Auf fremdem Land - Roman
»Omer.«
»Ja?«, erwiderte der Offizier und trat näher auf ihn zu.
»Wozu war das gut? Mit welchem Recht habt ihr das gemacht?«
»Otniel, stellen Sie sich nicht blöd. Hier, mit diesem Recht.« Er zog ein Dokument aus seiner Tasche. »Der Befehl zur Einstellung der Bautätigkeit von der Zivilverwaltung, den die teuren Hausherren, die jetzt so ungeheuer überrascht sind, oft genug erhalten haben, in aller Nettigkeit, mitsamt einer glasklaren Erklärung, dass die Geduld nicht mehr lange andauern wird. Man hat nicht nur ohne Genehmigung und ohne zu fragen gebaut, ohne ein Besitzrecht und den ganzen Rest der grundlegenden Dinge nachzuweisen, die jeder gesetzestreue Bürger zu beschaffen hat, bevor er anfängt, ein Haus zu bauen, Otniel, man sitzt auch noch im Naturschutzgebiet. In Naturschutzgebieten ist es verboten, Häuser zu bauen. Die Hälfte dieser Siedlung steht auf dem Areal des Nachal-Chermesch-Naturschutzreservats. Nebenbei bemerkt, ist dieses Verbot eine Initiative der Naturschutzbehörden im ganzen Land, um die Naturschutzgebiete zu säubern. Das ist keineswegs politisch, sondern um unsere Natur zu schützen …«
»Aber warum so, im Frontalangriff?«, sagte Chilik. »Kann man nicht darüber reden? Vielleicht hätten wir eine gewaltfreie Lösung gefunden? Warum kommt ihr wie die Diebe in der Nacht? Der Hausherr ist nicht mal da.« Er wandte sich seinen Gefährten zu. »Ist jemand Gabi suchen gegangen? Ich hab ihn vorher in der Synagoge gesehen.«
»Reden? Mit wem denn reden?«, ereiferte sich Neta.
»Reden?«, stimmte Omer zu. »Ihr wollt reden? Fahrt nach Beit-El und redet mit der Verwaltung. Warum wolltet ihr nicht reden, als wir heute Morgen die Befehle ausgehängt haben? Wolltet ihr reden? Ihr wolltet sie zerreißen, ihr wolltet uns ins Gesicht lachen, und als …«, Omer lief rot an, schwitzte, seine Halsschlagader pochte, »… als ein Soldat, der euch schützt, diesen unverschämten Kerl gefragt hat, was er da macht, hat er es gewagt, ihn zu beleidigen und mit Flüchen zu beschimpfen!«
»Wer hat geschimpft?«, fragte Otniel.
»Wer?! Josh!« Omer deutete auf den Amerikaner, der sich immer noch sein schmerzendes Kinn rieb. »Man könnte meinen, er sei der Einzige. Hat uns diese unverschämte Person nicht vor zwei Minuten Nazis genannt.« Er drehte sich zu Neta Hirschson um. »Ihr habt alle den Verstand verloren!« Den letzten Satz schrie der Offizier beinahe, mit heiserer Kehle. Normalerweise war er bemüht, besonnen zu sein und gute Beziehungen zu wahren. Doch heute war das Maß überschritten, ein Damm war gebrochen. »Wer das war, fragt er mich«, sagte er noch einmal, fast zu sich selbst. »Wie kann man sich nur so dumm stellen.« Die Siedler blickten einander verblüfft an. Was war los mit Omer? Alles, weil Josh einen Neger »Neger« genannt hatte? War ein närrischer linker Geist in ihn gefahren? Oder hatte ihn vielleicht eine Freundin abserviert, oder seine Beförderung war verzögert worden?
Plötzlich rollte ein Donner, und eine Stimme klang auf, die zunehmend an Stärke gewann und das stürmische Gewirr der Stimmen übertönte, die miteinander wetteiferten, wer es dem Offizier am besten heimzahlen würde – es war Josh, tränenüberströmt im Aufruhr seiner Gefühle, mit den Händen fuchtelnd. Er schrie: »Du kommst nicht in mein Haus und sagst mir, was ich reden soll. Alles, was ich hier mache, ist, unsere Häuser zu verteidigen und den Schwachsinn eurer Befehle zu stoppen. Ich bin durch das Feuer der Thora gegangen und ins Land gekommen nach Nine Eleven, weil man etwas tun muss, es ist Zeit geworden, nicht mehr zu schweigen, und jetzt sagt uns die Armee, dass wir gehen sollen und die Arabs bleiben? Du kommst daher und zerschlägst ein Haus, das wir mit eigener Hand über ein Jahr lang gebaut haben? Du sagst mir, wo ich sein darf? Das Land gehört uns, wie die Thora es sagt, ohne den Bullshit, dass man mir sagt, was ich tun darf und was nicht« – seine Stimme wurde höher und kippte in das Gekläff eines Hundes um, der einen Tritt erhalten hat, das Gegenstück zu Omers Geschrei einen Augenblick zuvor –, »und jetzt krieg ich hier auch gesagt, was ich machen muss? Meine Familie ist von den Marranos, den spanischen Zwangsgetauften, weißt du, was das heißt? Hast du Geschichte gelernt? Du erzählst mir was von Naturschutzgebiet? Aus Spanien haben sie uns vertrieben wie die Hunde, und meine ancestors sind nach New Mexico gekommen, sind Christen geworden, hatten Angst, Juden zu
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