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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Trennzauntypen herum, Gutachter, Architekten, Offiziere, aber das machten sie seit Jahren, und keiner hielt sich noch mit ihnen auf. »Ich dachte, man baut ihn nicht in dieser Gegend«, sagte er.
    »Ich weiß nicht, ob sie ihn wirklich dort bauen werden, aber anscheinend hat man beschlossen, irgendetwas in der Richtung zu machen, und wie ich gehört habe, soll die Trassierung eventuell durch den Olivenhain eurer Nachbarn in Charmisch verlaufen.«
    »Was hat das dann mit uns zu tun?«, wunderte sich Otniel.
    »Der Grund und Boden des Beschlagnahmebefehls, den die Armee für die Fläche des Zauns und die Sicherheitszone von ihrer Seite aus ausgestellt hat, beinhaltet im Prinzip einen Teil von eurem Gelände.«
    »Aber wie kann das sein?«, rief Otniel alarmiert aus. »Seit wann ziehen sie den Zaun durch eine israelische Siedlung? Von Demokratie und fundamentalen Menschenrechten hat man bei euch in Jerusalem wohl noch nie was gehört?«
    »Da hast du recht«, erwiderte der Abgeordnete, »das passiert normalerweise nicht. Auch diesmal ist der Boden, der beschlagnahmt wird, palästinensischer Privatgrundbesitz, aber ihr sitzt offenbar auf einem Teil davon. Und es gibt noch ein Problem. Eure Siedlung taucht nicht auf den Landkarten auf.«
    »Wieso denn?« Aber sowohl Otniel als auch Zur wussten, dass das stimmte. Und es war besser, wenn die Landkarten nicht aktualisiert wurden und die Luftwaffe keine Aufnahmen aus der Luft machte. Das ersparte eine Menge Kopfschmerzen. Beide kannten das aus jahrelanger Erfahrung in der Besiedlung.
    »Außerdem«, sprach Zur weiter, »haben sich die Linken an das Sicherheitsministerium gewandt und geschrien, wie es sein kann, dass der Zaun durch einen Olivenhain von Arabern verläuft, wenn es dort daneben einen illegalen Stützpunkt gibt, der sich kürzlich weiter ausgedehnt hat, mit einem Spielplatz, neuen Wohnwagen und allem Drum und Dran. Also möchte der Sicherheitsminister gut dastehen, sagt ihnen, dass auch der Stützpunkt wegkommt, und schickt euch einen Flächendemarkationsbefehl. Kannst du mir folgen?«
    Otniel presste mit einer Hand das Telefon an sein Ohr, während er sich mit der zweiten an die Stirn fasste. Er versuchte zu überlegen. Wer konnte dem Sicherheitsminister schon von der Spielplatzanlage erzählt haben? Und was für neue Wohnwagen? Doch bloß einer und der aus Versehen …
    »Kurz gesagt, Schabbat schalom, einen guten Schabbat, mein Freund. Ich an deiner Stelle würde mir nicht allzu viele Sorgen machen. Wir werden uns nächste Woche darum kümmern. Haltet durch. Grüße an die Linken, haha!«
    »Welche Linken?«
    »Hast du es nicht gehört? Es gibt eine Demonstration von den Linken in eurem arabischen Dorf, heute Mittag.«
    Otniel schloss die Augen und rieb sie. Als ob er nicht schon genug beschäftigt wäre, so kurz vor Beginn des Schabbats. »Aber … gegen oder für was demonstrieren sie? Sie haben gekriegt, was sie wollten, man hat einen Befehl gegen uns ausgestellt, oder nicht?«
    » Ana aref? Ich nix wissen. Gegen die Mauer. Für die Oliven der Araber. Mangelt es den Linken denn sonst an etwas, wofür sie in Judäa und Samaria am Freitagmittag demonstrieren können? Verlass dich auf sie. Jalla , mein Freund, der Tag ist kurz. Schabbat schalom.«
    Die Demonstration
    Diese Erhebung, diese Wölbung, diese Spitze. Was erregte ihn so daran? Immer zog es seine Augen dorthin, er wusste, dass es unhöflich war, doch nicht er traf die Entscheidung, sondern die Augen entschieden, stets wanderten sie als Erstes dorthin, und die allerbesten Tage waren die gegen Ende des Winters, an denen eine streichelnde Morgensonne die süße Illusion nahelegte, kurze, dünne Kleider anziehen zu können, auch wenn sie sich plötzlich daran erinnerte, dass der Frühling noch gar nicht da war, hinter Wolken verschwand und es mit einem Mal kühl wurde.
    Am meisten liebte er es zu entdecken, dass es keine Barriere gab, nichts Störendes, und sie sich direkt dort unter der dünnen Baumwolle befanden. Das war ein schöneres Schauspiel als nackte Brüste, denn nackte Brüste überließen nichts der Phantasie, sie konnten zu schmal sein, zu groß, zu klein, asymmetrisch, hängend, birnenförmig. Nackte Brüste konnten wie das ausschauen, was sie in Wahrheit waren – fetthaltige Milchdrüsen, und fetthaltige Milchdrüsen bewegten ihn gar nicht. Auch ein Busen nicht. Busen war ein Wort für Frauen und Kinder. Aber Brüste – das war ein Männerwort. Und wenn sie sich unter einer hauchdünnen

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