Auf fremdem Land - Roman
die Landschaft an. Atme tief ein. Erez-Israel.«
Ariel wechselte einen Blick mit den klugen Augen der sandfarbenen Kamelstute und versuchte, tief zu atmen. Es half nichts.
Sie saßen still da und tranken Tee.
»Wie ist das, sie lassen dich einfach so herkommen und hier wohnen? Stellt niemand Fragen?«, fragte Ariel dann.
»Sicher stellen sie Fragen, die Leute stellen immer Fragen. Aber die Leute hier sind alles in allem ziemlich entspannt. Ich bin ein Gast meines Bruders … Was ist mit dir? Wie steht es im Büro, mit der Buchprüfung? Und was ist in der Bar Barabush los, sitzt du noch dort?«
»Ja, ja, völlig normal«, sagte Ariel geistesabwesend. Sein Blick war zu den hellen Hügeln in der Ferne gewandert. »Weißt du, was, es ist wirklich schön hier.«
»Oho, da fängt einer an sich zu beruhigen. Nimm dir noch ein paar Minuten, und du wirst sehen, dass du süchtig nach der Stille wirst.«
Ariel nahm sich noch ein paar Minuten Zeit, schloss die Augen und lehnte den Kopf nach hinten. »Es funktioniert«, murmelte er. »Was für eine Stille.«
»Du kannst mir glauben«, sagte Roni. »Man müsste hier Zimmer vermieten. Das würde ein Irrsinnshit. Näher als der Galil, spottbillig, ruhig und diese Landschaft. Du musst mal die Hütte sehen, die sich Gabi am Felsrand baut. Bestechend.«
»Spinnst du? Welcher Verrückte würde hierherkommen? Du willst diese Schönheit und Stille und Spottbilligkeit an Israelis verkaufen? Die würden im Leben nicht hierherkommen, du musst es zu ihnen bringen.«
»So wie zum Beispiel Olivenöl von hier zu ihnen nach Hause bringen?«
»Zum Beispiel«, bestätigte Ariel rhetorisch.
» Jalla , komm mit zu Mussa.«
»Er kommt nicht her?« Ariels Pulsschlag und Blutdruck, die sich erfolgreich stabilisiert hatten, schnellten wieder in die Höhe.
»Bist du verrückt? Kein Ismaelit nähert sich diesem Hügel. Komm, ich geb dir vorher eine kleine Kostprobe.«
Das Öl schmeckte süß an Ariels Gaumen und Zunge. Als sie sich auf den Weg machten, wies Roni Kupfer seinen Freund mit einer Geste auf die urzeitliche Landschaft hin und sagte: »Dass Erez-Israel einen anderen Horizont als der Rest der Länder habe.«
»Hä?«, machte Ariel.
»Keine Bange, das bin nicht ich. So redet Gabi. Zitiert Tag und Nacht Rabbi Nachman.«
Sie kamen an Bewohnern der Siedlung vorbei, Jean-Marc Hirschson, Josh, dem Amerikaner, Nechama, der Erzieherin, und den Kindern des Kindergartens, die herumtollten, fröhlich sangen und mit der Zunge schnalzten, bis auf einen, Schneur, Chilik Jisraelis Sohn, dem heulend der Rotz aus der Nase lief. Die Ortsansässigen grüßten die beiden städtisch gekleideten Männer, und diese nickten zurück, Roni mit einem erkennenden Lächeln, Ariel leicht erschreckt. »Sag mal, sind die nicht alle verrückt? Durchdrungen von messianisch ideologischer Glut? Gewalttätige Gesetzesbrecher, die den Arabern Böses wollen und Land stehlen und das ganze Zeug?«
Roni entgegnete: »Der einzige Verrückte ist mein Bruder, und er ist stolz darauf!« Er zitierte seinen Bruder mit einem seiner Sätze: »Um der Liebe willen zum Herrn muss man Dinge tun, die wie Verrücktheit erscheinen.«
Ariel lachte und sagte: »Demnächst wirst du dich auch noch wiederbekehren.«
Worauf Roni rasch versetzte: »Da sei Gott davor!«
»Aber im Ernst«, fuhr Ariel fort, »gibt es hier keine Probleme mit der Armee, mit den Arabern und mit was weiß ich noch allem?«
»Hör zu«, erwiderte Roni, »klar gibt es hier Leute, die Angst haben. Und ich kann dir nicht sagen, ob es hier diese Radikalen, diese Kahanisten, gibt oder nicht, die in der Nacht losziehen, um den Arabern was anzutun. Aber nach dem, was ich gesehen habe, beschäftigen sich die meisten Leute hier im Großen und Ganzen mit ihren eigenen Angelegenheiten. Arbeit, Familie, Studium. Und auch Gebete und heilige Schriften.«
»Was ist mit Gabi?«
»Liest Rabbi Nachman. Betet wie ein Verrückter, schaukelt wie ein Karussell. Schweigt viel. Baut ein Zimmer. Ich weiß nicht. Seit wir Kinder waren, haben wir einander nicht mehr so viel gesehen. Ehrlich gesagt, finde ich es ziemlich nett, und ich habe den Eindruck, er findet das auch. Ein bisschen eng im Wohnwagen. Aber ich versuche, einen Wohnwagen zu ergattern, der hier leersteht, und irgendwann wird Gabi in sein Zimmer ziehen … komm jetzt, auf zu Mussa.« Roni ging den Pfad zwischen zwei Wohnwagen hinunter und weiter in Richtung der Olivenhaine.
»Bist du sicher?«
»Deswegen bist du
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