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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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grauen Sweatshirt mit der Aufschrift »Kommando 13 – Die Raubtiere« an – eindeutig der Sonderdruck einer fröhlichen Golani-Einheit –, und gemeinsam gingen sie zu den betroffenen Bäumen. Zwölf Olivenbäume waren verbrannt und abgeschlagen worden. Anschließend wurde bekannt, dass auch andere geschädigt worden waren: Bäume in anderen Hainen und Plantagen, aufgeschlitzte Autoreifen, eingeworfene Fenster. Nimr und Mussa arbeiteten stumm, machten sauber, räumten Äste weg, kühlten Stämme, die noch glühten, mit Wasser, holten Säcke und hüllten die Stümpfe darin ein. Eine Trauerzeremonie.
    Als sie fertig waren, sagte Nimr zu seinem Vater: »Geh nach Hause und ruh dich aus, Papa. Ich säge die Zweige zusammen und räume hier fertig auf.«
    Mussa fragte seinen Sohn: »Meinst du, das war Roni?«
    Nimr dachte kurz nach und erwiderte: »Wer kann es sonst gewesen sein? Wer soll sich an uns rächen wollen?«
    »Aber warum jetzt? Es ist viel Zeit vergangen, seit wir mit den Japanern abgeschlossen haben. Die Ernte war schon vor ein paar Monaten, viele Oliven, viel Geld von den Japanern. Vielleicht war er wütend. Aber die Saison ist längst vorbei.«
    » Ana aref , was weiß ich? Wir haben darüber geredet, oder? Wie er uns damals auf die Nerven gegangen ist. Nicht aufgehört hat anzurufen. Mit dem Vertrag kam und herumgeschrien hat, dass du unterschrieben hast … und dann, haben sie gesagt, ist er depressiv geworden … Der Jude ist eine Schlange, wie kann man sich auf ihn verlassen?«
    Mussa sagte nichts. Streichelte nur traurig einen der Säcke. Dann schritt er langsam auf den Resten der kurzen Asphaltstraße aus, die unlängst von der Zivilverwaltung zu Schotter zermahlen worden war, da sie ohne Genehmigung angelegt wurde. Mussa dachte, dass Roni im Innersten seines Herzens ein anständiger Kerl war. Er sagte das nicht zu seinem Sohn, als Nimr über Roni und die Siedler redete und dass eine Reaktion nötig sei, aber er war nicht sicher, dass es Roni gewesen war. Mussa war alt genug, um zu wissen, dass in diesem Leben, an diesem Ort, überhaupt nichts sicher war und nur wenige Dinge eine Logik hatten.
    Säcke spielten im weiteren Verlauf dieses Morgens auch auf der Dringlichkeitssitzung eine Rolle, die auf der neuen, breit verglasten Sonnenveranda von Chilik Jisraelis Caravilla einberufen wurde, welche übrigens fast allen Teilnehmern Komplimente entlockte. Jemand schlug ein Sack-und-Asche-Gebet vor, um die Zerstörung zu betrauern, was vielleicht die Aufmerksamkeit des Herrschers der Welt erheischen würde hinsichtlich der Ungerechtigkeit, die sich unter seiner Nase abspielte, oder wenigstens die der Einwohner und Bürger. »Wo haben wir uns getäuscht?«, lautete die Frage, auf die einige mögliche Antworten angeboten wurden: Man hätte die Befehle nicht demonstrativ zerreißen sollen; Josh hätte Joni nicht beleidigen sollen; es hätte sich gelohnt, sich an die Freunde in der Knesset, der Regierung und der Armee zu wenden und sich der Befehle auf diplomatischem Wege anzunehmen.
    Doch langsam und allmählich begann sich der Wind wieder zu drehen. Selbstzweifel und Selbstbezichtigungen wichen Gekränktheit, Vorwürfen und Beschuldigungen. Joni war immer feindselig gewesen, und Omer Levkovitsch war überhaupt der Satan persönlich und der Sicherheitsminister ein einziger Unglücksfall, und auch die Leute vom Rat für die Gebiete führten letztendlich in den Untergang. Und überhaupt – die Linken, die Zivilverwaltung, die Regierung, der Gemeinderat, die Medien, die Amerikaner, die Palästinenser, die Polizei, die Armee –, alle sind gegen uns. Diesmal war es eine echte Eskalation, zum ersten Mal in der Geschichte der Siedlung war ein Haus zerstört worden, die Armee hatte die rote Linie überschritten und den Status quo verletzt. Und warum triezen sie nur uns und nicht die Araber, die munter ohne Genehmigungen bauen und auf alle pfeifen? Jean-Marc forderte, ihnen eine Lektion zu erteilen, damit der Status quo auch gegenüber den Arabern verletzt würde: »Er wird an seinen Feinden Rache nehmen und entsühnen das Land seines Volks!« Die Anwesenden wechselten Blicke. Aber da klopfte sich Otniel mit dem Finger unters Auge und sagte: »Das Auge sieht mit, Leute.« Worauf sie das Thema nicht mehr erwähnten.
    Otniel versuchte, seinen Freund, den Befehlshaber des Zentralkommandos, anzurufen, doch er erwischte ihn nicht. Der sinnesverwandte Knessetabgeordnete Uriel Zur war weniger zugänglich geworden, seit er zum

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