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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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probieren. Das ist der Geschmack, den sie von Kind an kennen. Danach sehnen sie sich.« Er zog eine lange Zigarette heraus und steckte sie in die Plastikspitze. Ariel verfolgte bang seine Finger. Die Luft in der Ölpresse erschwerte das Atmen zusätzlich.
    »Ich verlasse mich auf deine Mutter«, sagte Roni. »Wir werden sie nicht spülen.« Er zwinkerte Ariel zu, als er dessen erschütterten Blick sah. Mit der brennenden Zigarette wurde es zunehmend stickiger, da nützte auch das kleine Gitterfenster nichts – in dem jetzt neugierige Kindergesichter auftauchten. Ariel schwitzte, das ist das Ende, warum bin ich bloß gekommen, doch da trat Mussas Frau mit einem Tablett ein, auf dem Tässchen mit schwarzem Kaffee standen, und Ariel nahm dankend eines entgegen und führte es an die Lippen – es schmeckte.
    »Von hier werden die Oliven auf den Stein gelegt«, fuhr Mussa fort, »der Esel wird an den dicken Balken gebunden, man verbindet ihm die Augen, damit er nicht verrückt wird, er geht und zieht den Balken mit, so im Kreis, und der Stein zermalmt die Oliven, lässt sie platzen, das ist die natürlichste und beste Art, keine Messer, keine Zerhacker und keine Maschinen. Das Olivenfleisch wird zu einer adschina , einer Masse mit gutem Geruch. Und dann sammelt man die adschina mit besonderen Rechen ein und streicht sie auf die da« – er zeigte auf runde Matten aus Stoffgewebebändern mit einem Loch in der Mitte –, »stülpt eine auf die andre über diese Säule, und dann dreht man die Schraube, drückt ganz fest, und so rinnt das Öl raus in diese Wanne. Das ist Wasser und Öl zusammen, man lässt es ruhen, damit es sich trennt, oder man kann es auch mit einem Separator trennen. Nachdem es sich getrennt hat, geht das Öl in Krüge, und es ist gut, wenn man es noch ein bisschen stehen lässt, denn es flockt, es schwimmen Oliventeilchen drin, aber nach ein bis zwei Wochen setzen sie sich ab, das Öl ist klar, und man kann es in Eimer gießen.«
    Ariel warf einen schnellen Blick zu Roni. Nicht gerade die sterilste Operation der Welt. Roni zwinkerte ihm wieder zu.
    »Das ist das beste Öl«, sagte Mussa wieder. »Aber niemand macht das mehr so, weil es lange dauert und wenig Öl dabei rauskommt, man braucht einen gesunden Esel oder einen Motor, und viele Leute, die arbeiten. Bei den neuen Maschinen drückt man auf einen Knopf, und alles arbeitet von allein, es ist sauber, und aus den Oliven wird mehr Öl gepresst. Verstehst du?«
    Roni schaute Ariel an und streichelte sein Kinn. Er ließ den Blick zu Mussas weißem Schnurrbart gleiten. »Wie viel kostet das, solche Geräte?«
    »Sechstausend Dollar für einen kleinen chinesischen Kompressor mit sechs PS . Für hunderttausend Dollar gibt es in Italien den besten Kompressor auf der Welt, 600 PS . Holt am meisten Öl aus den Oliven in der kürzesten Zeit.«
    »Aber der Geschmack ist nicht der gleiche«, bemerkte Roni.
    »Nein.«
    »Und das ist das Wichtige daran.«
    »Ja. Man braucht ein bisschen Geld, um das hier in Ordnung zu bringen, denn es war lange Zeit nicht in Arbeit. Einen Elektromotor fürs Drehen. Einen Separator zum Trennen statt absinken lassen.«
    »Du hast gesagt, ein Esel dreht es«, sagte Roni, »ich hab deinen Esel gesehen. Und mit dem Sinken – du hast gesagt, am besten ist warten.«
    »Ich hab nicht gesagt, am besten. Sinken braucht zwei Wochen statt ein paar Minuten. Ich würde sagen, schade drum. Und der Esel hat ein Problem mit dem Herz. Schwach.«
    Die Augen der Israelis trafen sich wieder. Ronis Blick besagte, ich hab keinen Groschen in der Tasche. Momentan ist es mir lieber, ich verdien mit null Investition ein bisschen was, als nach der Investition mehr zu verdienen. Laut sagte er: »Ich würde sagen, vorläufig bleiben wir beim Minimum. Biologisches Olivenöl, Handarbeit. Boutique, Erzeugerladen. Versuch es mit dem Esel.«
    »In Ordnung«, sagte Mussa, »aber es ist wenig Öl.«
    Auf dem Rückweg lüftete Ariel sein von Schweiß verklebtes Hemd und klopfte auf seine Taschen, um sich zu vergewissern, dass sich die Brieftasche, die Schlüssel und das Mobiltelefon an ihrem Platz befanden. Er war in Hochstimmung, denn er war am Leben geblieben, und gleich würden sie zurück am Hügel sein, zwar ein Stützpunkt inmitten der besetzten Gebiete, doch in dieser Situation fühlte sich Ariel sogar dort sicher, umgeben von bärtigen, bewaffneten Juden und Soldaten, die über die Ordnung wachten.
    »Was soll ich dir sagen, Roni. Ich habe ein paar

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