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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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wuchs heran, und er verband seine Seele mit der Familie Asis und ging auf in ihrem Kreis.
    Das Wort
    Hauptmann Omer Levkovitsch erwachte vom Piepsen der Weckfunktion des Mobiltelefons in seiner winzigen Wohnung in Jerusalem. 5.45 Uhr. Der Kopfschmerz ereilte ihn einen Moment vor der Erinnerung an die vergangene Nacht. Zu viel Bier, dazu ein kurzhaariges Mädchen, eine Studentin an der Har-Hazofim-Universität, sie studierte was Merkwürdiges, an das er sich nicht erinnern konnte, und er hatte unentwegt Bier getrunken und über seine Ex geredet, die ihn vor kurzem verlassen hatte. Als er die Bar verließ, wollte die Studentin nicht mitkommen, um sich Fotoalben anzuschauen.
    Nach einer Dusche frisierte er sein blondes Haar mit den Fingern vor dem Spiegel. Rotgeäderte Müdigkeit blickte ihm aus seinen graugrünen Augen entgegen. Er machte sich Kaffee in einer Thermostasse, stieg in den Jeep und fuhr zur Basis, sammelte die Mannschaft ein und steuerte Ma’aleh Chermesch 3 an. Der Aktionspegel im Operationsgelände war bereits hoch, hörte er über Funk. Joni wartete im Stützpunkt, er war noch am Samstagabend aus dem Wochenende zurückbeordert worden, in dem Moment, in dem der Besuch des Ministers bestätigt worden war. Joni stieg in den Jeep ein, und sie drehten eine Runde.
    »Was ist das?«, fragte Omer, als er Leute sah, die zu der frühen Morgenstunde schweigend auf der Ringstraße ausschritten. »Morgengebet«, antwortete Joni.
    »Aber so viele? Sie haben doch sonst nie die zehn Leute für einen Minjan zusammengekriegt.«
    »Haufen Gäste«, erklärte Joni mit gedehnter Reibeisenstimme.
    Die Autokarawane begann kurz nach sieben einzutreffen. Die Zeitungsschlagzeilen, die der Assistent für Siedlungsangelegenheiten dem Sicherheitsminister präsentierte, verkündeten ein »Einknicken« des Ministers gegenüber dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, und die Leitartikel spöttelten über seine Versuche, »sich einzuschmeicheln« und »Gefallen zu finden«. In dem mit Antennen gespickten Panzerwagen, der vor ihnen die schmale, steile Straße zum Hügel hinaufdröhnte, saß Giora, der Befehlshaber des Zentralkommandos. Fast am Schluss der Karawane, nach weiteren Fahrzeugen des Sicherheitsdiensts, tauchte der lange, silberne Wagen des amerikanischen Botschafters in Israel, Milton White, auf, wiederum gefolgt von einem Auto des Sicherheitsdiensts, und im Anschluss schleppte sich eine verbeulte, staubige, mit Aufklebern übersäte Kolonne von der wunschgemäßen Seite der Landkarte zur Siedlung.
    Roni stand mit verschränkten Armen auf einem kleinen Buckel und betrachtete die teure Wagenkarawane. Vermutlich wegen seiner statischen, die Menge überragenden Position zog er die ganze Aufmerksamkeit des Ministers auf sich, der seinerseits Entschlossenheit demonstrieren wollte, sehr entschieden aus dem Wagen stieg und unter dem Klicken der Kameras Ronis Hand ergriff und fest drückte. In dem Moment allerdings, in dem Roni sagte: »Wie steht’s, mein Freund?«, begriff der Minister, dass er sich geirrt hatte. Nicht nur im Zielobjekt des Händedrucks, sondern auch in der Einschätzung der Hitze außerhalb des klimatisierten Fahrzeugs. Er trug Anzug und Krawatte, und sie in diesem Stadium abzulegen, würde überstürzt aussehen, wie eine Kapitulation vor den Bedingungen, ein Einknicken. Seine Stirn bedeckte sich mit Schweißtropfen, die Sonnenbrille war irgendwo im Wagen zurückgeblieben, und die Schirmkappe – die eine ideale Lösung hätte sein können – hatte er gar nicht dabei, da er nach einem ziemlich verunglückten Blitzlichtschnappschuss im vergangenen Monat Anweisung erhalten hatte, sie bei öffentlichen Ereignissen nicht mehr aufzusetzen.
    Otniel Asis eilte zur Begrüßung auf seinen Freund Giora zu, den Befehlshaber des Zentralkommandos, der selbstverständlich seine Sonnenbrille nicht vergessen hatte, und dieser beeilte sich, dem Minister diesen schon eher typischen Siedler vorzustellen. »Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, um uns, dem ganzen Volk Israel und vor allem dem amerikanischen Präsidenten zu zeigen, dass Sie für uns sind und sich nicht zur Ausrottung von Siedlungen hergeben, Herr Minister«, lächelte Otniel, auf seinen Armen Schuv-El, dem ein weißes Schabbathemd angezogen worden war – Otniel wusste, was gut aussah und Sympathie in den Morgenzeitungen erwecken würde. Der Minister lächelte Otniel kurz zu und erfasste aus dem Augenwinkel die lange Gestalt des amerikanischen Botschafters

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