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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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dem Wasserrohr.
    Es war ein guter Handel für alle Seiten: Wo sonst auf der Welt hätte Gabi mit eigenen Händen ein Haus nach seinem Wunsch, seinem Geschmack und seinen Bedürfnissen bauen können – fast kostenlos, ohne Geld? Und aus Sicht der Siedlung würde in dem Moment, in dem Gabi umzog, ein Wohnwagen frei werden, der als Wohnstatt für eine neue Familie genutzt werden konnte. Darüber hinaus bestach das »Holzzimmer« mit seiner Schönheit, war ein Blickfang und Magnet für Besucher, politische Funktionäre sowie potentielle Siedler.
    In Ronis ersten Tagen am Hügel hatte ihn Gabi auf einen Rundgang mitgenommen, ihm sein Zimmer gezeigt und mehr im Ernst als scherzhaft zu ihm gesagt: »Deine Miete, während du hier bist, besteht darin, mit mir hier an dem Haus zu arbeiten.« Roni, der begeistert war von dem, was er als »sechs Windrichtungen« bezeichnete, antwortete damals: »Klar, sicher, was für eine Frage. Ich komme auch ohne die Miete, was soll das, lass mich nur hier arbeiten in dieser Luft und dieser Landschaft, das ist ein Traum, Mensch. Amerika, was heißt Amerika, in Amerika gibt es so was nicht, in Amerika …« Er sog die Luft ein und blickte sich um, und seine Stimme verlor ein wenig an Energie, als er den Satz beendete: »… gibt es keine solchen Sachen.«
    Gabi hätte die paar Male, die Roni kam, um ihm zu helfen, an den Fingern einer Hand abzählen können. Eines Frühlingsmorgens bat Gabi um Hilfe – es waren neue Holzbalken und Bretter eingetroffen, und Gabi hatte sich einen halben Tag freigeschaufelt und brauchte noch eine Hand, um die Balken auszumessen und sie aneinanderzunageln. Roni schielte auf seine Uhr und sagte: »Ausgerechnet heute? Ariel kommt endlich hierher, und wir wollen die Ölpresse von Mussa anschauen, bis ich’s geschafft hab, das zu organisieren …« Roni hob den Blick von der Uhr, bekam Gabis enttäuschten Gesichtsausdruck mit und sagte: »Tut mir leid, Bruder, ich hab was ausgemacht mit Leuten. Weißt du, was? Morgen. Komm, sagen wir morgen? Du musst mir so was im Voraus sagen.« Aber morgen stand Gabi ein langer Tag bei Otniel bevor und auch übermorgen. Er schnürte seine Schuhe und ging hinaus, das »Schalom«, das er von sich gab, geriet klein und schwach.
    Das Öl
    »Ariel!«, rief Roni mit einem breiten Lächeln, als der silberfarbene Toyota zaudernd auf der Ringstraße daherzuckelte. Er saß in einem Liegestuhl im Hof neben dem Wohnwagen und las eine Zeitung von gestern, die Gabi bei der Wachschicht in der Nacht gefunden und nach Hause mitgebracht hatte.
    »Wo ist die Toilette?« Ariels Gesichtshaut wirkte grünlich, während er sich an seinem Freund vorbeidrängte und in den Wohnwagen stürzte. »Sag mir bloß nicht, dass Gabi gerade drin ist.«
    »Gabi ist bei der Arbeit, fühl dich ungehemmt. Ich stelle Wasser für den Tee hin.« Ariel hörte ihn bereits nicht mehr, ließ hektisch seine Hosen fallen und plumpste atemlos auf die Kloschüssel.
    »Das klingt nicht gut. Auweia, das riecht auch nicht gut, komm, gehen wir raus«, sagte Roni, mit Teegläsern in Händen, als Ariel aus der Toilette trat. »Wie war die Fahrt?«
    »Der Horror. Die ganze Strecke schau ich nach rechts und nach links. Sie fahren wie die Irren, die Araber. Laster, Taxis. Eine Million Stundenkilometer. Und ihre Häuser, praktisch direkt auf der Straße, wo ist die Armee? Die ganze Fahrt hab ich gezittert. Und wenn ich eine falsche Abzweigung genommen hätte? Und mich mitten in einem feindlichen Dorf wiedergefunden …«
    Roni lächelte, ließ sich auf seinem Liegestuhl nieder und bedeutete seinem Freund, sich neben ihn zu setzen. Er zog Zigaretten heraus und bot sie Ariel an, doch der lehnte ab. »Setz dich, beruhig dich, Mann. Es ist ganz ruhig hier, glaub mir, seit dem Kibbuz hab ich mich nicht so sicher gefühlt.«
    Ariel hörte die Worte kaum, Wirkung hatten sie jedenfalls keine. Seine Blicke schossen misstrauisch hin und her, alle zwei Minuten betastete er seine vier Hosentaschen, um sich zu vergewissern, dass Brieftasche, Telefon und Schlüssel noch an ihrem Platz waren. Ariel war ein großer Mann mit einem eiförmigen kahlen Schädel, in dem schmale blaue Augen saßen. Diese Augen nahmen zu guter Letzt Ronis Liegestuhl wahr, und er setzte sich. »Du bist nicht normal. Ich glaub’s nicht, dass du mich in diese Kampfzone rausgelockt hast. Ich hab mich im ganzen Leben noch nie so gefürchtet. Was soll das Kamel da?«
    »Eine Kamelstute. Von Sasson. Jetzt vergiss es, Mann. Schau dir

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