Auf fremdem Land - Roman
sonst irgendjemand würde ihr die Reise verderben. Sie zeigte kaum Interesse, wenn sich Jossi jeden Tag nachzuschauen beeilte, ob eine Nachricht in der Lobby wartete, oder sich sorgenvoll den grauen Kopf kratzte.
Ab dem Moment jedoch, in dem sie in den Kibbuz zurückgekehrt waren, nahm Jossi die Dinge in die Hand und richtete in seinem und Gilas Zimmer eine Suchzentrale ein. Er zog nicht die Polizei hinzu, das war eine interne Angelegenheit, man wäscht seine schmutzige Wäsche nicht draußen und all das, aber er beschloss, Gabis Bild und seine Beschreibung in der Davar zu veröffentlichen, und ziemlich schnell riefen Leute an, die widersprüchliche Berichte lieferten. Sie hätten Gabi in Kirjat Ata gesehen, in Eilat, Herzlia, Tiberias und Be’er Tovia, was so gut wie in jede Richtung wies. Sagten, er sei mit Bart, mit Hut, in einer Luftwaffenuniform oder einem eleganten grauen Anzug gesichtet worden. Roni bot an, diesen ganzen Fährten nachzugehen, doch Vater Jossi überzeugte ihn, dass es besser sei, zu seiner Einheit zurückzukehren, die Orientierungsmarschwoche zu machen. Jossi stieg selber in den Autobus und fuhr nach Süden, zu Gilas Bruder im Kibbuz Revivim, wobei er unterwegs alle Orte abklapperte, die erwähnt worden waren, und anschließend fuhr er noch bis nach Eilat hinunter.
Am Wochenende vor den Orientierungsmärschen beschloss Roni, im Kibbuz zu bleiben, sich auszuruhen und zu versuchen, einen klaren Kopf zu bekommen, doch er trübte ihn sich mit einer Menge Goldstar und, damit zusammenhängend, einem unverhofften Intermezzo, an das er sich danach nicht mehr in allen Einzelheiten erinnern konnte, mit der hübschen Orit aus seiner Klassenstufe, die in einer Luftwaffenbasis diente und deren Freund, ein Pilot, Wochenendschicht hatte. Er schlief lange am Schabbat, und dann ging er nachsehen, was es Neues in der Suchzentrale gab.
Am Sonntag fuhr Roni zur Basis, und von dort aus stiegen alle in einen Autobus ein, der sie nach Süden brachte. Sein Mannschaftsführer saß einen Teil der Fahrt neben ihm und erkundigte sich, wie es ihm gehe, wie der Stand der Suche sei, er habe die Anzeige in der Davar in seinem Kibbuz gelesen, ob jemand reagiert hätte? Er sei froh, dass Roni gekommen sei, die Orientierungsmarschwoche sei wichtig, sie sei Teil einer großen militärischen Übung, die der Generalstabschef verfolgen würde. Die Einheit habe eine entscheidende Aufgabe in der Übung, Zielortung und Truppentransportbewegung, und es sei ihm wichtig, dass Roni dabei sei. Er wisse, dass Roni talentiert sei. Aber er müsse sich konzentrieren. Das sei die Gelegenheit, diese ganze letzte Zeit hinter sich zu lassen – und er verstehe, wie schwierig sie gewesen sei –, die Phase zu beenden und wieder ein Teil dieser Einheit zu sein, die ihn liebe und umarme.
Danach stand der Offizier auf und sprach zu allen über das Mikrophon des Autobusses: »Leute, bis jetzt war das alles Unfug. Ein Kinderspiel. Glaubt es mir. Was habt ihr bis jetzt gemacht, sportliche Übungen? Schießübungen? Exerzieren? Fallschirmabsprünge? Kurse und Unterricht? Vergesst es, das ist Kleinkack. Was wir heute machen werden, dafür existieren wir. Patrouille. Spähtrupp. Kundschaften in der Vorhut, navigieren, manövrieren. Und das alles in unbekanntem Terrain, unter Entdeckungsgefahr. Deswegen fahren wir in den Negev hinunter, in ein Gelände, in dem wir noch nicht oft gearbeitet haben. Wenn diese Ausflugskutsche ihr Zischen hören lässt und ihr aus der Tür steigt, will ich, dass ihr ein für alle Mal seht, was die Golani-Brigade ist. Ihr werdet die Navigationskoordinaten erhalten. Ihr werdet sie lernen und euch einbläuen, bis sie euch auf der Stirn oder von mir aus auf dem Hintern eingebrannt sind. Glaubt es mir. Jalla , zeigt der Welt und dem Generalstabschef, was ihr wert seid.«
Roni glaubte ihm, er wollte der Welt zeigen und sogar dem Generalstabschef, was er wert war. Er studierte die Karten und Navigationskoordinaten, bis sie auf seiner Stirn und seinem Hintern eingraviert waren. Schweigend bereitete er sich vor, kontrollierte die Waffe und die Munition, die Schuhe, das Wasser und die Proviantrationen, lud sich alles auf den Rücken, gehorchte allen Befehlen, lauschte allen Instruktionen, antwortete auf alle Fragen, half Kameraden und brach auf mit gereckter Brust und weitem Herzen, zusammengekniffenen Augen und den allerbesten Vorsätzen.
Auf den ersten Kilometern fühlte er sich gut. Die Ausrüstung wog leicht auf dem Rücken,
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