Auf Forsters Canapé: Liebe in Zeiten der Revolution (German Edition)
nach Forsters Tod aus dessen Tagebüchern zusammengestellt.
Eben das, wovor Heyne Angst hatte, macht den besonderen Reiz der Ansichten aus. Gerade weil Forster über die bereisten Länder wenig Neues mitteilen konnte, mußte er selbst, sein Empfinden, Denken, Urteilen dem Buch Interesse geben, wie er erkannte. So persönlich und im besten Sinne unwissenschaftlich hatte in deutschen Landen bisher wohl niemand von seinen Reisen erzählt.
Die Literaturwissenschaftler, die es preisen, haben sich kaum dafür interessiert, daß es ein Werk der Liebe ist und durch die Empfängerin wesentlich mitgeformt wurde. Forsters Reisebriefe an Therese sind nie als eigenständige Veröffentlichung erschienen. Dabei ist auch hier wie so oft die Skizze in vieler Hinsicht reizvoller als das ausgeführte Gemälde. Die lebendige, ungezwungene Sprache der Briefe hat Forster bei der Bearbeitung nicht immer glücklich ins literarisch Gewählte gehoben. Politischen Ereignissen gab er darin sehr viel mehr Raum, das Private – seine Liebeserklärungen – löschte er, wie es der Schwiegervater gewünscht hatte. So ganz konnte und wollte Forster aber seine Muse doch nicht verleugnen. Er huldigte ihr in einer kryptischen Widmung im hohen Stil. Es ist, als wäre seine Liebe zur Grimasse erstarrt.
»In des Wanderers Busen wirktest Du seiner Empfindungen schöneres Gesetz. Ihre Schöpfung sei Dir geweiht! Laß die Weihe den Wert erhöhen, damit etwas an der Gabe dem Geber eigen sei.
Ist der Priester nur kühn, der seinem guten Genius vor allem Volk die Opferschale lehrt? oder wer ahndet in Einem lohnenden Blick die große, reine, stille Wonne seiner Vollendung?«
Wilhelm von Humboldt an Georg Forster: »Ihre Ansichten haben mir viel Freude gemacht. Sie haben so viele wahrhaft genialische Stellen. Nur Eins, lieber Freund, lassen Sie mich Ihnen aufrichtig gestehn. Die Dedikation habe ich ganz und gar nicht verstanden. Alexander sagte mir, sie sei an Ihre Frau. Können Sie mir nicht ein paar Worte der Erläuterung geben?«
Therese hat Forsters Opfergabe verschmäht, wie es scheint. Vielleicht, weil das Buch sie unangenehm an ihre Treulosigkeit erinnerte? Während er auf Reisen war und ihr die Welt in seinen Briefen zu Füßen legte, küßte sie einen anderen.
18 Ludwig Ferdinand Huber.
Zeichnung von Dorothea Stock, 1784.
»Nun fingen wir uns zu lieben an, Huber und ich – denn ehForster nach England ging, hatten wir nie in irgend einen Verhältnis gestanden – der Zufall entdeckte unsern Herzen, wie nahe sie waren, und Forsters häusliche Ruhe war dahin. Er war unendlich edel, gut, menschlich – aber vor dem Unglück, was ihn traf, konnte ihn nichts hüten – lieben konnte ich ihn nicht, und lieben – nun zum erstenmal aus Herz und Sinnen und Verstand – lieben mußte das liebevollste Herz, das jetzt nicht mit dem Ungestüm erster Jugend, aber der unabänderlichen Innigkeit eines gebildeten Gefühles liebte.«
»Nun ward ich glücklich durch Ihn! – Das Gefühl von Forsters Elend erwachte nun in mir, und in der Unmöglichkeit von ihm Glück zu empfangen, war es nun meines Lebens Zweck ihn zu beglücken – dazu mußte ich ihn betrügen, denn er forderte ja, was ich ihm nicht von Herzen geben konnte. So ging es seit er aus England zurück kehrte. Bald sah er mein Verhältnis zu Huber, ich verneinte es nicht, bot ihm aber, sowie es ihn aufbrachte, an, Huber nicht mehr zu sehen. Er wiederholte seine Raserei. Huber mußte in unser Haus ziehen. Es fielen fürchterliche Krisen vor, er bot mir einst in Leidenschaft Scheidung an. Alles hatte den Gedanken in mir entfernt. Ich schlug sie aus, bat um Erlaubnis mich von Huber zu trennen, den ich entfernt und nah gleich lieben würde – er bestand auf unsern alten Verhältnis. Er liebte, vertraute, bedurfte Huber, er wußte wie heilig sicher sein Interesse in Hubers Händen war.«
»Forster hätte müssen den Freund oder sein Weib aufopfern, und hatte zu beiden keinen Mut. Der Mann und ich wünschten nur zusammen unter Forsters Augen zu leben, und seufzten nach dem Alter, das mit seinem Eis unser glühend Herz kühlen würde. Aber alle drei gut und edel, uns verstehend, und unser Glück wünschend hatten wir sehr glückliche Zwischenzeiten, so elend auch unser Inneres war, denn wir fehlten alle dreie gegen unsre Pflicht.«
In Mainz, Worms und Speyer wimmelt es von französischen Emigranten, deren großspuriges, arrogantes Auftreten bei der Bevölkerung nicht gut ankommt. Forster
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