Auf fremdem Land - Roman
sein. Cowboys sind wir geworden, aber die Bräuche sind geblieben – eines Tages werd ich’s dir erzählen, wenn du wieder ein bisschen sense in deinem Kopf hast –, und wir sind wieder Juden geworden, ich bin in die Jeschiva gegangen, ich hab die Thora gelernt, ich bin nach Israel gekommen, ich fürchte mich vor niemandem, und da erzählst du mir gequirlte Scheiße von einem Naturschutzgebiet?«
Drei Soldaten überwältigten Josh und legten ihn in Handschellen. Er fuhr fort, sich zu wehren, und ein paar seiner Gefährten versuchten sich einzumischen, doch die Soldaten reagierten darauf, indem sie in ihre Richtung vorrückten. »Marranos! Zwangsgetaufte! Vergewaltigte! Das waren wir, und das sind wir jetzt! Don’t touch me you piece of shit …! «
»Unverschämtheit!«, brüllte Omer den jungen Amerikaner an, der in das Panzerfahrzeug verfrachtet wurde. »Ich dulde keine solchen Reden über meine Soldaten und die Armee und über den Staat! Es gibt hier Gesetze, jawohl, wir werden euch sagen, dass ihr ihnen zu gehorchen habt, und ihr werdet zuhören. Und jetzt gehen wir an die Arbeit und kleben neue Befehle anstelle von denen hin, die ihr zerrissen habt, und ich warne euch. Dir balak , passt bloß auf, wenn jemand auch nur einen Befehl anrührt! Denn dann komme ich und fange an, die Häuser auseinanderzunehmen, und es interessiert mich nicht, ob auf den Befehlen steht, dass das erst in zehn Tagen passiert. Ich entscheide hier, und in ein oder zwei Jahren, wenn auf diesem Hügel nichts mehr ist, wird das hier nur ein schönes, ruhiges Naturschutzgebiet sein – und keiner wird sich erinnern, ob wir die Häuser zehn Tage früher oder später abgerissen haben.« Omer schwenkte wütend die Faust. »Ich werde keine Flüche und kein Geschrei mehr dulden. Wir werden euch einen nach dem anderen wegen Behinderung eines Soldaten in Ausübung seiner Pflicht verhaften …«
Auf einmal war ein bekanntes Klappern von weitem zu vernehmen, das immer näher kam. Der langsame Galopp Killers war jedem auf dem Hügel vertraut, und da tauchte der weiße Rhombus auf der braunen Stirn des Pferdes auf, das in leichten Trab fiel, bis es mit einem Ruck am Zügel zum Stehen gebracht wurde. Auf seinem Rücken saß Jehu und hinter ihm Gabi, mit weit aufgerissenen Augen angesichts der Ruine seines Zimmers, der Soldaten in Bereitschaft und seiner Siedlergefährten, und ein lauter Schrei entrang sich seiner Brust, stieg aus dem Käfig seiner Rippen und der Kammer seines Herzens empor, hoch und höher durch Zwerchfell und Hals, bis er sich aus seiner Kehle befreite – ein ungeheurer Verzweiflungsschrei, der mit einem Echo aus der Wüste, Hyänengeheul und Hundejaulen, Weinen von Kindern und Frauen und einem Wiehern von Killer, der sein Bein hochwarf, beantwortet wurde.
Omer schnaufte schwer, Schweiß glänzte auf seiner Stirn, und seine Wangen verfärbten sich rosa. Er war noch nicht zu Ende mit dem, was er sagen wollte, doch Gabis Schrei ließ ihn auf seinem Platz gefrieren. Neben ihm stand Joni, auch er schweißbedeckt und mit hämmerndem Herzen, während die restlichen Soldaten zu ihrem Fahrzeug zurückkehrten, die Ausrüstung einluden und neue Befehle herausholten. Einer von ihnen brachte sogar an der Seite des Steins, der die Grundmauer des Zimmers gewesen war, einen Zettel an. Ein eisiger Windstoß ließ Papiere in dem offenen Raum herumflattern, kippte den Heizspiralofen um, wehte einen Stoffstreifen auf.
Joni stand wie angewachsen neben seinem Kommandeur. Wenn er nicht in einer Woche aus dem Militärdienst entlassen worden wäre, wäre er wahrscheinlich gezwungen gewesen wegzugehen. Nach diesem Vorfall hätte er nicht mehr bleiben können. Er war durcheinander und aufgewühlt, dankbar und bewegt von Omers Unterstützung, fand auch, dass das Wasser am Überlaufen war, bis zur Seele reichte, doch gleichzeitig war sein Herz schwer angesichts der entsetzten Siedlungsbewohner, vielleicht hätte es doch einen Weg gegeben? Was sollte aus Gabi werden, der seine Seele dem Zimmer verschrieben hatte? Er fühlte schon eine gewisse Verantwortung für die Bewohner, und als sein Blick zu ihnen wanderte, spürte er einen Stich der Sehnsucht nach Gittit, deren Gesichtszüge und Haarfarbe er in ihrer jüngeren Schwester Emuna wiederfand, und die Wehmut war wie ein Klumpen in seinem Hals.
Der Denunziant
Jeden Freitag machte sich Nir Rivlin von seinem neuen Zuhause in Ma’aleh Chermesch zu Fuß auf den Weg, um seine Töchter und seinen Sohn in
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