig geboren. Ich war damals seit etwa 14 Monaten Prediger bei der dortigen reformierten Gemeinde. Seine Mutter Justine Elisabeth Nicolai war meines Vaters Schwester Tochter, die ich den 26. Februar 1754 geheiratet hatte.«
    Johann Reinhold Forster wird von seiner Schwiegertochter Therese als gutaussehender, stattlicher Mann mit lebhaften Augen, sonorer Stimme und leichter, lebhafter Rede geschildert, der Frauen gegenüber sehr verbindlich gewesen sei. Was an ihm sonst liebenswürdig und gewinnend war, liegt verschüttet unter dem Hagel negativer Eigenschaften, die die Mitwelt an ihmentdeckte. Tyrannisch, jähzornig, starrsinnig und streitsüchtig, hochfahrend, rechthaberisch, taktlos, egozentrisch, verschwenderisch … Selbst Sohn eines eigensüchtigen, despotischen Vaters, hätte er nach der Familientradition Rechtswissenschaft studieren sollen, was er haßte. Sein Wunschfach Medizin durfte er nicht studieren. So verlegte er sich schließlich auf die Theologie, was weder gut für ihn noch seine Gemeinde, noch seine Familie war. Mit seiner Frau und Cousine Justina, einer ständig wachsenden Kinderschar – sieben Kinder in elf Jahren – und seinem brennenden Ehrgeiz sah er sich in die Enge eines Provinznests in Hinterpommern (Polnisch-Preußen) verbannt und träumte von Flucht. Naturforscher aus Passion, führte er eine gelehrte Korrespondenz und kaufte dauernd teure wissenschaftliche Bücher, die er sich nicht leisten konnte. Wiederholt mußte er die Gemeinde um eine Kollekte für seine Familie bitten.
    Georg, sein Ältester, dessen »Munterkeit, Fähigkeiten und Neugierde« schon im zartesten Alter auffielen, wuchs sozusagen im Arbeitszimmer des Vaters auf, der sich in ihm einen Gehilfen, einen Komplizen seines Ehrgeizes erzog. »Da der Knabe mich oft lesen und die Bücher brauchen sahe, so erweckte dies bei ihm früh die Lust, auch lesen zu lernen. Er ging an die Bücher der Bibliothek und frug, wie jeder Buchstabe des goldgedruckten Titels hieße, und wie die Silben ausgesprochen würden. Hierdurch lernte er diese Titel spielend lesen und da beides lateinische und deutsche Titel auf den Büchern standen, so lernte er bald in beiden Sprachen lesen. Die in Nürnberg herausgekommenen Bilder zu einer Sammlung von biblischen Geschichten, welche ihm seine Mutter oft erklärte, waren im Winter die erste Nahrung für seine rege Wißbegierde. Allein als er mit dem ersten Frühlinge im Garten Insekten und neue Blumen hervor kommen sahe, so wollte er durchaus von mir jedes Insekt, jede Blume und jeden Vogels Namen wissen. Ob ich gleich mit einem Freunde meiner Jugend etwas Naturgeschichte gelernt hatte, so war solches doch teils nicht hinlänglich um wieder Unterricht zu geben, teils aber auch vergessen worden. Ich wollte durchaus die Wißbegierde meines Lieblings befriedigen, ich ging demnach bald darauf zu Fuß nach Danzig, kaufte mir die hallische Ausgabe von Linné's Systema naturae , nebst Ludwig's Definitiones Generum plantarum und die Philosophia botanica des großen Linné und nun fing ich an, die Naturgeschichte mit großem Fleiße von neuem zu erlernen, und mir mit Hülfe dieser und anderer Bücher, welche meine Freunde mir zukommen ließen, die Pflanzen, Tiere, Insekten, Vögel, Fische und Gewürme meiner Nachbarschaft mir bekannt zu machen: und die Namen nebst den Eigenschaften, Ökonomie und Kennzeichen der Pflanzen und Tiere meinem Sohne vorzusagen. Bald darauf lehrte ich meinen Sohn schreiben, rechnen und einige lateinische und französische Wörter.«
    Und so immer weiter. Das hört sich so an, als wäre es für Georg eine Lust gewesen, von und mit seinem Vater zu lernen, und wahrscheinlich war das auch anfangs so. Aber schon bald war diese Lust von Angst überlagert, es gab eben sehr viel mehr Peitsche als Zuckerbrot. »Ich habe in jüngern Jahren sehr unter dem Druck gelebt; das hat meine Lebhaftigkeit und mein Zutrauen zu meinen eigenen Kräften sehr geschwächt. Ich mußte mein heftiges Temperament fast ganz unterdrücken um mich gegen das zerstörende Aszendant eines Cholerikus, dem mich meine Verhältnisse unterordneten, einigermaßen zu behaupten. Ich fand daher bald, daß ich nur in dem Grade auf Ruhe rechnen konnte, als ich auf Anmaßung Verzicht tat«.
    Johann Reinhold war ungeduldig und jähzornig. Georg wurde oft auch schon bei kleinen Fehlern und Vergehen grausam geprügelt, zitterte

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