Auf fremdem Land - Roman
von Papierprodukten, speziell die Papierbecher für Take-Away-Getränke – lange Zeit war er in den Vereinigten Staaten der Produzent Nummer eins für solche Papierbecher, bis die Leute China entdeckten.
Das Hauptgesprächsthema bei diesen Treffen war, natürlicherweise, der Staat Israel: seine Zukunft, seine Innenpolitik, seine Außenbeziehungen. Die Spender waren begeisterte Zionisten, und Gabis Job war es, dieses Gefühl zu bestärken. Doch Gabi versuchte gern, die Arten von Menschen zu identifizieren, die sich hinter dem jüdisch-israelischen Patriotismus verbargen: die mit sich selbst und ihrer erfolgreichen Biographie Beschäftigten, die eine Menge über Geld redeten; die Verbitterten, die sich auf Familienmitglieder konzentrierten, von denen sie schlecht behandelt oder verlassen worden waren; und die Offenen, die Interessierten, die eine Menge wussten, spannende Geschichten über Reisen in aller Welt und überraschende Begegnungen zu erzählen hatten und viel Neugier an den Tag legten. Laks war von der letzteren Sorte. Er fragte nach ihren Kibbuzen, nach den Familien, der Kindheit, und erzählte ihnen von seinen Kibbuzbesuchen in den Sechzigerjahren – er hatte sogar versucht, ein Werk zur Herstellung von Papierbechern im Galil aufzuziehen, doch damals war es niemandem in Israel in den Sinn gekommen, Kaffee aus Papierbechern zu trinken.
Nachdem Laks über die Vergangenheit des jungen Paars im Bilde war, fragte er nach ihrem weiteren Weg. Sie sahen einander an. Sie hatten ein paar Mal über die Zukunft geredet. Gabi wollte einstweilen hierbleiben. Noch ein wenig sparen, irgendwann vielleicht in den Kibbuz zurückkehren oder auch nach Tel Aviv, sich seinem Bruder anschließen, wer weiß. Anna sagte, sie habe daran gedacht, auf die Universität zu gehen, aber sie wisse nicht, wo und was sie studieren wollte. An der Tel Aviver Universität, erwiderte Laks, gebe es eine Schule für Betriebsmanagement auf den Namen seines Vaters. Seine Familie habe eine Menge gestiftet, beim nächsten Mal, wenn sie dort wären, müssten sie sich unbedingt das Schild an dem Gebäude anschauen. Nachdem Laks das gesagt hatte, blickte er Anna mit milden Augen an und sagte: »Warum gehen Sie nicht dorthin studieren? Ich glaube, das würde Ihnen entsprechen. Ich kann Menschen mit guten Instinkten, Intelligenz und Mut erkennen. Und das sind letzten Endes die drei wichtigsten Dinge in der Geschäftswelt, obwohl es manche gibt, die auch ohne das erfolgreich sind. Ich denke, uns fehlen innovative Initiatoren in Israel. Ich liebe es, Frauen in unserer Schule zu sehen.«
Anna hatte exakt in dem Moment die Gabel mit einer knusprigen Kartoffelscheibe in ihren Mund geschoben, und nun hielt sie inne und schaute Samuel Laks mit einem Schafsblick an. Dann zog sie die Gabel aus dem Mund, legte sie behutsam und mit Bedacht auf den Tisch, blinzelte und senkte den Blick auf den Teller. Gabi und Laks sahen sie die ganze Zeit über schweigend an. »Ich … ich dachte nicht an … das heißt, danke … ich …« Sie lächelte. Als ihr Blick Gabis Augen fand, sah sie Fragezeichen und leichte Traurigkeit in ihnen.
Als sie in der Nacht mit einigen Gläsern Wein, die im Kopf pochten, nach Hause zurückkehrten, schliefen sie miteinander, und danach lagen sie in schläfriger Umarmung da.
»Interessant, was er gesagt hat«, sagte sie.
»Worüber? Er hat viele interessante Dinge gesagt«, erwiderte Gabi.
»In Bezug auf das Studium. Business. Ich habe im Leben nie an diese Richtung gedacht, aber es gibt Menschen, die haben ein Auge dafür. Meinst du nicht?«
»Vielleicht hat er einfach ein Auge auf dich geworfen? Noch ein alter Sünder, der versucht, mit seinem Geld zu beeindrucken und sich einzuschmeicheln. Er sieht auch relativ jung aus für diese Alterklasse. Oder nicht? Seine Haare sind schwarz.«
Anna grinste. »Dummkopf. Hast du nicht mitgekriegt, dass er ein Homo ist?«
»Ein Homo? Woher soll ich das wissen?«
»Das war klar, so wie er mich angeschaut hat. Und dich. Und dass er keine Familie erwähnt hat. Und seine Haare waren gefärbt, ja, er ist gepflegter als die meisten von den alten Leuten, die wir treffen.«
»Bist du sicher?«, fragte Gabi.
»Ziemlich sicher«, erwiderte sie. »Aber du hast mir nicht geantwortet. Was hältst du davon, wenn ich Betriebsmanagement studieren würde?«
Gabi streichelte ihren flachen Bauch und dachte einige Augenblicke darüber nach. Er hatte es nicht gern gehört, dass Laks diese Dinge zu ihr gesagt hatte.
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