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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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dahinter ein Panzerfahrzeug, beladen mit weiteren Soldaten und Arbeitsgerätschaften. Joni wartete mit seinen Soldaten am Eingang, stieg auf das Trittbrett des Panzerwagens und fuhr im Stehen mit. Die Wagen rollten mit dramatischer Langsamkeit in den Ort, so als wollte man verkünden, passt auf, wir sind da, schaut her, was wir jetzt machen. Als die Fahrzeuge anhielten, spuckten sie Soldaten und Ausrüstung aus, ihre extraleistungsstarken Frontscheinwerfer wurden auf Gabis Zimmer am Rande des Felsens gerichtet, Lichtkanäle, die die Dunkelheit zerschnitten, die sich inzwischen vertieft hatte. Omer Levkovitsch versammelte die Einsatzsoldaten und instruierte sie kurz. Danach schwang ein Teil von ihnen zugespitzte Brecheisen, der andere Teil Fünf-Kilo-Hämmer. Omer ging voran und klopfte an die Tür des Zimmers, an der ein kleines »Willkommen«-Schild hing. Es kam keine Antwort. Gabi war beten gegangen.
    Josh tauchte von irgendwoher auf, und aus seinem Mund sprudelten die Worte: »What the hell …« Sie wurden fast umgehend mit einem Schlag des Brecheisens von Omer beantwortet, der die Tür des Zimmers zertrümmerte.
    »Ho ho ho!«, kreischte Josh. »Was macht ihr? Hallo?!!« Die Soldaten reagierten nicht. Sie gingen einer nach dem anderen in den Raum, bis sie drinnen dicht an dicht standen. Josh versuchte, sich ebenfalls hineinzudrängen, doch es gab keinen Platz mehr; in seiner Not drückte er hektisch auf die Knöpfe seines Telefons. Drinnen war die Aufgabe klar und einfach, die Hämmer klopften an die Wände und gegen das Holzdach, zertrümmerten, zerlegten alles. Joni schwang den Fünf-Kilo-Hammer in seiner Hand in alle Richtungen, schwitzte vor Anstrengung und Hitze, die die vielen Leiber in dem kleinen Raum entwickelten, jedoch nur für wenige Minuten, denn mit der Beseitigung der Wände und des Dachs klaffte er in alle Himmelsrichtungen auf, und zurück blieb nur der Stein- und Betonrahmen, über den Joni ebenfalls zornentbrannt herfiel. Omer betrachtete mit einer Mischung aus Staunen und Stolz diesen wunderbaren Soldaten, der in Kürze gehen würde, den dünnen Schweißfilm auf seiner glatten Stirn. So musste es sein, den Jungen zeigen, was Entschlossenheit ist. Joni entlud seinen Frust von Monaten. Er hatte diese Menschen mit seinem Körper und der Macht seiner Waffe geschützt, und sie vergalten es ihm mit Groll und bösen Gesichtern. Es stimmte, dass ein Teil von ihnen, vielleicht die meisten, ihn zum Schabbatessen eingeladen hatten, ihm Kuchen gebracht und gefragt hatten, wie es ihm ging, doch Worte wie die von Josh verletzten, diskriminierten, und er wusste, dass noch andere sie in ihren vier Wänden murmelten, vor allem seit die Geschichte mit Gittit herausgekommen war.
    Josh kreischte hysterisch in sein Telefon. Wo ist der aufgeplusterte Pfau von vorher, dachte Joni kurz und unterdrückte den Drang, ihn anzugrinsen. Josh versuchte, das zu betreten, was einmal Gabis Zimmer gewesen war, und einen der Soldaten an der Hand zu packen, doch das Gelenk des Soldaten schnellte nach hinten, traf Joshs Kiefer und setzte ihn außer Gefecht. Er zog sich zurück, versuchte, etwas zu schreien, doch ihm entfuhr nur ein Wimmern.
    Neta Hirschson traf ein mit Gebrüll. »Wer ist der Verantwortliche hier? Ich verlange, mit dem Verantwortlichen zu reden! Mit welchem Recht zerstört ihr ein jüdisches Haus? Was würdet ihr sagen, wenn ich zu eurem Haus komme und anfange, es mit dem Hammer zu zerschlagen? Faschisten! Widersacher! Schergen des Bösen! Die Nazis wären stolz auf euch!« Die Soldaten fuhren fort, ohne zu antworten. Sie waren fast fertig – das Zimmer war so klein, und obwohl Gabi fast ein Jahr gebraucht hatte, um es zu bauen, machten Omer und seine Soldaten es in weniger als fünfzehn Minuten dem Erdboden gleich.
    Neta barg das Gesicht in den Händen und wiegte es von einer Seite auf die andere. Josh neben ihr, kümmerlich und schmerzgepeinigt in seinem Parka, hielt einen undefinierbaren Gegenstand in der Hand, den er aus der Hütte gerettet hatte. Otniel und seine Kinder kamen an, dann Chilik und andere, die aus ihren geheizten Wohnwagen in die Kälte hinaustraten. Die Soldaten verließen die Reste des Zimmers mit dem Werkzeug in ihren Händen. Eine eigenartige Stille herrschte nun an dem Platz. Es gab keinen Protest, kein Geschrei mehr, nur die Soldaten in den dunklen Uniformen auf der einen Seite, die Bewohner auf der anderen, und die Ruinen des Gebäudes am Rande des Felsens.
    Otniel sagte:

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