Auf fremdem Land - Roman
Sicherheitsminister, den Befehlshaber des Zentralkommandos und die übrigen Standardthemen, fragte Otniel nach den Münzen.
»Was soll ich dir sagen, Otni, man braucht Geduld in diesem Geschäft. Ich weiß, dass du sofort wissen möchtest, was los ist, aber das braucht Zeit. Wir reinigen die Münzen, werden sie zu allen möglichen Untersuchungen versenden, werden eine genaue Datierung kriegen, und dann schauen wir weiter. Ich will auch ein paar an meine Expertenfreunde schicken. Es gibt ernsthafte Altertumsforscher – überwiegend Juden –, die an der Duke-Universität in Amerika sitzen. Ich habe jemanden in Australien, der sich am besten von allen auskennt … egal. Mit ein bisschen Geduld werden wir zuverlässige Ergebnisse kriegen.«
»Und dann?«
»Dann wissen wir, ob die Münzen echt oder gefälscht sind. Wir werden wissen, aus welcher Zeit sie stammen. Wir werden wissen, welche Symbole auf der Bronze unter der grünlichen Patina eingeprägt sind. Ob es römische Dinare oder hellenistische Drachmen sind, was dumm wäre, denn dann lohnt es die Mühe nicht. Wenn sie aus der Zeit der Hasmonäer respektive Makkabäer sind, die ja ebenfalls in diesen Höhlen gewesen sind, kann das Ganze etwas mehr wert sein. Am teuersten sind die aus der Zeit der Römerkriege, speziell die Silberschekel vom Bar-Kochba-Aufstand. Wenn wir so etwas haben sollten – von meinem ersten Eindruck her war es das allerdings nicht –, dann verkauft man an Sammler oder Museen über Antiquitätenhändler oder öffentliche Auktionen. Da kann großes Geld drin sein.«
»Was bekommen wir von dem großen Geld?«
»Hahahaha«, dröhnte Dovid.
Otniel lächelte nicht. Seine braunen Augen hielten Dovids Augen, die hinter der Brille in den Speckwülsten seines Gesichts beinahe untergingen, gefangen, als er sagte: »Was ist auf den Münzen vom Aufstand eingeprägt?«
»Jüdische Symbole – Granatäpfel, Pokale. Ein bisschen wie das, was heute auf dem Schekel ist. Und es ist das Jahr des Aufstands eingeprägt. Jedes Jahr hat einen anderen Wert.«
Otniel rieb sich das Kinn unter dem Bart. »Hör mal, Dovid, mein Sohn Jakir hat ein paar Nachforschungen im Internet angestellt. Er hat etwas Interessantes gefunden. Jakir! Komm mal her!«, rief er. Jakir erhob sich vom Computer und trat ins Wohnzimmer. Er sah Dovid dort – fett, bebrillt, mit silbergrauem Haar und Bart und einem geringschätzigen Ausdruck in den Augen.
»Hör zu, Otni, im Internet gibt es eine Menge Müll, ich sage dir, das braucht Zeit, lass uns …«
»Hör dir an, was der Junge zu sagen hat«, unterbrach ihn Otniel in ruhigem Ton, »und dann mach damit, was du willst.« Dovid streckte eine Hand nach dem Teeglas aus und trank unbehaglich.
»Wie hieß dieser Mönch, Jakir?«, ermutigte Otniel seinen Sohn.
»Der heilige Onuphrius?«
»Der heilige Onuphrius. Kennst du den?«, fragte Otniel.
Dovid machte mit seinem Kopf eine Bewegung, die als ein »Ja« interpretiert werden konnte, doch es war klar, dass er sich nicht besonders für die Information interessierte, die ihm geliefert wurde. »Jakir ist auf einen Archäologen gestoßen, der heute in Amerika lebt und früher mal in Ma’aleh Chermesch gewohnt hat«, fuhr Otniel fort. »Ich erinnere mich an ihn aus den ersten Tagen, ein Amerikaner, ein guter Junge, obwohl er ein enger Freund von Schimoni war, getilgt sei sein Name. Kurz gesagt, er hat seine Doktorarbeit über diesen Onuphrius gemacht. Er … Jakir, du weißt das besser als ich, erzähl’s Dovid.«
»Der heilige Onuphrius war ein Mönch, in Ägypten geboren, der sich in die Wüste zurückzog, in unsere Gegend, lange Jahrzehnte, im vierten Jahrhundert nach«, trug Jakir vor. »Er wurde von Straßenräubern ins Innere der Wüste verschleppt und kehrte ohne Kleider zurück, nur sein langer weißer Bart verbarg seine Schamteile, und den Rest seiner Tage lebte er in mönchischer Abgeschiedenheit, in Fasten und Selbstkasteiung. Dieser Archäologe von der Duke behauptet, dass Onuphrius in der Chermesch-Höhle lebte und dass er einen Münzschatz versteckte, den er offenbar von durchziehenden Nomaden zur Bewachung erhalten hatte.«
»Gut, gut«, sagte Dovid mit einem leichten Hüsteln, »im Internet gibt es alle möglichen Dinge. Zu viele Dinge, wenn du mich fragst.« Er lächelte Otniel mit seinen wulstigen Lippen zu, versuchte zu lachen.
Otniel leistete Rachel früher als gewöhnlich Gesellschaft im Bett, irritiert von Dovids Gleichmut. Er schlief rasch ein. Auch Gittit
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