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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Kommandoeinheit und den Bars leichtgefallen war, letztendlich auch bei seinem ersten Studienabschluss, gab es keinen Grund, warum er sich in New York nicht ebenso leicht einstellen sollte. Der Beweis dafür – eine dicke Brieftasche im Schnee zwei Tage nach der Landung. Als er sie durchsuchte, fand er einen Führerschein, von dessen Foto ihm das hübsche Gesicht einer schwarzen Frau entgegenblickte. Ihr Geburtsdatum lag nahe an dem seines Bruders, fiel ihm auf. Gedanken an seinen Bruder regten sich in seinem Kopf, doch er konzentrierte sich lieber auf die Brieftasche. Er war sich unschlüssig, ob er sie ohne Geld zurückgeben sollte, damit die liebenswerte Schwarze wenigstens den Führerschein, die Kreditkarten, die diversen Mitgliedskarten und den restlichen Unsinn erhielte, mit dem die Brieftasche prall gefüllt war. Doch als er ihre Adresse fand, beschloss er, ihr die Karten per Post zu schicken. Er war zufrieden mit seiner Gutherzigkeit. Ja, das Glück war auf Seiten der Guten.
    Der zweite Abschluss, der Master in Businessmanagement, war schwieriger und fordernder. Er gewöhnte sich ziemlich schnell daran, Vorlesungen auf Englisch zu hören, doch in den ersten Monaten verlor er sich in stundenlanger Lektüre von Bergen an Material. Andererseits musste er nicht parallel dazu arbeiten wie in Tel Aviv. Er hatte Geld, dank des automatischen Darlehens, zu dem er als MBA -Student berechtigt war, und er war bestürzt, wie einfach es war, mit dem Schreiben der Universität zu der Filiale der Citybank zu gehen und sofort ein Konto mit hundertzwanzigtausend Dollar zu eröffnen. Sein letztes Jahr in Tel Aviv hatte wie ein Alptraum begonnen: Universität am Morgen, Bar Barabush in der Nacht, eine Menge Lehrstoff für sein wissenschaftliches Seminar, Oren Azulai, der keinerlei Rücksicht auf die neuen Zeitzwänge seines Partners nahm – er konnte einfach nicht verstehen, was Roni an der Universität wollte. Bis er in der Mitte des Jahres, als New York schon zu winken schien und ihm der Geruch der getrockneten Bierpfützen aus allen Poren quoll, einfach seinen Anteil an der Bar Barabush verkauft und sich ausschließlich dem Studienabschluss und der Bewerbung für den Masterstudiengang in New York gewidmet hatte.
    Bereits in Tel Aviv traf er andere Israelis, die an der Businessschule in New York mit der Aussicht auf eine Karriere an der Wall Street weitermachen wollten, doch mit den meisten freundete er sich nicht an. Verwöhnte Zwanzigjährige, deren Weg mit dem Geld ihrer Eltern gepolstert war, die nicht wussten, was harte Arbeit war, und sich an einer Überheblichkeit berauschten, die sich auf scharfe Intelligenz, eine protegierende Mama und ein leichtes Leben stützte. Zwei von ihnen, Meir Foriner aus dem Villenviertel Savyon und Tal Paritzki aus dem schönen Kfar Schmarjahu, wurden gemeinsam mit ihm an der gleichen Universität in New York angenommen. Doch in seiner Klasse freundete er sich mit anderen Ausländern an – einem Japaner, einem Italiener und vor allem mit Sascha, dem Bosnier – und verfolgte von weitem die Versuche von Meir und Tal, den amerikanischen Wasps zu gefallen. Roni konnte sie verstehen, auch er war nicht gekommen, um sich mit Ausländern zu separieren, und er kapierte, dass er, um sich zu integrieren, Beziehungen knüpfen und aggressives »Networking« betreiben musste – das Wort, das alle dutzendfach pro Tag murmelten, ein Netz von Kontakten spinnen, hauptsächlich mit Amerikanern. Doch wenn er Meir und Tal sah, wie sie tranken und Saufspiele wie Beer Pong mitmachten, als wären sie Amerikaner, über Musik und Football redeten wie die Amerikaner, sie in Kleidung, Gesten und Aussprache imitierten, fühlte er sich unangenehm berührt und kehrte in den warmen Schoß seiner Ausländergesellschaft zurück.
    Idan Levinhof hatte ihn in Israel schon begleitet, war sein Mentor. Mit ihm gestaltete er das perfekte Bewerbungsdokument, in dem seine bahnbrechende Geschäftsidee geschildert wurde, die das Tel Aviver Nachtleben verändert und das erste Netz von Gastro-Bars im Staat initiiert hatte; die Erfolgsgeschichte, die mit einer Tragödie begann, der Weg des Jungen, der seine Eltern bei einem unheimlichen Autounfall verlor, vom einfachen Leben im Kibbuz bis zur geschäftlichen Erfolgsgeschichte, aus eigener Kraft, durch harte Arbeit, Beharrungsvermögen … Idan half Roni auch in New York; wählte mit ihm die Kurse nach Themen und Dozenten aus, führte ihn in die Tiefen der Graduierungspolitik ein,

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